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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman
Autoren: Anne Perry
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Mann konnte sich hinter einem Ballen oder Fass verbergen, vielleicht lag er auch unter der Abdeckung oder hatte sich die Jacke eines der Bootsmänner übergestreift, sodass er sich auch aus wenigen Metern Abstand kaum noch von ihnen unterschied. Aber das würde ihm nichts nützen. Monk war fest entschlossen, diesen Kerl trotz allem zu schnappen.
    Allerdings würde er die Kähne allein durchsuchen müssen. Einer von ihnen musste auf dem Boot bleiben, weil sie sonst keine Möglichkeit mehr hätten, Phillips an Land zu bringen. Es war lange her, seit er zuletzt mit einem Messer Mann gegen Mann gekämpft hatte. Ja, er war sich nicht einmal sicher, dass er das je getan hatte. An die Zeit vor seinem Unfall konnte er sich schließlich nicht mehr erinnern. Würde er sich überhaupt auf irgendeinen Instinkt verlassen können?
    Nur noch zehn Meter. Er musste sich auf den Sprung vorbereiten. Sie gerieten in den Windschatten eines Klippers, dessen Masten am Himmel zu kratzen schienen. Ansonsten bewegte sich das riesige Schiff so gut wie gar nicht; sein Rumpf war einfach zu schwer, um auf den Wellen des Flusses zu schaukeln. Der Leichter glitt mühelos über das Wasser, aber dann gab es einen Ruck, als sie den durch den Klipper geschützten Bereich verließen und wieder den offenen Fluss erreichten. Gleichwohl holten sie den letzten Kahn schnell ein. Vier Meter, drei, zwei … Monk sprang. Sofort nahm Orme seinen Platz ein und ergriff die Ruder.
    Monk landete auf dem Boden des Kahns, strauchelte und erlangte rasch sein Gleichgewicht wieder. Der Leichterschiffer achtete nicht weiter auf ihn. Mit dem Drama, das sich hier vor seinen Augen abspielte, hatte er nichts zu tun.
    Da Monk sich auf dem hintersten Kahn befand, konnte Phillips nur weiter vorn sein, wenn er sich denn überhaupt von der Stelle gerührt hatte. Kurz entschlossen bewegte sich Monk voran. Auf der mit Leinwand abgedeckten Ladung setzte er von einem formlosen Hügel zum nächsten behutsam einen Fuß vor den anderen. Sicheren Halt fand er nie und musste ständig mit weit ausgebreiteten Armen sein Gewicht ausbalancieren. Seine Augen schossen unablässig hin und her, jeden Moment auf eine Überraschung gefasst.
    Er war schon fast am Bug angelangt und bereit, auf das nächste Boot zu springen, als er aus dem Augenwinkel ein Zucken wahrnahm. Im nächsten Moment hatte sich Phillips auf ihn gestürzt und holte mit dem Messer aus. Monk trat mit dem Fuß nach ihm, und weil er gleichzeitig zur Seite hin auswich, verlor er kurz das Gleichgewicht und konnte sich nur mühsam aufrecht halten.
    Phillips stach ins Leere. Da er sich darauf eingestellt hatte, auf festes Fleisch zu treffen, der erwartete Widerstand jedoch ausblieb, riss ihn der eigene Schwung mit. Auf einem Bein taumelnd, ruderte er hektisch mit den Armen, konnte aber den Sturz nicht mehr verhindern und landete auf den Knien. Den heftigen Tritt von Monks Stiefel gegen seinen Schenkel registrierte er nicht. Sofort stach er wieder zu. Diesmal zerfetzte er Monk vorn am Schienbein die Hose und fügte ihm eine blutende Wunde zu.
    Obwohl ihm der Stich einen brennenden Schmerz durchs Bein jagte, war Monk vor allem überrascht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Phillips sich so schnell erholen würde – ein Fehler, der ihm nicht noch einmal unterlaufen sollte. Außer der Pistole hatte er keine Waffe im Gürtel stecken. Die zog er jetzt, allerdings nicht, um zu schießen, sondern um den Mann niederzuschlagen. Dann überlegte er es sich anders und trat erneut zu, fest und gezielt. Mit einem Treffer an der Schläfe schickte er Phillips zu Boden. Doch sein Gegner hatte den Tritt kommen sehen und zurückweichen können, womit er dem Tritt die Wucht nahm.
    Monk musste sich über die ausgebeulte Leinwandplane auf ihn zubewegen, von der er keine Ahnung hatte, was sich darunter verbarg. In diesem Moment wurden die Kähne vom Kielwasser eines Kohlenschiffs getroffen, das weiter vorn mit geblähten Segeln vorüberrauschte. Sie gerieten ins Schlingern, und sogar die Bootsmänner verloren das Gleichgewicht. Am schlimmsten traf es Monk, der als Einziger stand – ein Fehler, wie sich nun zeigte. Ganz im Gegensatz zu Phillips hatte er nicht mit der Welle gerechnet. Er geriet ins Schwanken, taumelte und wäre direkt auf Phillips gestürzt, wenn dieser sich nicht rechtzeitig zur Seite gerollt hätte. Der Aufprall war hart und schmerzhaft, und im nächsten Moment lag Phillips auch schon auf ihm und drückte ihn mit Armen und Beinen so hart
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