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Funkelnd

Funkelnd

Titel: Funkelnd
Autoren: Emma Green
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Bett fallen. Die Augen auf die Zimmerdecke gerichtet und mit zugeschnürtem Magen gestehe ich mir ein, dass ich bis über beide Ohren verliebt bin. Er macht aus mir seine Gefangene, indem er der sanfteste aller Henker ist. Als mein Telefon vibriert, werde ich schließlich aus meinem Dämmerschlaf gerissen.
    Eine Nachricht. Ich denke sofort an Marion, die mir wieder eine Moralpredigt halten wird. Oder an meine Mutter, die wissen will, wann ich sie wieder besuchen werde. "Die Vernissage findet Samstagabend statt. Ich werde bereits vor Ort sein, mein Chauffeur wird dich abholen und hinbringen. Ich kann es kaum erwarten, dich in dem Kleid zu sehen. Und ohne." Mein Puls wird schneller. Das ist mit Sicherheit die längste Nachricht, die Gabriel mir je geschrieben hat. Und die netteste. Aber wie immer, wenn es um Gabriel geht, verdichtet sich der Nebel. Ich dachte, wir würden zu einer Gala gehen. Eine Vernissage? Aber wovon? Und vor allem dachte ich, wir würden zusammen hingehen. Warum schenkt er mir dieses sündhaft teure Kleid, wenn er sich nicht mit mir zeigt? Ich bin aufgeregt, aber enttäuscht. Allerdings sollte ich bereits daran gewöhnt sein, dass Gabriel seine Versprechen niemals zur Gänze einhält. Er hat ein Gespür dafür, Geheimnisse in die Welt zu setzten und, was noch viel schlimmer ist, die Regeln während des Spiels zu ändern. Dieser Abend an der Seite meines Liebhabers hätte wundervoll werden können und nun scheint es, als würde er in einem Fiasko enden. Ich werde wieder alleine sein, inmitten von mir völlig unbekannten Menschen, und während dieser Ausstellung, über die ich nichts weiß, eine gute Figur abgeben müssen, während Gabriel vor seinen Bewunderern brilliert. Und anschließend wird er aufhören, mich zu ignorieren, und mich flachlegen, wenn ihm gerade danach ist. Mit einem langen, verdrossenen Seufzer beschließe ich, vor Samstag nicht mehr daran zu denken … Und bevor ich nicht herausgefunden habe, welche Haltung für den Abend angebracht ist.
    Gabriel hat mir keineswegs einfach nur ein bedeutungsloses Taxi geschickt. Es ist eine kleine, schwarze Limousine, die mich durch die Straßen von Paris entführt, und der Chauffeur versucht mehr schlecht als recht, mich bei Laune zu halten. Als er mich vor der bereits überfüllten Galerie aussteigen lässt, sind unmittelbar hundert Augenpaare auf mich gerichtet. Ich versuche, all meinen Mut zusammenzunehmen, doch ich besitze nicht die Stärke, aus dem luxuriösen Auto auszusteigen. Ich stelle mir vor, wie ich aufgrund meiner viel zu hohen Schuhe über meine eigenen Füße stolpere, der Länge nach auf den Bürgersteig falle, dabei mein um den Po herum besonders enges Kleid zerreiße und somit den peinlichsten Moment meines Lebens erlebe. Ganz abgesehen von Gabriels verächtlichem Blick, den er mir zuwerfen würde. Doch dann sehe ich, wie er zum Auto kommt und mir die Tür öffnet. Er reicht mir die Hand, um mir beim Aussteigen zu helfen, und sein stolzes Lächeln erfüllt mich mit Freude. Mein Liebhaber trägt einen dunkelblauen Anzug, der perfekt zu meinem Kleid passt, eine schmale Krawatte und ein seidenes Einstecktuch in der gleichen Farbe, das seine Augen tiefblau, beinahe schwarz, erscheinen lässt. Ich bin völlig verzaubert, als würde ich ihm zum ersten Mal begegnen. Nach einem schnellen Handkuss, der mein Herz höher schlagen lässt, führt er mich in das Gebäude und setzt sein Gespräch dort fort, wo er es zuvor unterbrochen hatte. Die anderen Gäste tun es ihm gleich und ich kann mich diskret unter die Menge mischen.
    Mit einem Glas Champagner in der Hand, um mein Selbstbewusstsein zu stärken, entdecke ich schlussendlich das Thema der Ausstellung. Mich. Eingerahmt, hinter Glas, aus allen Perspektiven und in allen Richtungen und auf Fotos von erschreckender Größe. Großaufnahmen von meinem Gesicht, mein völlig nackter Körper, mit dem Rücken oder dem Gesicht zur Kamera, schließlich auf dem Bauch liegend und mit gut sichtbarem Po sowie Großaufnahmen meiner Brüste im Profil, so unzüchtig, wie ich sie noch nie gesehen habe. Meine Nacktheit wird dabei kaum von den Bildern, die Gabriel während des Shootings auf meinen Körper projiziert hat, verdeckt. Ich durchschreite völlig fassungslos, aufgebracht, errötet und durch jede neue Aufnahme noch schockierter mit großen Schritten die Gänge der Galerie. Dabei kreuze ich die Blicke einiger Gäste, die sich entweder mitleidig oder peinlich berührt zeigen. Unendlich beschämt
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