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Gabriel - Duell der Engel

Gabriel - Duell der Engel

Titel: Gabriel - Duell der Engel
Autoren: Kaja Bergmann
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man so etwas erlebt – ich nenne es »falsches Déjà-vu« – tauchen unwillkürlich Fragen auf. Welche Erinnerungen sind echt? Oder sind sie es alle, aber die Realität ist falsch? Kann Realität überhaupt falsch sein? Und vor allem: Worauf kann man sich in dem, was wir für die Wirklichkeit halten, überhaupt noch verlassen?

2. Juni, 14:09 Uhr
    Â 
    Â»Ich kann einfach nicht fassen, dass er tot ist.« Sonja blickte ausdruckslos in ihr geschmolzenes Zitroneneis. Sie hatte keinen Löffel runtergebracht. Es nicht einmal versucht.
    Ich sagte nichts. Rührte einfach ununterbrochen mein Schokoladeneis zu Brei.
    Â»Dass dieser komische Onkel sich um ihn gekümmert haben soll«, redete Sonja weiter. »Keine Eltern. Keine Freunde. Meinst du, der Onkel besucht sein Grab? Ob der wohl Blumen pflanzt? Oder Kerzen anzündet?«
    Mein Eisbrei verwandelte sich langsam in eine Suppe.
    Â»Gabriel, was lief da eigentlich zwischen euch? Irgendwas war da doch, erst hast du ihn … gehasst … dann bist du ganz plötzlich gut mit ihm klargekommen, und zum Schluss warst du so … merkwürdig … bist immer zusammengezuckt, wenn du seinen Namen gehört hast. Was war da los?«
    Merkwürdig, wie schnell Eis seine Konsistenz ändern kann.
    Â»Gabriel!«
    Â»Hä?« Vor Schreck ließ ich meinen Löffel fallen. Super, jetzt schwamm er irgendwo in der matschigen, klebrigen Eisbrühe.
    Â»Gabriel, was verheimlichst du mir?«
    Â»Hä?« Mein Herz schlug heftig gegen meinen Brustkorb, mein Magen fühlte sich flau an, mir war übel.
    Â»Tu doch nicht so, ich weiß, dass du ein Geheimnis hast! Schon ziemlich lange.«
    Ich sagte nichts. Fischte mit zwei Fingern den Löffel aus der klebrigen, braunen Pampe. Lecker.
    Â»Gabriel, rede mit mir, verdammt! Wir wollten immer ehrlich zueinander sein, hast du das schon vergessen? Irgendwann einmal vor zwei Jahren haben wir uns geschworen, keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben!«
    Â»Haben wir das?« Ich war verwirrt. Mein Herz rannte los.
    Â»Ja! Ich habe dich nie darauf angesprochen, weil ich dachte, irgendwann wirst du es mir schon von alleine sagen. Irgendwann, wenn du so weit bist.«
    Mein Herz bekam Seitenstechen. Keine Kondition, das Ding.
    Â»Aber du hast nie etwas gesagt!« Sonja blickte mich verletzt an. Es tat mir weh, sie so zu sehen. »Du kippst um, dir wird ständig schlecht, du liegst tagelang zu Hause gekrümmt im Bett und rührst dich nicht. Merkwürdige Dinge geschehen in Frankfurt, Menschen sterben und jetzt ist auch noch Seraphin tot. Selbstmord. Und du, du … schweigst! Hast du mir nichts zu sagen?«
    Stille. Außen. Innen. Mein Kopf so leer. Was wollte sie hören? Was sollte ich ihr sagen? Ich hätte nie gedacht, dass sie etwas wusste. Die ganzen zwei Jahre lang. Und hatte nichts gesagt. »Vielleicht kommt sie ja damit klar!«, säuselte die verführerische Stimme in meinem Kopf. »Vielleicht ist alles kein Problem für sie. Sie muss nur die Wahrheit erfahren. Wie willst du wissen, ob sie die Wahrheit erträgt, wenn du sie nicht selbst entscheiden lässt?«
    Â»Ich … es … ich wusste nicht, dass du … Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Es wird keine Unfälle mehr geben.«
    Sonja beugte sich zu mir vor, ein Drängen lag in ihrem Blick. »Woher weißt du das?«
    Â»Ist … ist das nicht egal? Reicht es nicht, wenn ich dir sage, dass ich es weiß?«
    Sonja lehnte sich wieder zurück. Enttäuscht. Schüttelte den Kopf. Langsam. »Nein, Gabriel. Nein, das reicht mir nicht. Nicht mehr.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. »Warum sagst du es mir nicht?«
    Sie blickte auf mich herab. Stand so hoch über mir. Hatte schon immer dort gestanden.
    Â»Ich … ich kann nicht.«
    Sie sah mich an. Direkt in die Augen. Nickte. »Schön. Ich verstehe das. Aber du musst auch verstehen, dass ich nicht ewig warten kann. Irgendwann wirst du es mir sagen müssen. Nicht jetzt, nicht gleich. Aber irgendwann.« Sie beugte sich zu mir nach unten und küsste mich auf den Mund. Lange und sanft. Löste sich wieder von mir. »Gabriel«, flüsterte sie, ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt, »das mit uns, das hat nur Sinn, wenn wir ehrlich zueinander sind. Wenn wir es irgendwann sein können. Du musst dir überlegen, ob du mir die Wahrheit sagen
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