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Galaxis Science Fiction Bd. 15

Galaxis Science Fiction Bd. 15

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 15
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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glücklichen Ausgang dieser Sache abhängt.«
    »Nun ja«, sagte Curt bedächtig, wobei er genau wußte, auf welch dünnes Eis er sich jetzt begab, »aber vielleicht gibt es Terraner mit mehr Gerechtigkeitsgefühl, als Reynolds und du besitzen.« Er drehte ihr sein Gesicht zu. »Ich kann sehen, was du tun wirst, und du kannst es auch. Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollten wir es wirklich hinter uns bringen. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, besonders, wenn man sich gegenseitig nichts zu sagen hat. Und schließlich war es von Anfang an nicht unsere eigene Idee.«
    »Nein«, sagte Julie zustimmend. Sie drückte ihre Zigarette aus und zündete sich mit unsicheren Fingern eine neue an. »Wenn es doch außer dir nur noch einen einzigen anderen Seher gegeben hätte! Nur einen einzigen! Das ist eine Sache, die ich Reynolds nicht vergessen kann. Es war schließlich seine Idee. Ich hätte nie meine Einwilligung geben sollen. Für den größeren Ruhm der Rasse! Vorwärts und aufwärts mit dem Psi-Banner! Die mystische Vereinigung der beiden wirklichen Propheten in der ganzen Geschichte der Menschheit. Und sieh dir das Ergebnis an.«
    »Halt’ den Mund«, sagte Curt scharf. »Er schläft vielleicht nicht, und er kann dich hören.«
    JULIES Stimme klang bitter. »Mich hören, ja; verstehen, nein. Wir wollten wissen, wie die zweite Generation aussehen würde – nun, jetzt wissen wir es. Seher plus Seher ergibt Fehlschlag. Ein nutzloser Mutant, ein Monster. Wir wollen uns doch nichts vormachen, das M auf seiner Karte bedeutet Monster.«
    Curts Hände verkrampften sich um das Lenkrad. »Das ist ein Wort, das zu gebrauchen ich weder dir noch irgend jemand sonst gestatte.«
    »Monster!« Sie beugte sich näher zu ihm; ihre Zähne leuchteten weiß in dem Lichtschein, der vom Armaturenbrett kam; ihre Augen funkelten. »Vielleicht haben die Terraner recht – vielleicht sollten wir Seher wirklich alle sterilisiert und zum Aussterben verurteilt werden. Ausradiert. Ich glaube…« Sie brach unvermittelt ab, ohne den Satz zu beenden.
    »Nur weiter«, sagte Curt. »Vielleicht glaubst du, daß, wenn wir unsere Revolution zu einem erfolgreichen Ende geführt haben und die Kolonien kontrollieren, wir das gleiche mit den Norms machen sollten, wie?«
    »Die Spreu vom Weizen sondern«, sagte Julie. »Zuerst die Kolonien von Terra, dann uns von ihnen. Und wenn es dazu kommt, und selbst wenn er mein Sohn ist…«
    »Du ordnest also alle Leute nur nach ihrer Nützlichkeit ein«, unterbrach sie Curt. »Tim ist zu nichts nütze, also gibt es keinen Grund, ihn leben zu lassen, richtig?« Er zitterte fast vor Empörung, aber das machte ihm jetzt nichts mehr aus. »Menschen züchten wie Vieh. Kein Mensch hat ein Recht auf sein Leben; das ist ein Privilegium, das wir erteilen.«
    Curt trat das Gaspedal tiefer hinunter, und der Wagen schoß fauchend die Straße entlang. »Du hast ja gehört, was Fairchild über Gleichheit und Brüderlichkeit sagte. Er tat es in einem etwas salbadernden Ton, aber er glaubt an das, was er sagt. Und ich auch. Und ich glaube, daß Tim – und was das betrifft, jeder andere sonst auch – ein Recht auf sein Leben hat, ob wir nun sein Talent verwerten können oder nicht, beziehungsweise, ob er nun überhaupt ein Talent besitzt oder nicht.«
    »Er hat ein Recht zu leben«, sagte Julie, »aber vergiß nicht, er ist keiner von uns, er ist ein Fehlschlag. Er besitzt nicht unsere Fähigkeiten, unsere …« – sie brachte die Worte in einem triumphierenden Ton vor – »unsere überlegenen Fähigkeiten.«
    Curt bremste und steuerte den Wagen an den Straßenrand. Dann stieß er die Tür auf. Die kühle trockene Nachtluft drang herein.
    »Fahr’ du allein nach Hause.« Er beugte sich zurück über den Rücksitz und rüttelte Tim wach. »Komm, mein Junge. Wir steigen hier aus.«
    Julie rutschte hinter das Steuer. »Wann kommst du heim? Oder hast du dich jetzt endgültig für eine Trennung entschlossen? Überlege es dir lieber noch einmal. Sie ist vielleicht von der Sorte, die sich neben dir auch noch ein paar andere warmhält.«
    Curt schlug die Tür zu. Er nahm seinen Sohn bei der Hand und führte ihn die Straße hinunter auf das schwarze Viereck einer Rampe zu, die sich geduckt gegen den nächtlichen Himmel abhob. Als sie die Stufen hinaufstiegen, hörten sie den Wagen aufheulen und losfahren.
    »Wo sind wir?« fragte Tim.
    »Du kennst das Haus. Ich bringe dich für eine Woche hierher. Es ist die Schule, wo Leute wie du und
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