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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer
Autoren: Michaela Holzinger
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weil ich immer noch Antonias Spruch mit mir herumtrage. Deshalb sage ich: »Doch. Mir geht es gut! Jetzt geht es mir gut. Keine Lügen mehr!«
    Erleichtert fängt Mama zu lächeln an. Sie lächelt mir zu, und ich nehme es dankend an. Mamas Lächeln. Dann horcht sie auf und Papa reckt den Kopf zum Fenster hinaus.
    »Raphael kommt nach Hause. So ein Glück!«, seufzen beide und wollen ihm entgegeneilen, als sich eine zweite Gestalt aus dem Audi schält. Der blonde Haarschopf leuchtet schwach im Mondschein.
    Mama und Papa halten inne. »Sie lieben sich!«, flüstere ich.
    Schon geht die Tür auf und Raphael kommt herein. Mit Jelly.
    »Hallo«, murmelt sie.
    »Grüß dich Jellena«, sagen meine Eltern.
    »Jelly bleibt heute Nacht hier«, sagt Raphael mit fester Stimme. »Weil sie nicht nach Hause will!«
    Für einen Augenblick scheint alles um uns herum einzufrieren. Unsere Gesichter. Unsere Körper. Nichts regt sich. Schließlich durchbricht Mama die eisige Stille, indem sie vom Küchenstuhl aufsteht und sagt: »Es tut uns sehr leid, Jellena!« Sie geht auf meine Freundin zu. »Wir wollten euch damals nur helfen. Karolina kam zu uns, weil sie hier ansonsten niemanden kannte. Sie hatte es nur gut gemeint, weißt du? So sind Mütter manchmal.«
    Jelly, die sich wie ein scheues Reh erschöpft an Raphael gedrängt hat, nickt.
    »Dann werde ich jetzt mal deine Mutter anrufen und ihr Bescheid geben, dass du heute Nacht bei uns bleibst, ja?«
    »Tu das«, sagt Raphael und bugsiert Jelly sachte in Richtung seines Zimmers davon.
    Mama sieht den beiden bekümmert nach. Als Raphael oben seine Zimmertür zugemacht hat, greift sie zum Hörer.
    Bevor sie aber wählen kann, sage ich schnell: »Und gib Karolina die Nummer von der Handauflegerin. Antonia weiß Bescheid!«
    Mama sieht mich überrascht an. Ich schiebe mir das Notebook unter den Arm, und ihr Blick folgt meiner Bewegung.
    »Hab ich von Finn bekommen«, erkläre ich. »Damit wir uns schreiben können, wenn er nach England geht!«
    Mama seufzt. »Er geht nach England?«
    »Ja«, sage ich und sehe ihr forschend ins Gesicht, weil ich ihren Seufzer nicht deuten kann. Ob das wirklich Anteilnahme war, weil ich für drei Monate meinen Freund an London verliere? Oder doch nur Erleichterung? Egal.
    Darum sage ich: »Ja, er geht. Aber das ist in Ordnung. Denn es wird nichts daran ändern, klar?«
    Mama nickt hastig.
    Und Papa brummt: »Klar!«
    Und so verschwinde ich ebenfalls in mein Zimmer. Kurz überlege ich, ob ich noch bei Jelly vorbeischauen soll. Immerhin würde ich es ihr gerne erzählen. Von meinem ersten Mal! Doch dann wird mir klar, dass sie ja jetzt nicht nur meine Freundin ist, sondern auch Raphaels. Und so mache ich leise die Tür hinter mir zu.

Sommerabschied
    »Alles gepackt?« Frau Delorn steckt den Kopf zur Tür herein und sieht auf den Kofferberg, der sich in der Zwischenzeit in Finns Zimmer aufgetürmt hat.
    Finn grinst. »Klar doch! Den Rest kannst du mir ja nachschicken, sollte ich etwas vergessen haben!«
    Ich hocke auf einem der Koffer und schaue verlegen zu Boden. Auch kein Wunder! Immerhin habe ich vor ein paar Tagen noch geglaubt, ich will Finn nie wieder sehen. Und jetzt?
    Jetzt sitze ich in seinem Zimmer und helfe meinem Freund, die Koffer für England zu packen, als wäre es das Normalste auf der Welt! Ist es ja auch eigentlich. Irgendwie.
    Finns Mutter beginnt zu lachen. »Pack deine Koffer gefälligst ordentlich! Aber solltest du tatsächlich noch etwas von zu Hause brauchen, dann schicke ich es dir natürlich nach!« Sie wirft einen Blick auf ihre Armbanduhr und stöhnt. »Ach, schon so spät. Ich kann es immer noch nicht glauben. In vier Stunden geht dein Flieger. Dann bist du fort …«
    Finn murrt verlegen: »Eben! Nur noch vier Stunden, Mama. Deshalb wäre es nett, wenn du uns bis dahin alleine lässt!«
    Frau Delorn nickt hastig. »Oh, sorry! Ja, klar! Kein Problem!«, und macht die Tür hinter sich zu.
    Finn dreht sich zu mir rüber. »Mütter!«, grinst er.
    Im selben Moment geht die Tür auf und Finns Mutter steckt ein weiteres Mal den Kopf herein. Diesmal aber sucht sie meinen Blick. »Was ich noch sagen wollte, Hannah, du bist jederzeit herzlich bei uns willkommen!«
    »Oh«, antworte ich überrascht. »Vielen Dank!«
    Frau Delorn lacht. »Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass Finn dir häufiger schreiben wird als seiner Mutter!«
    Finn verdreht die Augen. »Du willst, dass Hannah zur Spionin wird?«
    Frau Delorn blinzelt neckisch.
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