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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem
Autoren: Kerstin Gier
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den Kindergarten, im vergangenen Jahr wurde unser Stammhalter Friedrich geboren. Wir führen ein sehr glückliches Leben. Liebe Grüße an alle, eure Britt Freifrau von Falkenhain.«
    Britts Werdegang, so märchenhaft er auch klingen mochte, warder traurige Beweis dafür, dass wir nicht mehr in den alten Zeiten lebten, wo das Wünschen noch geholfen hatte. Denn wenn es nach meinen und Charlys Wünschen gegangen wäre, würde Britt heute bei Schlecker an der Kasse sitzen und mit einem arbeitslosen Alkoholiker und einem blasenschwachen Kampfhund in einer verschimmelten Souterrain-Sozialwohnung hausen.
    Und ich wäre mit Ferdinand Freiherr von Falkenhain verheiratet, wer immer das auch war.
    »Ich würde an deiner Stelle nicht hingehen«, sagte Lulu. »Die geben da alle nur an mit ihren tollen Männern, ihren Häusern, ihren Kindern, ihren Super-Jobs, ihren teuren Autos, ihren Reisen und ihren Doktortiteln. Du wirst dich schrecklich fühlen. Du hast ja nicht mal einen Freund!«
    »Oh, vielen Dank für den Hinweis«, sagte ich.
    »Und zugenommen hast du seit dem Abi auch«, sagte Tine.
    »Zwei Kilo«, sagte ich. Höchstens fünf.
    »Und blass sieht sie aus«, sagte mein Vater wieder. Ich warf ihm einen erstaunten Blick zu. Sollte hier vielleicht doch jemand merken, dass mit mir was nicht stimmte?
    »Das sieht doch keiner«, sagte meine Mutter. »Und alle sind noch nicht verheiratet. Vor allem die Männer sind ja auch jetzt erst im richtigen Alter, sich für immer zu binden. Ti … Lu … Gerri könnte ja einfach sagen, dass sie Redakteurin ist. Oder Buchhändlerin.«
    »Warum sollte ich das tun?«, fragte ich. »Ich muss mich doch für meinen Job nicht schämen. Im Gegenteil, viele Menschen beneiden mich darum.«
    »Was macht sie noch mal beruflich?«, erkundigte sich Patrick bei Lulu.
    »Ich bin Schrift …«
    »Sie schreibt Groschenromane«, sagte Lulu. »Ärzteromane und Liebesschnulzen, so billige Heftchen halt.«
    »Ah! Meine Oma hat die immer gelesen«, sagte Patrick. »Und davon kann man leben?«
    »Sicher«, sagte ich. »Im üb…«
    »Mehr schlecht als recht«, sagte mein Vater.
    »Ich habe mein Auskommen«, sagte ich. Jedenfalls noch bis vor drei Tagen. »Und au…«
    »Aber keine vernünftige Altersvorsorge und keinen Mann, der das mal ausgleichen wird«, fiel mir mein Vater wieder ins Wort. Dabei wollte ich dem blöden Patrick nur erklären, dass durchaus auch junge Frauen meine Romane lasen. »Und jetzt bist du auch schon dreißig!«
    Warum mussten immer alle auf dieser Zahl herumhacken?
    »Dreißig ist doch noch kein Alter«, sagte Lulu. »Ich habe Patrick ja auch erst mit zweiunddreißig kennen gelernt.« Das war vor zwei Monaten gewesen. Ich hatte bisher gar nicht gefragt, wo sie sich kennen gelernt hatten. Aber sicher nicht im Internet, denn als ich Lulu damals von dating-café.de erzählt hatte, hatte sie nur verächtlich die Nase gerümpft und gesagt: »Da treiben sich doch nur Spinner rum, die im wirklichen Leben keinen abkriegen.«
    Auf hammerhart31 dürfte das zugetroffen haben.
    »Bei dir ist das was anderes«, sagte mein Vater zu Lulu. »Du bist im Schuldienst und hervorragend fürs Alter abgesichert. Du kannst es dir leisten, mit dem Heiraten noch ein bisschen zu warten.«
    »Außerdem bist du blond«, sagte meine Mutter. »Aber wie soll Tiluri mit den Haaren jemals jemanden kennen lernen, wenn sie zu allem Überfluss auch noch die ganze Zeit in ihrer Wohnung hockt und schreibt?«
    »Mama, ich …«
    »Sie sollte auf jeden Fall zu dem Klassentreffen gehen, das ist eine gute Gelegenheit, zu sehen, was aus den Männern von damals geworden ist«, sagte meine Mutter und setzte bekümmert hinzu: »Sonst bleibt ihr ja nur noch eine Kontaktanzeige .«
    »Das hat sie doch schon längst versucht«, sagte Tine. Sie hatte ihren Frank in einem Supermarkt kennen gelernt.
    »Was?« Meine Mutter sah ehrlich schockiert aus. »So weit ist es also schon gekommen! Meine Tochter hat eine Kontaktanzeige aufgegeben! Wehe, du verlierst darüber auch nur ein Wort bei Alexas Silberhochzeit! Ich würde vor Scham im Boden versinken.«
    »Keine Sorge«, sagte ich. Bei der Silberhochzeit meiner Tante Alexa würde ich genauso wenig auftauchen wie bei dem Klassentreffen.
    Netterweise kippte Chisola in diesem Augenblick ihr Apfelsaftglas um und machte dem Gespräch ein Ende. Habakuk bekam vom Saft nasse Hosenbeine und stimmte ein mörderisches Geschrei an, das erst aufhörte, als meine Mutter den Nachtisch servierte.
    ***
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