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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition)
Autoren: Gunter Tschauder
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flüsterte er ihr ins Ohr. "Wir werden uns alle um dich herum stellen in einem Kreis und dich aufmerksam beobachten. Na willst du?", fragte er noch einmal gierig lachend.
    Caterina reagierte nicht auf seine hässlichen Reden. Weil ihre Füße unter dem Bauch des Pfe r des zusammengebunden waren, scheuerten sich ihre eng an dem Pferdekörper liegenden Beine allmählich wund. Sie starrte nur geradeaus. Sie wusste , wohin es ging. Sie kannte das Ziel. Für sie war es der Untergang, der Verlust der Freiheit, der Verlust aller Rechte. Der Verlust des Lebens.
     
    Von Ferne leuchtete in der noch morgendlichen Sonne auf dem hohen Berg die Festung Vo l terra. Ein Berggipfel, der von einer hohen, mächtigen Mauer umgeben war. Mittendrin lag die friedliche und freiheitliche Stadt. Eine Stadt voll mit aufrechten Menschen, die sich oft genug gegen die Herrschaft der Florentiner gewährt hatten. Sie hatte diese Stadt und diese Menschen geliebt, sich zu ihnen hingezogen gefühlt. Jetzt wurde sie in diese Stadt geschleppt, jetzt wollte sie von diesem Ort nichts wissen.
    Die breiten Türme waren zu erkennen, die Straße wurde steiler, Menschen begegneten dem Zug, erkannten Caterina Picchena und wichen vor den Hufen der Pferde aus. Die Händler und Bauern, die Handwerker und armen Leute, die an diesem Morgen aus der Stadt kamen, blieben erschreckt und ängstlich neben der Straße stehen. Sie nestelten an ihren Kleidern oder Hosen verlegen herum. Sie wussten nicht, war es Recht oder Unrecht, was hier geschah. Eine Frau, eine Gräfin in die Festung zu bringen. Das war noch niemals geschehen. Den Soldaten gege n über empfanden sie Unverständnis und der eine oder andere auch Hass , als sie sahen, dass Cat e rina Picchena an das Pferd gefesselt war.
    Der Gefangenentransport ritt durch das große Stadttor, die "Porta A Selci" im Süden der Fe s tung hindurch, bog gleich nach links auf die neue Festung zu. Das Tor öffnete sich, um sich hinter der Gruppe wieder wie von selbst zu schließen. Krachend fielen die beiden schweren Torflügel ineinander. Ein Wächter schob ruckartig den quietschenden Riegel zu. Noch unte r halb und oberhalb des ersten Riegels drückte er weitere Riegel in die rostigen Verschlüsse, als wollte er der Markgräfin signalisieren, hier gibt es kein Entkommen.
    Die Gefangene hörte nicht das grausige Scheuern des Stahles aufeinander, sie begriff nicht die Symbolkraft dieses Aktes. Sie nahm dieses Geschehen nicht wahr, sie befand sich in einer längst vergangenen Zeit, als sie mit ihrem Vater als Kind durch die Wälder und über Hügel und Täler der Toskana geritten war, sie fühlte sich in eine Zeit schönster Kindheitserinnerungen zurückversetzt. Ihr Leben bestand aus Vergangenheit und Erinnerung. Ihr Bewusstsein vergrub sich in den lieblichen Wäldern ihrer Heimat.
    Die Gruppe ritt durch den mit Steinen gepflasterten Hof der neuen Festung auf den "Maschio" zu, den hohen Turm inmitten der neuen Festung. Lorenzo de' Medici, den man auch den Präc h tigen nannte, hatte diese Festung zwischen 1472 und 1475 gebaut, um die aufrührerischen Vo l terraner besser in den Griff zu bekommen. Bald schon wurde dieses Gefängnis, aus dem es nie ein Entrinnen gab, benutzt, um Verbrecher zu bestrafen und auch um Unschuldige, deren Ve r gehen nie bekannt geworden waren zu demütigen und mundtot zu machen. Noch niemals ha t ten diese Mauern eine Frau gefangen gehalten.
    Der Offizier gebot der Gruppe Halt, die Füße der Gefangenen wurden losgebunden, sie wurde vom Pferd gehoben. Caterina konnte sich nicht auf ihren tauben Füßen halten. Ein Gardist griff ihr lüstern an die Brust, um sie zu halten. Ein Offizier in der Uniform der Armee des Großhe r zogs las ihr noch einmal das Urteil von Ferdinando II. vor, dann wurde sie links und rechts unter den Armen gepackt und in die Festung geschleppt. Es ging über lange Korridore und an Häftlingszellen vorbei. Steinerne Mauern, rostige Eisengitter und dämmriges Licht säumten den Weg, dann machte die Gruppe Halt vor der geöffneten Eisentür des Verlieses in dem Turm Maschio, dem "Mann" der Festung. Die Wächter wollten sie gerade durch dieses Tor schieben, als unbändige Lebenskräfte in der Frau erwachte n . Ihr wurde das Geschehen in seiner tödl i chen Bedrohung bewusst . Sie warf mit einem Ruck die beiden Wächter, die sie rechts und links gefasst hatten, zu Boden und wollte fliehen. Einer der beiden erwischte ihr Kleid am äußersten Ende und brachte sie zu Fall. Er warf sich auf
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