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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer
Autoren: Michaela Holzinger
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und der Duft des Waldes vermischen sich und beruhigen meine heißen Wangen. Wie der Blitz brettern wir über den Waldweg. Nichts wird uns in diesem Moment aufhalten können, denke ich mir, und da riecht die Luft auf einmal wirklich anders.
    Als wir an dem kleinen Wasserfall vorbeireiten, zügle ich Lanzelot. Ich bin vollkommen aus der Puste. Bis zur großen Eiche ist es nicht mehr weit. Mist. Ich sehe zum Kotzen aus. Es gibt nur eine Eiche, die gemeint sein kann. Und ich bin überrascht, dass Finn den alten Baum kennt.
    »Morgen bei der alten Eiche. 16 Uhr. F.«, hat auf dem Zettel gestanden. Mehr nicht. Ich hab das Briefchen in meiner Jackentasche gefunden. Gestern nach der Schule. Er muss es mir in der Pause zugesteckt haben. Wenn ich daran denke, schlägt mein Herz wie verrückt. Zum Glück gibt Lanzelot jetzt Ruhe. Das Laufen hat ihm gut getan. Mir auch.
    Da liegt auf einmal ein Knacksen in der Luft. Der Sommerwendwind hat es zu mir hergetragen. Hinter der uralten Eiche bewegt sich etwas. Ein blonder Haarschopf kommt zum Vorschein, dann der Rest. Blaue Augen, langer Körper. Vielleicht ein bisschen dürr, mir gefällt das aber.
    »Hey«, sagt Finn und seine blauen Augen blinzeln neckisch. Er lächelt schief, die Hände baumeln in den Hosentaschen. »Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest.«
    »Doch«, murmle ich und wickle die Zügel um einen Ast. Wir stehen uns gegenüber. Weil ich so schwitze, lasse ich meine Reitkappe lieber auf dem Kopf.
    »Kommst du heute zum Fest?«, fragt er.
    »Ja, aber erst später.« Dass ich davor die Stallarbeit für meine Eltern erledigen muss, sage ich nicht. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht, weil seine Eltern keinen Bauernhof haben?
    »Gut, dann warte ich auf dich«, flüstert er. Sein Gesicht kommt meinem ganz nah. Anscheinend will er mir einen Kuss geben. Aber das blöde Schild der Reitkappe ist im Weg und Finn kracht mit seiner Stirn dagegen. Wie peinlich! Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. Zum Glück fängt in diesem Moment Finns Handy zu läuten an.
    »Ich muss ohnehin los«, stammle ich und schwinge mich, so elegant es nur geht, in den Sattel. »Bis später«, rufe ich ihm noch zu, dann treibe ich Lanzelot an. Finns Lächeln begleitet mich nach Hause.
     
    Mist. Mist. Mist. Nicht jetzt. Bitte.
    Mama und Papa sind zum Feuerwehrfest gefahren. Mein doofer Bruder auch. Ich habe die Schweine versorgt und die Ställe sauber gemacht. Wie besprochen. Und jetzt das. Das war nicht abgemacht. Warum muss dieses blöde Schwein ausgerechnet jetzt Junge bekommen? Es scheint tatsächlich Wehen zu haben. Im Abferkelstall hört man die lang gezogenen Atemgeräusche ziemlich deutlich. Es hat auch das Futter nicht aufgefressen. Der Trog ist noch halb voll. Zum Glück finde ich in der Futterkammer den Geburtenplan. Gleich neben dem Computer. Den nennen wir Papas Stallknecht, weil er dafür sorgt, dass jeden Tag die Schweine vollautomatisch gefüttert werden. Also suche ich neben Papas Stallknecht auf der Tabelle nach der Ohren-Marken-Nummer. Noch mal Mist. Da steht es. Das Kürzel, das Mama neben dem voraussichtlichen Geburtstermin hingekritzelt hat, haut mich um. JS, steht da. Das steht für Jungsau und bedeutet, dass dieses Schwein zum ersten Mal Junge bekommt. Jetzt kann ich das Fest garantiert vergessen.
    Denn: Jungsau + Geburt = Risiko.
    Papa würde ziemlich sauer sein, wenn ich mich jetzt aus dem Staub mache.
    Mir ist zum Heulen. Hässliche Bilder ziehen an mir vorüber. Finn, umringt von meinen Freundinnen, die sich für diesen Abend total aufgedonnert haben. Jelly in ihrem knallengen Jeans-Minirock und Lena mit ihren weizenblonden Löckchen. Die ist ja schon immer auf ihn scharf gewesen. Und das nur, weil seine Eltern das neue Elektrocenter besitzen. Pah!
    Mir kriecht die Wut in den Bauch, wenn ich daran denke. Alle meine Freundinnen sind auf dem Feuerwehrfest. Alle. Ich hätte mit Finn einen total romantischen Abend verbringen können. Wir hätten uns heimliche Blicke zugeworfen und hinter dem Klowagen geknutscht. Na ja, das vielleicht nicht gerade, aber schön wäre es trotzdem gewesen. Weil wir uns auch noch nie so richtig geküsst haben. Und wer noch nie miteinander so richtig geküsst hat, ist auch nicht fest zusammen, sagt Jelly immer. Und die muss es schließlich wissen. Immerhin hat sie schon Jungs geküsst.
    Panisch fische ich mein Handy aus dem Overall. Drei Anrufe in Abwesenheit. Finn. Ich kann ihn unmöglich zurückrufen. Was soll ich ihm sagen – dass
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