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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman
Autoren: Anne Perry
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wie Stahl nieder.
    Monk war festgeklemmt – und ganz allein. Orme konnte vielleicht beobachten, was hier geschah, doch er war zu weit entfernt, um zu helfen. Und die Bootsmänner hielten sich aus der Angelegenheit heraus.
    Einen Augenblick lang war Phillips’ Gesicht dem von Monk so nahe, dass dieser seine Haut und seine Haare sehen und seinen Atem riechen konnte. Phillips’ Augen glänzten, und grinsend hob er die Hand mit dem Messer.
    Jäh schnellte Monks Kopf hoch und traf Phillips mit einem kräftigen Stoß an der Nasenwurzel. Der Schmerz war entsetzlich – Knochen auf Knochen -, doch Phillips war derjenige, der aufschrie, und mit einem Mal wurde sein Griff schlaff. Monk warf ihn ab und richtete sich auf, um jäh mit der Pistole in der Hand herumzuwirbeln.
    Aber es war zu spät, um zu schießen. Das ganze Gesicht blutverschmiert, hatte sich Phillips zusammengekauert weggedreht, als wüsste er, dass Monk ihm nicht in den Rücken schießen würde. Dann explodierte er förmlich und sprang zum nächsten Kahn hinüber, wo er auf allen vieren auf der Plane landete.
    Ohne zu überlegen, folgte ihm Monk.
    Phillips richtete sich schwankend auf und eilte auf dem Scheitel der Plane weiter. Monk setzte ihm nach. Jetzt fiel ihm das Balancieren noch schwerer. Was immer unter der Plane war, es rollte ihm unter den Füßen weg und zwang ihn, schneller zu laufen, als ihm lieb war.
    Phillips erreichte den Bug und sprang erneut. Wieder tat Monk es ihm gleich. Diesmal hatte er Ballen unter den Füßen, auf denen das Gehen leichterfiel. Von einem zum anderen hüpfend, holte er Phillips ein, warf sich auf ihn und ging mit ihm zu Boden. Der Aufprall war hart und schmerzhaft. Mit einem Hieb gegen die Brust presste er Phillips die Luft aus der Lunge. Er konnte den anderen Mann keuchen hören bei dem Versuch, wieder einzuatmen. Plötzlich spürte er einen Schmerz im Unterarm und entdeckte Blut. Aber es war nur ein Schnitt, nicht tief genug, um ihn zu beeinträchtigen. Erneut traf er Phillips an der Brust, und diesem fiel endlich das Messer aus der Hand. Monk hörte, wie es über die Leinwandplane glitt und scheppernd auf das Deck prallte.
    Phillips wand sich wie ein Aal. Er schien nur noch aus Ellbogen, Knien und sonstigen spitzen Knochen zu bestehen. Und er entwickelte ungeheure Kräfte. Monk konnte ihn einfach nicht festhalten.
    Schnell hatte sein Gegner sich befreit und torkelte weiter zum Bug, bereit zum Sprung auf den nächsten Kahn. Ein Leichter, der allein unterwegs war, schickte sich soeben an, sie zu überholen. Damit stand Phillips’ Absicht bereits fest. Er würde versuchen, auf ihn zu gelangen. Und es war kein anderes Boot in der Nähe, mit dem Monk die Verfolgung würde fortsetzen können.
    Monk rappelte sich auf und hastete zum Bug. Doch zu spät. Phillips sprang, bevor Monk nach ihm greifen konnte. Der Satz geriet allerdings zu kurz, und Phillips stürzte in das vom Bug aufgewühlte, weiß schäumende Wasser.
    Monk zögerte. Er konnte ihn ohne weiteres ertrinken lassen. Der Rettungsversuch bräuchte nur einen Moment zu spät zu erfolgen, und kein Mensch der Welt würde Phillips da noch herausfischen können. Wegen seiner Verletzung würde er binnen Minuten ertrinken. Aber das wäre ein besseres Ende gewesen, als er verdient hätte. Monk wollte ihn lebend, damit er vor Gericht gestellt und gehängt wurde. Durban würde im Nachhinein Genugtuung erfahren und ebenso all die Jungen, die Phillips festgehalten und gequält hatte.
    Monk beugte sich weit vor und erwischte Phillips an den Schultern. Irgendwie gelang es ihm, die Finger um seinen Arm zu schließen, ihn hochzuhieven und unter Aufbietung seiner ganzen Kraft an Bord zu wuchten. Nass war Phillips ungemein schwer, fast wie totes Gewicht. Seine Lunge füllte sich bereits mit Wasser, und er leistete keinerlei Widerstand.
    Phillips war noch nicht richtig an Bord, als Monk die Handschellen zückte und um seine Handgelenke zuschnappen ließ. Erst danach wälzte er ihn auf den Bauch und begann, ihm das Wasser aus der Brust zu pressen. »Atmen!«, knurrte er durch aufeinandergebissene Zähne. »Atmen, du Schwein!«
    Phillips hustete, spuckte Flusswasser und schnappte nach Luft.
    »Prima, Sir!«, rief Orme, der mit dem Leichter herangerudert war. »Mr. Durban wär’ glücklich gewesen, wenn er das erlebt hätte.«
    Nach seinem verzweifelten Kraftakt hatte Monk auf einmal ein Gefühl, als strömte Wärme durch seinen ganzen Körper. »Hier musste ja mal Ordnung geschaffen
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