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Galaxis Science Fiction Bd. 15

Galaxis Science Fiction Bd. 15

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 15
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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Dreijährigen. Er war, im wahrsten Sinne des Wortes, ein idiot-savant. Seine legendären Kräfte hatten seine ganze Persönlichkeit aufgesaugt, sie verdorren und degenerieren lassen, statt sie zu entwickeln. Er hätte die Kolonien schon vor Jahren beiseite wischen können, wenn seine körperlichen Gelüste und Ängste von Verschlagenheit unterstützt worden wären. Aber Big Noodle war hilflos und träge, völlig abhängig von den Instruktionen der Regierung, und seine entsetzliche Angst vor Sally hatte ihn zu schmollender Passivität herabgewürdigt.
    »Ich habe gerade ein ganzes Schwein gegessen«, verkündete er stolz und richtete sich mühselig zu einer halb sitzenden Stellung auf. Dann rülpste er und fuhr sich mit einer kraftlosen Handbewegung über das Kinn. »Zwei Schweine sogar. Hier im Zimmer. Gerade vor ein paar Minuten. Ich könnte noch mehr haben, wenn ich nur wollte.«
    Die Nahrung der Kolonisten bestand hauptsächlich aus in hydroponischen Tanks gezüchteten künstlichen Proteinen. Big Noodle amüsierte sich auf ihre Kosten.
    »Das Schwein«, fuhr er fort, »habe ich mir von Terra geholt. Gestern abend hatte ich ein halbes Dutzend Wildenten, und den Abend davor hatte ich ein Tier von Beteigeuze IV. Es hat keinen Namen. Es rennt einfach herum und frißt.«
     



 
    »Wie du«, sagte Sally. »Nur rennst du nicht herum.«
    Big Noodle kicherte. Einen Augenblick lang ließ ihn der Stolz auf seine Taten seine Furcht vor Sally vergessen. »Hier, nehmt euch was Süßes.« Ein Schauer von Pralinen prasselte auf den Boden wie Hagel. Curt und Sally zogen sich hastig an die Wände zurück, während die Mitte des Fußbodens schnell unter der Sintflut verschwand. Mit der Schokolade kamen Teile von Maschinerie, Pappkartons, Teile eines Ausstellungsstandes, ein gezackter Brocken Zementfußboden. »Schokoladenfabrik auf Terra«, erklärte Big Noodle strahlend. »Hab’ sie ganz gut anvisiert.«
    Tim war aus seiner Versunkenheit aufgewacht. Er bückte sich und holte sich eine Handvoll der Pralinen.
    »Nimm nur ruhig«, sagte Curt. »Dazu sind sie schließlich da.«
    »Das gehört mir!« donnerte Big Noodle erregt. Die Schokolade verschwand so plötzlich, wie sie gekommen war. »Ich hab’ sie zurückgeschickt«, erklärte er grämlich.
    BIG NOODLE war nicht eigentlich bösartig, nur von einer unvorstellbaren kindlichen Selbstsucht. Mit Hilfe seines Talents konnte er jeden Gegenstand im Universum in seinen persönlichen Besitz bringen, und es gab nichts, was außer der Reichweite seiner aufgeschwemmten Arme lag. Glücklicherweise lagen jedoch die meisten Dinge außerhalb der Reichweite seines begrenzten geistigen Fassungsvermögens. Er war einfach uninteressiert.
    »Laß jetzt die Spielereien«, sagte Curt. »Kannst du mir sagen, ob irgendwelche Telepathen in der Nähe sind?«
    Big Noodle entsprach verstimmt Curts Verlangen und suchte die Umgebung ab. Er war sich aller Objekte bewußt, gleichgültig, wo sie sich befanden. Durch sein Talent stand er in Verbindung mit dem gesamten physischen Inhalt des Universums.
    »Keiner in allernächster Nähe«, sagte er nach einer Weile. »Einer vielleicht dreißig Meter entfernt. Ich werde ihn wegschaffen. Ich mag nicht, wenn die Teeps hier herumschnüffeln.«
    »Jeder haßt die Teeps«, sagte Sally. »Es ist ein unanständiges, schmutziges Talent. Die Gedanken anderer Leute zu lesen, das ist das gleiche, als wenn man ihnen heimlich beim Baden zusieht oder beim Anziehen oder beim Essen. Es ist nicht natürlich.«
    Curt verzog belustigt sein Gesicht. »Ist das so verschieden von Prophetie? Das kann man doch auch nicht natürlich nennen.«
    »Prophetie hat mit Ereignissen zu tun, nicht mit Leuten«, sagte Sally. »Zu wissen, was geschehen wird, ist nicht schlimmer als zu wissen, was bereits geschehen ist.«
    »Es ist vielleicht sogar besser«, machte sie Curt aufmerksam.
    »Nein«, erwiderte Sally nachdrücklich. »Besser auf keinen Fall. Das hat ja den ganzen Ärger mit Ihnen erst eingebracht. Ihretwegen muß ich jetzt die ganze Zeit aufpassen, was ich denke. Jedesmal, wenn ich einem Teep begegne, bekomme ich eine Gänsehaut, und egal, wie ich mich auch anstrenge, ich kann einfach nicht verhindern, daß ich an sie denke, und nur deshalb, weil ich das eigentlich nicht tun sollte.«
    »Meine prophetische Gabe hat mit Pat überhaupt nichts zu tun«, sagte Curt. »Prophetie heißt nicht, daß unser Schicksal unabänderlich vorherbestimmt ist. Es war eine verzwickte Angelegenheit, bis
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