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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman
Autoren: Anne Perry
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als Erster stellte und über die Wut in dessen Gesicht triumphieren durfte.Was zählte, war, dass es geschah. Es war eben nicht mehr so wie in seinen alten Tagen als Privatdetektiv, der sich auf niemanden zu verlassen brauchte, den Erfolg für sich einheimste, aber auch das Risiko allein trug. Kooperation hatte er nicht gekannt – das hatte Runcorn immer über ihn gesagt. Er war nicht einer, dem eingefallen wäre, anderen zu helfen oder sich notfalls helfen zu lassen. Ein Egoist.
    Schon pflügten sie durch das Wasser. Der Fährschiffer war unglaublich geschickt. Übermäßig stark wirkte er zwar nicht – er war eher zäh statt muskelbepackt -, aber er lenkte die Fähre auf kürzestem Weg, sodass sie schnell aufholten. Monk bewunderte solche Fähigkeiten.
    »Dort!« Coulter deutete auf ein Leichterboot vor ihnen, das nun langsamer wurde, um einem Verband von Lastkähnen Platz zu machen, der stromabwärts unterwegs war. An Deck war eine kauernde Gestalt auszumachen. Ob das Phillips war, ließ sich aus der Entfernung nicht erkennen.
    Kooperation. Das hatte letztlich den Ausschlag dafür gegeben, dass Runcorn und nicht Monk befördert worden war. Runcorn verstand es, seine Meinung auch dann für sich zu behalten, wenn er im Recht war. Außerdem wusste er den Männern zu gefallen, die mehr Macht hatten als er. So etwas verachtete Monk, und er hatte das auch laut gesagt.
    Doch Runcorn hatte recht gehabt: Es war wirklich nicht leicht, mit Monk zusammenzuarbeiten, denn er hatte es sich nie gestattet, umgänglich zu sein.
    Die Barkassen waren vorbeigeglitten, und der Leichter beschleunigte wieder. Gleichwohl waren sie ihm deutlich näher gekommen. Und diesmal war Phillips auf dem offenen Fluss, wo er sich nicht mehr verbergen konnte. Der Abstand zwischen ihnen schrumpfte schnell: zwanzig Meter, fünfzehn, zwölf …
    Plötzlich sprang Phillips auf, den linken Arm um den Hals des Schiffers gelegt, in der rechten Hand ein Messer mit langer Klinge, die er dem Mann an die Kehle drückte. Er lächelte.
    Jetzt lagen nur noch fünf Meter zwischen ihnen, und der Leichter trieb führerlos dahin. Beide Männer standen wie erstarrt an Deck. Andere Lastkähne glitten auf sie zu, und die ersten änderten bereits den Kurs, um einen Zusammenprall zu vermeiden.
    Kochend vor Wut erkannte Monk Phillips’ Absicht und sah keine Möglichkeit, ihn daran zu hindern. Er fühlte sich absolut hilflos.
    Nur noch drei Meter. Ein weiterer Verband von Lastkähnen näherte sich.
    Auf einmal senkte Phillips das Messer und rammte es seiner Geisel von der Seite in den Bauch. Blut spritzte, und der Bootsmann sackte in dem Moment zu Boden, als Coulter an Bord sprang. Phillips zögerte eine Sekunde, dann machte er einen Satz zu einem Leichter hinüber, der in geringem Abstand vorbeifuhr. Doch der Sprung geriet zu kurz, und er fiel ins Wasser. Nach dem ersten Schock ruderte er, verweifelt nach Luft schnappend, mit Armen und Beinen.
    Coulter tat, was jeder anständige Mann getan hätte. Er rief Phillips eine Reihe von Flüchen hinterher und beugte sich über den verwundeten Bootsmann, der dringend Hilfe brauchte. Hastig raffte er so viel Stoff zusammen, wie seine Hand nur fassen konnte, und presste ihn auf die Wunde, während Orme sich Jacke und Hemd auszog, das Hemd faltete und als Mullbinde benutzte, womit er die Blutung weitgehend zum Versiegen brachte.
    Inzwischen hatte die Besatzung des Leichters Phillips aus dem Wasser gefischt, und schon wuchs wieder der Abstand zwischen ihm und dem führerlos neben der Fähre dümpelnden Kahn. Ob sie wollten oder nicht, aufgrund ihrer Geschwindigkeit und ihres Gewichts konnten die in dem Verband fahrenden Schiffer nicht ohne weiteres stoppen. Binnen fünfzehn oder zwanzig Minuten würde Phillips die Flussbiegung hinter der Isle of Dogs hinter sich lassen.
    Rasch musterte Monk den verletzten Schiffer. Sein Gesicht war aschfahl, aber wenn er rechtzeitig ärztliche Hilfe erhielt, konnte er vielleicht noch gerettet werden. Darauf hatte Phillips sich wohl verlassen. Er hatte zu keinem Zeitpunkt vorgehabt, seine Geisel zu töten.
    Der Fährmann stand noch unter Schock und war sich nicht schlüssig, was er tun sollte.
    »Bringen Sie ihn zum nächsten Arzt«, befahl Monk. »Rudern Sie, so schnell Sie können, Mann. Coulter, Sie kümmern sich um den Verwundeten. Orme, ziehen Sie Ihre Jacke an und kommen Sie mit.«
    »Jawohl, Sir!« Orme riss seine Jacke an sich und salutierte.
    Der Fährmann griff nach den Rudern.
    Sachte, wenn
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