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Für Leichen zahlt man bar

Für Leichen zahlt man bar

Titel: Für Leichen zahlt man bar
Autoren: Carter Brown
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dann los«, sagte ich
höflich.
    »In meinem ganzen Leben habe
ich noch nie mit einem Messer gearbeitet«, sagte er, jede Silbe betonend, damit
mir nur ja kein Wort verlorenging. »Ich schwöre es !« setzte er noch hinzu. Dann war er still.
    Ich hörte, wie sich heulende
Polizeisirenen schnell dem Gebäude näherten.
    Tremaine hatte sich inzwischen wieder
aufgerappelt, und als ich auf ihn zukam, lächelte er mir ein wenig verwirrt zu.
»Sind Sie in Ordnung ?« fragte ich.
    Er lächelte, nickte und legte
dann einen Finger auf die Lippen. »Bitte sprechen Sie leise !« Er sah mich treuherzig an und deutete dann auf Madame Choys leblosen Körper. »Sie schläft .«
    In dem schmalen Gang zwischen
den Reihen von Aktenschränken erblickte ich jetzt ein zitterndes, dunkles
Häufchen Elend, das sich bei näherem Zusehen als Judith entpuppte. Sie lag auf
den Knien und hatte das Gesicht fest in die am Boden liegenden Hände gepreßt.
    »Du kannst hervorkommen«, sagte
ich. »Es ist alles vorbei .«
    Sie legte ihren Kopf zur Seite
und schielte vorsichtig zu mir hinauf.
    »Das war wirklich eine reizende
Abwechslung«, sagte sie bitter. »Ich bin in dieser Nacht um mindestens zehn
Jahre gealtert. Was haben Sie mir sonst noch zu bieten, Mr. Boyd? Vielleicht
Sackhüpfen mit einer scharfen Wasserstoffbombe?«
    »Wir werden gleich mit der
Polizei Sackhüpfen spielen«, sagte ich.
    »Und wann wird das sein ?« fragte sie.
    »Länger als zwei Stunden wird es
kaum dauern«, meinte ich zuversichtlich.
     
    Gegen zwei Uhr morgens ließen
sie Judith gehen. Als ich sehr viel später in meine Wohnung zurückkam, war es
schon fast elf Uhr vormittags. Jonathan Cooks Mord war für mich kein Problem
mehr. Madame Choy hatte den Mord angeordnet, Lucas
Blair hatte ihn ausgeführt, und sie waren beide tot. Mit diesem Sachverhalt
konnte sich die Polizei zufriedengeben. Die Tatsache, daß ich Cooks Leiche
gefunden und der Polizei nicht Bescheid gesagt hatte, überging ich so elegant wie
möglich. Da die Sache gar nicht zur Sprache kam, nehme ich an, daß niemand
davon wußte. Übrigens war man sehr viel mehr an Madame Choys Organisation und an Augie Falks Stellung darin
interessiert. Als ich, so gut es gehen wollte, alle Fragen beantwortet hatte,
war es gegen vier Uhr morgens, und ich war völlig am Boden zerstört.
    »Das war großartig, Boydl « sagte ein Leutnant herzlich. »Wir haben eben unseren
Leuten vom Rauschgiftdezernat Bescheid gesagt. Die sollen Ihre Geschichte auch
hören .«
    »Noch einmal von vorn?« Ich sah
ihn mit rotgeränderten Augen an. »Alles?«
    Wahrscheinlich hätte ich noch
bis zum Jüngsten Tag dort gesessen, wenn mir nicht ein guter Einfall gekommen
wäre. Nachdem ich die Geschichte zum zweitenmal erzählt hatte, sorgte ich dafür, daß zwei Stenografen dazugeholt wurden. Dann gab ich Tremaine mein Startzeichen. Ich
sagte ihm, er sollte, angefangen mit dem ersten Geschäft, an das er sich
erinnerte, sein gesamtes Repertoire abspielen. Er war selig, daß er endlich
einmal die Möglichkeit hatte, zu zeigen, was er konnte und die ganze Geschichte
in einem Zug erzählen durfte. Ich schlich mich hinaus, während die Herren von
der Polizei wie gebannt an Tremaines Lippen hingen,
der mit großer Geläufigkeit begann:
    »2. Juni 1957: Käufer Toni Delmare . Weiterhin anwesend Jack Carter, Louise...«
    Ich ging nach Hause und schlief
ganze vier Stunden.
     
     
     

10
     
    Laka Tong saß gemütlich in einem
großen Sessel und lächelte mir strahlend entgegen, als ich an jenem Nachmittag
zu ihr ins Hotel kam. Sie trug einen Hausanzug aus weißer Seide mit
weitgeschnittenen Kulihosen und einem Oberteil, das
mit einer wundervollen, langstieligen roten Rose bestickt war.
    »Wie geht’s dir heute, Laka ?« fragte ich und setzte mich
ihr gegenüber nieder.
    »Großartig, Danny. Von meinem
Rücken spüre ich kaum noch etwas. Aber was ist mit dir los ?« Sie musterte mich besorgt. »Schrecklich siehst du aus. Du hättest heute nicht
zu kommen brauchen. Wahrscheinlich hast du tagelang nicht mehr geschlafen .«
    »Ach, ich bin ganz in Ordnung«,
sagte ich vergnügt. »Aber leider habe ich die Blumen vergessen, die ich dir
versprochen hatte .«
    »Laß jetzt die Blumen. Erzähl
mir, was in der Gesellschaft der Schönen Künste vorgefallen ist .« Die tiefblauen Augen sahen mich erwartungsvoll an.
»Einiges habe ich schon im Radio gehört, aber ich möchte gern alle Einzelheiten
erfahren .«
    »Du kommst mir schon vor wie
die Polizei !«
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