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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg
Autoren: Brian McGilloway
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beeindruckt, wie er mit dem Colhoun-Fiasko umgegangen ist.«
    »Fiasko«, wiederholte ich. »So kann man es auch nennen.«
    »Er wird ganz offensichtlich die Bedürfnisse der Wache über seine eigenen stellen. Wie auch bei diesem Waffenfund. Du hättest der Kommission wirklich nicht erzählen dürfen, dass damit alles in Ordnung sei, Ben. Wir wussten ja bereits, dass da etwas nicht ganz koscher war.«
    »Wir machen alle Fehler, Miriam«, sagte ich und war des Gesprächs und Miriams Versuchen, mir irgendeine emotionale Reaktion, welche auch immer, zu entlocken, überdrüssig. »Danke, dass du mir das erzählt hast. Richte Harry bitte meinen Glückwunsch aus.«
    Am Nachmittag kam Caroline bei uns vorbei. Ich sah sie seit Tagen zum ersten Mal. Ihre Eltern waren heraufgekommen, um sie abzuholen; sie wollte für eine Weile bei ihnen wohnen. Peter saß angeschnallt auf dem Sitz neben Carolines Vater, der Fond des Wagens war mit ihren Habseligkeiten vollgepackt.
    »Fahren Sie in Urlaub?«, fragte ich und deutete mit einem Nicken auf ihr Gepäck.
    »Ich werde wohl ein bisschen länger wegbleiben«, sagte sie. Ihre Verletzungen heilten allmählich, doch sie trug noch immer einen Stützkragen und einen Gipsverband am Arm.
    »Was ist mit der Arbeit?«
    »Ich habe die Kündigung eingereicht. Costello hat gesagt, er will mir die Stelle freihalten, aber ich schätze, das liegt nicht mehr in seiner Hand.«
    Ich nickte unbestimmt.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte sie. »Schon mal daran gedacht aufzuhören?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie kämpfen also weiter für die gute Sache«, sagte sie, um einen leichten Ton bemüht. Wir lachten, beide nicht sehr überzeugend.
    »Wann kommen Sie zurück?«, fragte ich und schluckte den Kloß herunter, der sich in meiner Kehle festsetzen wollte.
    Sie lächelte traurig. »Ich weiß es nicht.«
    »Aber Sie kommen doch zurück, oder?«
    Diesmal erwiderte sie nichts. Zwischen uns hingen lauter unausgesprochene Worte.
    »Was ist mit dem Haus?«, fragte ich und wendete mich praktischen Fragen zu, um das Gespräch am Laufen zu halten. »Soll ich für Sie ein Auge drauf haben?«
    »Ich habe den örtlichen Immobilienmakler beauftragt, es für ein Jahr zu vermieten; mal sehen, wie wir zurechtkommen.«
    »Ein Jahr?«
    »Erst einmal.«
    Wir standen da und sahen uns an, beide suchten wir verzweifelt nach etwas, das man gefahrlos sagen konnte.
    »Warum? Werden Sie mich etwa vermissen?«, fragte sie.
    Ich sah sie an und wägte meine Antwort ab. »Ich habe mich wohl einfach an Sie gewöhnt«, sagte ich schließlich. Caroline lächelte traurig, und ich sah, dass sie gegen die Tränen ankämpfte. Sie reichte mir die Hand, und ich ergriff sie. »Ich muss los, Sir.«
    »Ben«, sagte ich.
    »Ben«, wiederholte sie.
    Sie wollte gerade gehen, drehte sich dann aber doch noch einmal um und wir umarmten uns, anfangs ein wenig unbeholfen. Dann drückte ich sie enger an mich, damit sie meine Tränen nicht sehen konnte.
    »Passen Sie auf sich auf, Caroline«, sagte ich.
    Diesen Rat gab sie mir zurück, kaum hörbar, weil sie den Kopf an meinen Hals gedrückt hatte. Sie wandte sich ab und stieg ins Auto. Ihre Eltern und Peter winkten, als sie losfuhren; sie lächelten, als stünden sie am Beginn eines großen Abenteuers. Doch Caroline sah nicht aus dem Fenster.
    Die Hand albern zum Abschied erhoben, sah ich dem Auto nach, bis es am Ende der Straße verschwand.
    Um die Traurigkeit, die ich verspürte, zu verdrängen, räumte ich an diesem Abend den Dachboden auf und beschäftigte mich mit dem Umräumen alter Bücher und Taschen voller Kinderkleidung, die den beiden Kindern mittlerweile zu klein war.
    Während ich altes Spielzeug durchsah, hörte ich Geräusche aus dem Babyfon. Ich nahm an, Shane sei wach geworden und wolle seine Flasche, und ging in sein Zimmer. Er stand bereits aufrecht in seinem Kinderbettchen und hielt sich an den Stäben fest, ein kleiner Gefangener. Als er mich sah, hob er die Arme, weil er hochgehoben werden wollte, fiel rücklings und landete weich auf seinem Po. Er kicherte vor Vergnügen, und dann sagte er: »Daddy.« Das schien ihn selbst zu überraschen, und er wiederholte es, strahlend vor Stolz auf seine Leistung.
    Ich hob ihn aus dem Bett und brachte ihn nach unten, wo Debbie sicher schon mit der Flasche auf ihn warten würde. »Daddy«, wiederholte er und klopfte mir mit seiner kleinen weichen Faust auf die Wange.
    Ich gab ihm einen leichten Kuss auf die Stirn, während er sich an meinem
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