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Für Menschen ungeeignet

Für Menschen ungeeignet

Titel: Für Menschen ungeeignet
Autoren: Robert Sheckley
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Bahnhof fort.
    Nachdem der Schaffner die Fahrkarte abgeknipst hatte, kam Mr. Slater der Vorfall wieder in den Sinn. Baz-Matain, murmelte er vor sich hin, während der Zug über die nebeligen, braunen Felder von New Jersey raste. Baz-Matain. Mr. Slater kam zu dem Schluß, daß der fremdländisch aussehende Mann sich irgendwie verirrt haben mußte. North Ambrose, New Jersey, war eine kleine Stadt; klein genug, daß man als Einwohner jede Straße kannte, jedes Haus und jedes Geschäft. Besonders, wenn man schon seit zwanzig Jahren dort wohnte, wie Mr. Slater.
    Gegen Ende seines Bürotages ertappte sich Mr. Slater dabei, wie er mit dem Kugelschreiber sacht auf die gläserne Schreibtischplatte klopfte und an den Mann mit dem hellblauen Trenchcoat dachte. Ein Fremder war eine Seltenheit in North Ambrose, einer stillen, gepflegten und gesetzten Suburb. Die Männer von North Ambrose trugen teure Geschäftsanzüge und dezente braune Aktenköfferchen; einige waren dick und einige waren dünn, aber jeder in North Ambrose hätte der Bruder von jemandem sein können, der dort schon immer wohnte.
    Mr. Slater ließ den Gedanken fallen. Er beendete seinen Bürotag, nahm die U-Bahn nach Hoboken, von dort den Zug nach North Ambrose und ging schließlich den üblichen Weg vom Bahnhof nach Hause.
    Auf diesem Weg begegnete er dem Mann zum zweiten Mal.
     
    *
     
    »Ich habe es gefunden«, sagte der Fremde. »Es war nicht einfach, aber ich weiß jetzt, wo er ist.«
    »Wo ist er denn?« fragte Mr. Slater und blieb stehen.
    »Weiter rechts hinter dem Tempel der Dunklen Mysterien von Isis«, erklärte der Fremde. »Dumm von mir. Ich hätte gleich nach dem Tempel fragen sollen. Ich wußte, daß er hier ist, aber ich dachte einfach nicht …«
    »Der Tempel von was?« erkundigte sich Mr. Slater leicht irritiert.
    »Der Dunklen Mysterien von Isis«, wiederholte der Mann. »Das ist natürlich keine echte Konkurrenz. Seher und Hexenmeister, ein paar Fruchtbarkeitsriten und solche Sachen. Nichts, was auch nur entfernt an unser Spezialgebiet heranreicht.«
    »Ach, so«, sagte Mr. Slater und starrte den Fremden in der frühen Dämmerung des Frühlingsabends scharf an. »Der Grund, warum ich nachfrage, ist eigentlich, daß ich nun schon seit einer ganzen Reihe von Jahren in dieser Stadt wohne, und ich glaube nicht, daß ich jemals …«
    »Sowas!« rief der Mann aus, nachdem er einen Blick auf seine Uhr geworfen hatte. »Habe gar nicht gemerkt, wie spät es schon ist! Ich werde die ganze Zeremonie aufhalten, wenn ich mich jetzt nicht beeile.« Und mit einem freundlichen Winken machte er sich eilig davon.
    Mr. Slater ging weiter nach Hause, langsam und in Gedanken versunken. Altar von Baz-Matain. Dunkle Mysterien von Isis. Das hörte sich nach irgendwelchen Kulten an. Konnte es so etwas hier in seiner Stadt geben? Es schien unmöglich. Niemand würde doch an solche Leute vermieten.
    Nach dem Abendessen konsultierte Mr. Slater das lokale Telefonbuch. Aber ein Baz-Matain oder der Tempel der Dunklen Mysterien von Isis waren darin nicht aufgeführt. Und auch die Auskunft konnte Mr. Slater nicht weiterhelfen.
    »Eigenartig«, stellte er fest. Später erzählte er seiner Frau von seinen beiden Begegnungen mit dem fremdländischen Mann.
    »Na«, meinte sie und zog sich den Hausmantel enger um die Schultern. »Niemand veranstaltet hier in unserer Stadt irgendwelche Kulte. Der Verein für Sauberkeit im Wirtschaftsleben würde so etwas nicht zulassen, ganz zu schweigen von der Frauenvereinigung und den Veteranenverbänden.«
    Mr. Slater mußte ihr zustimmen. Der Fremde konnte nur irgendwie in die falsche Stadt geraten sein. Vielleicht gab es diese Kulte in South Ambrose, der Nachbargemeinde mit mehreren Bars und einem Kino, zu deren Einwohnerschaft auch einige fragwürdige Zugezogene gehörten.
    Am nächsten Morgen war Freitag. Mr. Slater hielt unterwegs nach dem Fremden Ausschau, aber er sah nur die übliche homogene Masse von zur Arbeit pendelnden seriösen Geschäftsleuten. Auf dem Nachhauseweg war es nicht anders. Offenbar hatte der Bursche seinen Altar besucht und war abgereist. Oder er ging seinen Pflichten dort an Zeiten nach, die keine Begegnungen während des Berufsverkehrs zuließen.
     
    *
     
    Am Montagmorgen war Mr. Slater ein paar Minuten zu spät aus dem Haus gekommen und mußte sich beeilen, um den Zug nicht zu verpassen. Vor sich auf der Straße entdeckte er den hellblauen Trenchcoat.
    »Hallo, Sie!« rief Mr. Slater.
    »Sieh mal da!«
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