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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel
Autoren: Francois Rabelais
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der einen stärkern Trieb, König und reich zu sein, in sich verspürt hätt', als mich: auf daß ich auch im Saus könnt' leben, nix schaffen noch sorgen dürft' und meine Freunde und alle frommen und geschickten Leut daneben auch stattlich reich machen möcht'. Aber ich tröst' mich wiederum damit: ist es nit hie, so ist es dort; ja wohl weit mehr, als ich mir jetzt zu wünschen erkühnt. Tröstet auch ihr euch in euerm Unglück mit diesen oder besseren Gedanken, und ist es tunlich, habt allzeit frisches Getränk bei euch.
    Um jetzt wieder auf besagten Hammel zu kommen, sag' ich, daß uns durch höchste Schenkung des Himmels die Antiquität und Stammbaum Gargantuas vollständiger sind erhalten worden als irgendeiner, ohn des Messias Stammbaum, von welchem ich nicht sprechen mag, denn es geziemt mir nicht: auch sind die Teufel (das sind die Heuchler und falschen Betbrüder) dawider. Er ward gefunden durch Hans Audeau auf einer Wiesen, so er hätt unweit der Gualeauer Schleusen unter Olive auf der Seit gen Narsoy [Fußnote: Die Namen sind alle aus der Umgebung Chinons, dem Geburtsort Rabelais', genommen.] . Wie der die Gräben dort stechen ließ, da stießen die Gräber mit ihren Hacken auf ein großes Grab von Erz; lang ohnemaßen, denn sie konnten nimmer ein End davon finden, weil es bis weit in die Vienner Gemarkung strich. Als sie solches an einem Ort erbrochen hatten, wo ein Becher gezeichnet war und mit etruskischen Lettern rings umhergeschrieben: ›Hic bibitur‹ , fanden sie da neun Flaschen in Ordnung stehen, wie man die Kegel in Gasconien zu setzen pflegt, und unter deren mittelster lag ein klein graugrün, artig, schartig, ziemlich schimmelig Büchlein, das stärker denn Rosen, aber nicht besser roch.
    In selbigem hat man ermeldten Stammbaum der Läng nach mit Kanzellarschrift geschrieben funden, nicht auf Papier noch Pergament, auch nicht auf Wachs, sondern geschrieben auf Ulmenrinden, wenn schon vor Alter so abgenützt, daß man davon mit Müh drei Ziffern in gleicher Reih gewahren mocht.
    Ich nun (wiewohl der Ehr unwürdig) ward dazu hin berufen, wo ich sodann mit guter Brillenhilfe die Kunst des Aristoteles, wie man unscheinbare Lettern liest, ausgeübt und, so wie ihr hie sehen könnt, verdolmetscht hab' zum Frommen aller Pantagruelleser, [Fußnote: Der erste Band des Pantagruel erschien vor dem Gargantua, war also den Lesern dieses Buches schon bekannt.] nämlich der becherschwingenden frohen Leser der schauderhaften Pantagruelstaten.

Zweites Kapitel
Wie Gargantua elf Monden im Mutterleibe getragen ward
    Grandgoschier [Fußnote: So übersetzt Fischart den Namen Grandgousier, Großkopf (eine Art Kropfgans), der schon in alten Märchen vorkommt. Nach einer alten Tradition, die auch Voltaire teilt, soll Rabelais mit Grandgousier Ludwig XII. gemeint haben. Gargantua soll Franz I. und Pantagruel Heinrich II. sein.] war zu seiner Zeit ein guter Schäker, liebt' sowohl als irgendeiner damals auf Erden, rein auszutrinken, und aß gern Gesalzenes. Zu dem End führt' er für gewöhnlich einen ganzen Schub Mainzer und Bayonner Schinken, Rauch-Zungen die schwere Meng, Würst im Überfluß, wann die Zeit war, und gepökelt Rindfleisch mit Senf. Als er mannbar geworden, nahm er zum Weibe Gargamelle, die Tochter des Königs der Millermahler, ein schönes Frauenzimmer, hübschen Visiers, und machten die beiden öfters zusammen das Tier mit zween Rücken, rieben sich den Speck aneinander lustiglich, bis sie von einem schönen Sohne schwanger ward, und denselben trug bis in den elften Monat.
    Denn so lang und länger können die Weiber Leibesfrucht tragen, insonderheit wenn es ein Wunderwerk der Natur ist und eine Person, die ihrer Zeit mannhafte Taten verüben soll.
    Die Art und Weis, wie Gargamelle ins Kindbett kam, war folgende: und wo ihr's nicht glaubt, entgehet euch das Fundament. Das Fundament entging ihr eines Nachmittags am dritten Hornung, als sie zu viele Bauntzen gessen. Bauntzen sind feiste Magendärm von Barrenrindern. Barrenrinder sind an der Kripp und auf Zwirentwiesen gemästete Ochsen. Zwirentwiesen sind die, so zweimal im Jahr Gras tragen. Von selbigen feisten Ochsen nun hatten sie 367 014 geschlagen zum Einsalzen auf Fastnacht, daß sie im Frühjahr fein zeitigs Pökelfleisch die Füll erzielten; denn sie wollten gern zur Mahlzeit Anfang auch ihr Wörtlein mit Gesalznem reden, weil der Wein drauf noch einmal so gut schmeckt. Der Kutteln waren viel, wie ihr von selbst einseht, und waren so
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