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Funkelnd

Funkelnd

Titel: Funkelnd
Autoren: Emma Green
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Es hat ihm nicht gefallen, mich selbst, unreif, von meinen Gefühlen geleitet zu sehen, Erklärungen und sogar Entschuldigungen von ihm verlangend. Vielleicht bin ich auch zu weit gegangen, habe gesprochen, ohne nachzudenken, und ihm im denkbar schlechtesten Moment eine Szene gemacht. Aber dieser scheinbar perfekte Mann kann mit den Fehlern anderer nicht umgehen. Er, der seine Emotionen stets perfekt unter Kontrolle hat, hasst es, die Kontrolle über eine Situation zu verlieren. Und er erträgt es nicht, wenn eine andere Person ihm die Stirn bietet. Er hätte mich nicht besser bestrafen können, als mich zu fesseln und aus mir sein sexuelles Lustobjekt zu machen. Ich habe alles akzeptiert, ohne mit der Wimper zu zucken. Und ich habe sogar nach mehr verlangt. Wenn ich also meinen Sonntag damit verbringe, zu weinen, dann nicht aus Scham, Reue oder Wut, sondern aus Angst davor, ihn verloren zu haben.
    Dabei dachte ich, ich wäre eine freie und unabhängige junge Frau, die niemals auf einen Mann angewiesen sein wird, wie mich meine Eltern zweiundzwanzig Jahre lang erzogen haben. All meine feministischen Thesen haben sich in Luft aufgelöst. Die einzige Erklärung, die ich dafür jedoch finde, ist wohl die dümmste und klischeehafteste, die es gibt: Mit ihm ist alles anders. Ich drehe mich auf den Bauch, vergrabe meinen Kopf unter meinem Kopfkissen und versuche zu vergessen, woran ich gerade gedacht habe. Schnell jedoch erregt der Geruch seines Parfums auf dem Jackett meine Aufmerksamkeit und die Erinnerungen an seinen Körper auf meiner Haut entführen mich in eine andere Welt. Ich verfalle seinem Geruch und der Lust nach mehr. Ich versinke völlig. Meine Träumerei wird lediglich von einem Hupkonzert vor meinem Fenster unterbrochen. Wahrscheinlich blockiert irgendein Idiot die Straße, ohne sich dabei um die anderen zu kümmern, und drei andere Idioten verstecken sich hinter ihren Lenkrädern und lassen ihrer Wut freien Lauf. Dieser Egoismus und diese Feigheit treiben mich noch in den Wahnsinn. Gabriels fordernde Art dürfte bereits auf mich abfärben. Mit einem Ruck springe ich aus dem Bett und laufe zum Fenster, um meinem Protestgeschrei Luft zu machen. Es wäre ja auch nur das zweite Mal in zwei Tagen. Als ich mich aus dem Fenster lehne, sehe ich lediglich ein einziges Auto auf der Straße, einen imposanten, schwarzen SUV, und eine in einen Handschuh gehüllte Hand, die auf die Säule des offenen Fensters klopft.
    Gabriel streckt den Kopf aus dem Fenster und ich sehe seine seidenweichen, blonden Haare und schließlich sein schönes Gesicht, entspannt und freundlich. Ohne zu schreien, schallt seine tiefe Stimme bis zu mir in den dritten Stock hoch:
    "Habe ich dich geweckt? Kannst du dir etwas anziehen und in fünf Minuten hier unten sein? Ich möchte dich entführen."
    Mit großen Augen und offenem Mund stehe ich da, bevor ich realisiere, dass ich nackt bin und nur Gabriels viel zu großes Jackett trage.
    "Gib mir zehn Minuten!"
    "Vergiss mein Jackett nicht. Und deinen Pass."
    Ich laufe aufgeregt in meinem Apartment hin und her, finde schließlich ein große Leinentasche, stopfe einen Pullover und drei Slips hinein, stürme ins Bad auf der Suche nach meiner Zahnbürste, drehe den Wasserhahn meiner Dusche auf, ändere meine Meinung jedoch wieder, springe schlussendlich doch unter die Dusche, wasche und rasiere mich schnell, trockne mich ab, schlüpfe in eine Shorty und eine Jeans und frottiere mir die Haare mit einem Handtuch. Hüpfend versuche ich mir eine Socke anzuziehen, während ich mir die Zähne putze. Dann ziehe ich mir noch ein sauberes T-Shirt über, jedoch ohne BH. Schließlich stopfe ich noch zwei weitere T-Shirts und einen zweiten Pullover in meine Tasche und werfe einen dritten Pullover über. Im Vorbeifliegen schnappe ich mir in meinem Badezimmer meine Mascara und eine Bürste, gehe unnötigerweise noch einmal zurück in mein Zimmer, ziehe mir meine Stiefeletten an und verrenke meine Arme bei dem Versuch, gleichzeitig meinen Mantel anzuziehen und meine Handtasche umzuhängen. Noch etwas Parfum, und ich schlage meine Wohnungstüre zu und überprüfe sorgfältig, ob mein Pass auch in meiner Brieftasche ist, während ich die Stiegen hinuntergehe. Mit rosaroten Wangen und triefend nassen Haaren setze ich mich neben Gabriel auf den Beifahrersitz des SUV und knalle in meinem Elan die Autotüre etwas zu schwungvoll zu. Zaghaft entschuldige ich mich und beuge mich schnell zu ihm hinüber, um ihn auf den Mund zu
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