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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel
Autoren: Francois Rabelais
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wäre.
    Helmut Müller

An meine Leser
    Freund, der du dies Buch durchblätterst,
Laß dich nicht in Harnisch bringen,
Daß du mir nicht tobst und wetterst,
Denn du find'st von schlechten Dingen
Nichts darin. Ob arg viel Gutes?
Weiß ich nicht, 's wär' denn das Lachen!
Und ich will euch lachen machen.
In der Dumpfheit eures Blutes
Kann euch ja kein Scherz gelingen!
Eure Tränen steh'n euch schlecht:
Lachen! das ist Menschenrecht!
Des Autors Prolog
    Sehr treffliche Zecher und ihr, meine kostbaren Venusbrüder (denn euch und sonst niemandem sind meine Bücher zugeschrieben): Alcibiades, in dem Gespräch des Platon, Gastmahl betitelt, sagt unter anderen Reden zum Lob seines Meisters Sokrates, welcher unstreitig der Weltweisen Kaiser und König war, daß er sei gleich den Silenen gewesen. Silenen waren einstens kleine Büchslein, wie wir sie heut in den Läden der Apotheker sehen, von außen bemalt mit allerlei lustigen, schnakischen Bildern, als sind Harpyien, Satyrn, gezäumte Gänslein, gehörnte Hasen, gesattelte Enten, fliegende Böcke, Hirsche, die an der Deichsel ziehen, und andre vergnügliche Bilder mehr, zur Kurzweil konterfeiet, um einen Menschen lachen zu machen: wie denn des guten Bacchus Lehrmeister Silenus auch beschaffen war. Hingegen im Innersten derselben verwahrte man die feinen Spezereien, als Balsam, Bisam, grauen Ambra, Zibeth, Amomum, Edelstein und andre auserlesene Dinge. So, sagt er, war auch Sokrates; weil ihr denselben von außen betrachtend und äußerm Ansehn nach schätzend nicht einen Zwiebelschnitz für ihn gegeben hättet: so häßlich war er von Leibesgestalt, so linkisch in seinem Betragen, mit einer Spitznas, mit Augen wie eines Stieres Augen, mit einem Narrenantlitz, einfältigen Sitten, bäurisch in Kleidung, arm an Vermögen, bei Weibern übel angesehen, untauglich zu allen Ämtern im Staat, immer lachend, immer jedem zutrinkend, immer Leute foppend, immer und immer Verstecken spielend mit seiner göttlichen Wissenschaft. Aber, so ihr die Büchse nun eröffnet, würdet ihr inwendig gefunden haben himmlisch unschätzbare Spezereien: einen mehr denn menschlichen Verstand, wunderwürdige Tugend, unüberwindlichen Starkmut, Nüchternheit sondergleichen, feste Genügung, vollkommenen Trost, unglaubliche Verachtung alles dessen, darum die sterblichen Menschen so viel rennen, wachen, schnaufen, schiffen und raufen.
    Wohin (denkt ihr in euern Gedanken) zielt doch dies Vorspiel, dieser Probschuß? Dahin, daß ihr meine guten lieben Jüngerlein und etliche eurer Mitmaulaffen, wann ihr die lustigen Titel etlicher Bücher von unsrer Erfindung leset, als: Gargantua, Pantagruel, Saufaus, die Würdigkeit des Hosenlatzes, Speckerbsen cum commento etc ., allzu leichtfertig urteilt, es werde darinnen nichts abgehandelt als eitel Spottwerk, Narreteien und lustige Lügenmärlein, da ja ihr äußerlich Sinnschild (das ist der Titel) ohne weitre Untersuchung gemeinlich für Possen und Schimpf geachtet wird. Aber also leichtfertig ziemt sich nicht Menschenwerk abzuschätzen; denn ihr pflegt doch selbst zu sagen, daß das Kleid nicht den Mönch mache, und mancher ist verkappt in eine Mönchskutte, der innerlich wenig vom Mönchtum weiß; geht auch wohl mancher im spanischen Mantel, dem sein Sinn nimmer nach Spanien stehet. Derhalb soll man das Buch recht auftun, und was drin ausgeführt, sorglich erwägen. Dann werdet ihr merken, daß die Spezerei drin wohl von einem andern und höheren Wert ist, als euch die Büchse verhieß: will sagen, daß die hie behandelten Materien nicht alle so töricht sind, als es die Überschrift vorgeschützt.
    Und den Fall gesetzt, daß ihr auch im buchstäblichen Sinn genugsam lustige Dinge anträfet, die sich wohl zum Namen schickten, sollt ihr doch gleichwohl hieran nicht haften bleiben wie am Sirenensang, sondern vielmehr im höheren Sinn auslegen, was ihr vielleicht nur Scherzes halber gesagt zu sein vermeint hattet. Zogt ihr je einer Flasche den Pfropf aus? Ei potz Zäpel! So denket zurück, wie ihr euch dazu angestellet. Oder sahet ihr je einen Hund, wann er ein Markbein am Wege fand? Dies ist, wie Plato Lib. 2 de Rep. schreibt, das philosophischste Tier der Welt. Wenn ihr's gesehen habt, habt ihr wohl merken können, wie andächtig er es erspäht, wie eifrig er's wahrt, wie hitzig er's packt, wie schlau er's anbricht, wie brünstig zerschrotet, wie emsig aussaugt. Wer treibt ihn an, also zu tun? Was ist die Hoffnung seiner Hundsmüh? Was vermeint er hieraus Gutes zu
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