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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita
Autoren: Polina Daschkowa
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sehen. Er sitzt drei Reihen hinter Ihnen. Drehen Sie sich nicht um.«
    Nika öffnete ihre Puderdose, entdeckte im Spiegel Kostik und wollte aufstehen.
    »Bleiben Sie sitzen. Er ahnt nicht, daß Sie ihn bemerkt haben, das ist Ihre Chance. Ich werde versuchen, ihn abzulenken. Sie
     können an der nächsten Station aussteigen,aber Sie müssen sich beeilen. Er ist allein, den anderen habe ich nicht gesehen.«
    »Iwan, warum haben Sie mich verfolgt? Warum haben Sie Sina den anonymen Brief gegeben? Sie ist ermordet worden.«
    »Ich weiß.« Er zuckte nervös mit den Schultern. »Im Brief steht die Wahrheit.«
    »Warum tun Sie das?« fragte Nika noch einmal und sah ihn an.
    »Verzeihen Sie mir. Ich wollte Ihnen nichts Böses. Und ihr auch nicht.«
    »Was wollten Sie denn? Warum soll ich Ihnen trauen?«
    »Sie können auch ihm trauen« – er wies mit den Augen in die Richtung, wo Kostik saß –, »Sie können zu Ihrem Mann zurückkehren.
     Das ist Ihre Sache. Mir ist es inzwischen egal. Ich bin müde. Ich habe gesehen, wie Sina getötet wurde. Ich habe mir die Autonummer
     gemerkt und werde noch heute zur Miliz gehen.«
    »Warum haben Sie das nicht gleich getan? Erklären Sie mir …«
    »Später, irgendwann einmal. Schluß jetzt, Nika, Sie müssen sich fertigmachen. Ich lenke ihn ab, aber Sie haben nur wenig Zeit.«
     Er stand langsam auf.
    »Die Nummer! Sagen Sie mir die Autonummer!«
    »Ein schwarzer Ford Fiesta, 1989er Baujahr. Dreimal die sechs, MK. Aber die ist bestimmt gefälscht«, murmelte Iwan hastig
     und ging zu Kostik.
    »Nächster Halt Lobnja«, sagte eine mechanische Stimme.
    Der Zug fuhr langsam ein. Am Ausgang drängten sich ziemlich viele Menschen. Als Nika sich durch die Menge zwängte, dachte
     sie plötzlich, Kostik würde Jegorow einfach festnehmen, und alles wäre in Ordnung. Iwan war wirklich verrückt und verfolgte
     sie, und Sina war rein zufällig überfahren worden.
    Die Menge spülte sie hinaus auf den Bahnsteig. Sie schaute sich um und entdeckte Kostik, nur ein paar Dutzend Meter hinter
     sich. Iwan war nirgends zu sehen.
     
    Hauptmann Leontjew klapperte schon seit über einer Stunde die Wohnungen in Soja Astachowas Haus ab, zeigte den Mietern ein
     vergrößertes Porträt des rothaarigen Dicken mit Bart und stellte ein und dieselben Fragen.
    »Kenne ich nicht«, antworteten die Mieter kopfschüttelnd, wenn sie das Foto betrachteten. »Ist das ein Verbrecher? Na so was,
     dabei hat er ein so nettes Gesicht …«
    »Noch nie gesehen.«
    Blieb nur noch eine Wohnung. Dort öffnete niemand. Leontjew wollte schon gehen, als ein junges Mädchen aus dem Lift geflattert
     kam, groß, schlank, im kurzen Rock, und vor der verschlossenen Tür in ihrer Tasche kramte.
    »Entschuldigung, wohnen Sie hier?« fragte Leontjew.
    »Ja. Wieso?«
    Der Hauptmann stellte sich vor, zeigte seinen Ausweis, dann das Foto des Rothaarigen und wiederholte zum hunderstenmal die
     Frage, die ihm längst zum Hals raushing: »Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?«
    Das Mädchen betrachtete neugierig das Foto, drehte es hin und her.
    »Ja-a.« Sie nickte. »Vor ein paar Tagen.«
    »Um welche Uhrzeit? Unter welchen Umständen?«
    »Gegen neun Uhr abends. Hier im Hausflur. Er ist mit uns reingekommen.«
    »Mit uns? Das heißt, Sie waren nicht allein?«
    »Nein, eine Freundin war bei mir.«
    »Haben Sie ihn erst an der Haustür gesehen oder schon draußen auf der Straße?«
    »Draußen. Als wir vor der Tür standen, kam er zum Haus.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Ein normaler Anzug. Wahrscheinlich teuer, dunkelblau.« Das Mädchen überlegte. »Wissen Sie, ich kann es nicht leiden, wenn
     jemand mit mir zusammen das Haus betritt, ich meine, ein Fremder. Wer hier wohnt, kennt den Türcode, und wer zu Besuch kommt,
     wird reingelassen. Aber den Rothaarigen habe ich nicht weiter beachtet. Erstens war ich nicht allein, und zweitens sah er
     anständig aus.«
    »Größe? Körperbau?«
    »Klein, kleiner als ich. Höchstens einssiebzig, denke ich. Dick. So ein Fetter, Wabbeliger.«
    »Hatte er etwas in der Hand?«
    »Eine Aktentasche, glaube ich.«
    »Sie haben also die Tür geöffnet, und er kannte den Code nicht und ging mit Ihnen zusammen ins Haus.«
    »Ja, genau.« Das Mädchen nickte.
    »Und dann?«
    »Meine Freundin und ich stiegen in den Fahrstuhl. Er lief die Treppe rauf.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«
    »Warum nicht? Hören Sie, in welchem Fall ist er denn Zeuge? Geht es um die Frau in der dritten Etage, die sich
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