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Ganz oder gar nicht

Ganz oder gar nicht

Titel: Ganz oder gar nicht
Autoren: Alexandra Sellers
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sie. „Leben Sie wohl."
    Sie wollte die Tür zumachen, aber er drückte die Hand dagegen. „Sie haben wohl nicht sehr viel übrig für die Familie Ihres verstorbenen Mannes."
    „Außer abgrundtiefer Abneigung", erklärte sie. „Bitte nehmen Sie Ihre Hand weg."
    „Mrs. Lewis", sagte er drängend, und sein Akzent erinnerte sie mit schmerzlicher Deutlichkeit an Jamshid. „Bitte lassen Sie mich mit Ihnen sprechen. Es ist sehr wichtig."
    Seine Augen hatten die Farbe von Zartbitterschokolade. Sein Mund ließ ahnen, dass er die gleiche leidenschaftliche Natur wie Jamshid hatte, allerdings gemäßigt durch Selbstkontrolle. Wäre Jamshid noch am Leben, würden seine Züge vermutlich einen ähnlichen beherrschten Ausdruck angenommen haben.
    „Wer sind Sie?" fragte sie.
    „Ich bin Najib al Makhtoum", sagte er mit einer gewissen Herablassung, so als ob er es nicht gewohnt wäre, sich selbst vor stellen zu müssen.
    „Und wer, sagten Sie, schickt Sie?"
    „Ich muss mit Ihnen über eine überaus dringende Familienangelegenheit sprechen."
    „Was für eine Familienangelegenheit?"
    „Ich verwalte Jamshids Nachlass."
    Abwartend sah sie ihn an.
    „Ich versichere Ihnen, es ist zu Ihrem Vorteil", erklärte er.
    „So, so." Rosalinds Blick ließ keinen Zweifel darüber, wie sehr sie daran zweifelte. „Na schön, eine halbe Stunde." Sie kickte einen Plastikdinosaurier, der auf dem Boden lag, zur Seite und hielt die Tür auf.
    „Nur eine halbe Stunde für den Vertreter der Familie Ihres verstorbenen Mannes?" bemerkte er, ohne eine Miene zu verzie hen.
    „Das ist genau eine halbe Stunde mehr, als diese Familie mir jemals zu geben bereit war."
    Er schien überrascht. „Sie haben versucht, zu unserer Familie Kontakt aufzunehmen?"
    Statt einer Antwort sah sie ihn nur wütend an. Doch das wür de ihn sicher nicht abschrecken. Najib al Makhtoum sah aus wie ein Mann, der Herausforderungen liebte.
    „Bitte", sagte sie und wies auf die offene Tür, die zu ihrem geräumigen, eleganten Wohnzimmer führte. Er ging voraus. Er war etwas größer, als Jamshid es gewesen war, und seine Schultern waren noch breiter.
    Najib blickte sich im Zimmer um. Es gab nicht viel, das davon zeugte, dass sie jemals mit einem Parvani verheiratet gewesen war, bis auf einen wunderschönen bagestanischen Gebetsteppich und eine antike Miniatur aus Elfenbein des Königspalastes von Parvan.
    „Nehmen Sie Platz, Mr. al Makhtoum", sagte Rosalind, ohne zu lächeln. Sie selbst setzte sich seitlich in die Ecke des Sofas, das neben dem Sessel stand, den sie ihm zugewiesen hatte. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr Besucher eine Aktentasche dabeihatte.
    Sie legte einen Arm über die Rückenlehne des Sofas und stützte ihre Wange darauf. „Was kann Ihre Familie nach all den Jahren von mir wollen?" fragte Rosalind und war ein wenig beklommen, als er die Aktentasche öffnete.
    „Lassen Sie mich zuerst ein paar Dinge klarstellen", begann Najib. „Sie sind also Rosalind Olivia Lewis und haben vor fünf Jahren Jamshid Bahrami, Bürger von Parvan und zu jener Zeit Student in London, geheiratet?"
    „Das hatten wir doch schon", gab sie Zurück. „Und weiter?"
    „Sie bekamen ein Kind von ihm?"
    Rosalind erstarrte.
    „Es tut mir Leid, aber wir haben erst jetzt erfahren, dass Sie mit meinem Cousin verheiratet waren und schwanger waren, als er starb."
    „Ach ja?" erwiderte Rosalind kühl.
    Najib hob eine Braue. „Gab es einen Grund, Mrs. Lewis, weshalb Sie Jamshids Familie nach seinem Tod nicht von Ihrer Heirat und Ihrer Schwangerschaft unterrichtet haben?"
    Sie senkte den Kopf ein wenig. „Genauso gut könnte ich Sie fragen, weshalb Jamshid offenbar niemandem etwas von mir erzählt hat, bevor er wegen des drohenden Krieges wieder nach Barakat ging", erwiderte sie voller Bitterkeit. „Als er ging, versprach er mir, die Zustimmung seines Großvaters einzuholen und dass seine Familie mich holen würde, falls es wirklich zum Krieg kommen würde. Ich sollte mit seiner Familie nach Barakat gehen und das Kind dort bekommen ... Nun ja, ic h schätze, er hat niemals ein Wort über mich verloren. Warum hätte ich es tun sollen?"
    „Er hätte selbstverständlich ..."
    „Allerdings habe ich sehr wohl einen Brief an Jamshids Großvater geschrieben", fiel sie ihm ins Wort.
    „Kurz nachdem ich erfahren hatte, dass mein Mann im Krieg gefallen war. Ich bin sicher, das wissen Sie."
    Rosalind verstand nicht, weshalb Najibs Blick plötzlich sehr misstrauisch wurde.
    „Mein Großvater
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