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Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition)
Autoren: Margie Orford
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Er drehte den langen Knochen in der Hand und fuhr mit der Fingerspitze über die Bissspuren.
    »Menschlich«, bestätigte Mouton. »Bestimmt hat ihn der Hund ausgegraben.«
    Riedwaan drehte den Knochen in die andere Richtung. An einem Ende klebte Sand. Dann sah er auf die Spuren auf dem Boden. Riedwaan folgte ihnen nach draußen. Die Pfotenabdrücke führten zu einem Graben, der quer durch das Abrissgelände verlief und in dem der aufgewühlte Boden genauso grau war wie der Sand, der an dem Knochen in Riedwaans Hand klebte.
    Er entdeckte die Stelle, an der der Hund gegraben hatte, ging in die Hocke und wischte mit der Hand Erde beiseite. Aus dem Erdreich ragten zwei teebraune Knochen. Aneinandergekettet. Das Metall war verrostet, trotzdem hatten die Fußschellen ihren Griff nicht gelockert.
    Er grub tiefer. Der erste Schädel war der eines Kindes, die Schädelknochen leuchteten wie weiße Blütenblätter. Ein zweiter Schädel tauchte auf, mit einem Ring aus Glasperlen um die Wirbelsäule. Das Skelett einer Frau, das die Knochen ihres Babys umschloss. Riedwaan sackte zurück.
    Ein Massengrab.
    Genau das, was er so früh am Morgen brauchte.

3
    Clare hatte kein einziges Kleidungsstück in Riedwaans Schrank liegen. In ihren Augen sprach das dafür, dass sie nicht mit ihm zusammenlebte. Allerdings deutete die Tatsache, dass ihre Katze bei ihm war, auf das Gegenteil hin. Sie angelte ein zerknittertes, aber sauberes T-Shirt aus ihrem Koffer und schlüpfte in ihre Nikes. Zum ersten Mal seit Langem würde sie joggen gehen. Der erste Schritt, um ihr Leben zurückzufordern. Wieder zu arbeiten wäre der zweite.
    Clare füllte den Napf für Fritzi und trat aus dem Haus. Der Lärm der erwachenden Stadt schluckte den Widerhall ihrer Schritte, den die Wände der engen Häuserschlucht in Riedwaans Straße zurückwarfen. Rot. Rosa. Weiß. Gelb. Das Haus an der Ecke war pistaziengrün. Auf der Stufe davor saß eine Frau, die kleine Tochter fest zwischen die dicken Knie geklemmt.
    »Hilf mir, Tante«, rief das Kind ihr zu. Die Hälfte ihrer widerspenstigen schwarzen Locken war zu einem festen Zopf geflochten worden. Jetzt war ihre Mutter mit der anderen Hälfte beschäftigt.
    »Meine Mommy bringt mich um. Sag das Onkel Wanie. Der ist von der Polizei, mos.«
    Wanie. So wurde Riedwaan in dieser Straße genannt, in der er aufgewachsen war. Als Teil einer Horde von Kindern, die von Sonnenaufgang an die Gegend unsicher machten, bis ihre Mütter sie bei Sonnenuntergang wieder ins Haus riefen.
    »So wie ich es sehe, kämmt sie dir nur die Haare«, erwiderte Clare.
    Sie lief die Castle Street hinunter. Schmal und gepflastert stürzte sie sich den Hügel hinab. Früher hatte es hier nur einen Trampelpfad gegeben, den die erste Generation von Sklaven in Kapstadt mit ihren nackten Füßen getreten hatte, als sie den oben abgebauten Granit hügelab gerollt hatten. Clare war gerade auf der Hälfte angekommen, als ihr Handy läutete.
    »Wie lange gilt dein Beratervertrag mit der Polizei noch?« Riedwaan klang angespannt.
    »Bis zum Monatsende«, sagte Clare.
    »Dann komm her. Ich brauche dich hier.«
    »Wo bist du?«
    »Auf einer Baustelle in Green Point«, antwortete Riedwaan. »Ebenezer Road kurz hinter der Somerset, unter der Hochstraße. Eine Sackgasse, von der ich noch nie gehört habe. Komm sofort. Bring deine Kamera mit.« Das Telefon war tot, bevor sie weitere Fragen stellen konnte. Keine Koseworte, kein Vorgeplänkel, nicht einmal ihr Name. Riedwaan war bei der Arbeit.
     
    Clare fuhr zu schnell, die Laternen flogen, mit Veranstaltungsplakaten behangen, vorbei. Kapstadt, das die letzten Veranstaltungen des zu Ende gehenden Sommers durchpeitschte. Eine Trance-Party. Eine Hochzeitsmesse. Eine Kunstausstellung: FORENSIC. Über dem Titel der Ausstellung schwebte das Gesicht der Künstlerin mit hohen, ausgeprägten Wangenknochen.
    Clare fand einen Parkplatz unter der Schnellstraße. Er lag etwas abseits, aber näher an der Baustelle war nichts zu finden. Wenigstens lag er halbwegs im Schatten. Die Sonne bohrte sich in ihren Rücken, als sie aus dem Wagen stieg, und die Temperatur kletterte unaufhaltsam den vorhergesagten siebenunddreißig Grad entgegen.
    Ein kleiner Radiosender hatte in den Frühnachrichten vom Fund der Knochen berichtet und Dutzende Schaulustige auf dem Weg zur Arbeit angelockt. Die Menge drängte sich vor den Absperrungen, um etwas von der Polizeiarbeit auf der anderen Seite mitzubekommen. Eine Hündin lag keuchend in einem
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