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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem
Autoren: Kerstin Gier
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ein bisschen vorsichtiger geworden. Ich wählte ein Café mit einer Hintertür aus, durch die ich verschwinden konnte, bevor die Rechnung an mich ging. Wir Jungfrauen sind nämlich auch sparsame Naturen und halten unser Geld gern zusammen. Beim Treffen mit meisenfreund007 verdrückte ich mich, als ich merkte, dass er unter einem rätselhaften Zwangsverhalten litt. Offenbar musste er mit Zucker Muster auf die Tischdecke gießen, um sie dann mit angefeuchteter Fingerspitze aufzutupfen und abzulecken. Nachdem ich mir das eine Viertelstunde lang angeschaut hatte, wusste ich, dass meisenfreund007 an seine eigene Meise gedacht hatte, als er sich diesen nick gegeben hatte.
    Leider war auch Max, 29, 1,89, NR, schüchtern, aber für jeden Spaß zu haben , ein absoluter Reinfall. In Wirklichkeit hieß er nämlich Dietmar, war 39 statt 29 und genauso groß wie ich, was bedeutete, er war recht klein. Außerdem war er kein bisschen schüchtern. Er erklärte mir bei unserem ersten Treffen, er habe sich Max genannt, zehn Jahre jünger und zwanzig Zentimeter größer gemacht, weil seiner Erfahrung nach sonst nicht die richtigen Frauen auf seine Anzeige geantwortet hätten. Da hatte er natürlich Recht, ich war das beste Beispiel dafür. Für diesen Spaß war ich aber absolut nicht zu haben und verschwand durch die bereits erprobte Hintertür.
    Und in dem Stil ging es jahrelang weiter.
    Am nettesten war noch Ole gewesen, mit dem meine Freunde Caroline und Bert mich hatten verkuppeln wollen. Auch wenn ich hellhörig hätte werden sollen, als sie mir sagten, er sei frisch von seiner langjährigen Freundin getrennt. An Ole stimmte auf den ersten Blick einfach alles: Er hatte ein sehr nettes Lachen, helle Haare,die ihm ständig in die Stirn fielen, und keine erkennbare Neurose. Außerdem mochte er dieselben Dinge wie ich: alte Katharine-Hepburn-Filme, italienisches Essen und Tom Waits. Ole war Zahnarzt und gerade dabei, seine erste eigene Praxis in der Stadt zu eröffnen. Wir gingen ein paar Mal zusammen weg, und mit jedem Treffen gefiel er mir besser. Aber gerade als ich begann, mir das einzugestehen, tauchte seine Ex-Freundin wieder auf, und acht Wochen später waren die beiden verheiratet. Ich tat so, als würde ich mich für Ole freuen, aber in Wirklichkeit freute ich mich natürlich kein bisschen.
    Ich hatte überhaupt mehr und mehr Probleme damit, mich für andere zu freuen, was mich fast übergangslos zu 3. Sonstiges Leben führt.
    Ich hatte nie vorgehabt, mit dreißig noch Single zu sein. Eigentlich hatte ich das ganz anders geplant: Mit spätestens achtundzwanzig wollte ich mit dem Mann meiner Träume verheiratet sein, mit neunundzwanzig das erste Kind bekommen und mindestens einen Apfelbaum gepflanzt haben.
    Stattdessen heirateten fast alle meine Schwestern, Cousins, Cousinen und Freunde. Sogar Klaus Köhler und Britt Emke. Sie bekamen Kinder, bauten Häuser und pflanzten Apfelbäume, während ich in Cafés durch Hintertüren verschwand. Tine und Frank, Rika und Claudius, Caroline und Bert, Marta und Marius, Charly und Ulrich, Volker und Hilla, Ole und Mia, Lulu und Patrick – wo man hinsah, nur glückliche Paare.
    Das so genannte »sonstige Leben« sah als Single unter lauter Paaren ziemlich trostlos aus. Erst recht, seit meine Freunde angefangen hatten, Kinder zu bekommen. Wenn sie überhaupt mal Zeit hatten, dann schliefen sie im Kino ein, rochen nach saurer Milch und redeten nur über Probleme, einen Kindergartenplatz zu ergattern oder eine Schultüte zu basteln.
    Trotzdem hätte ich nichts dagegen gehabt, auch so ein Langeweiler zu werden. Mit dem richtigen Mann, natürlich.
    »Du bist viel zu anspruchsvoll«, sagte Ulrich immer. »Das ist deinProblem: Du suchst nach einem Mann, den es überhaupt nicht gibt.«
    Ulrich war mein Exfreund, der, wegen dem ich unter anderem das Milchkännchen von Oma Thaler an die Badezimmertür gepfeffert hatte. Das einzige Stück, das den familiären Meißner-Porzellan-Super-GAU auf der Hochzeit meiner Tante Alexa überlebt hatte. Es war nicht unbedingt meine Altersversorgung, dieses Milchkännchen, aber ich hätte es niemals durch die Gegend geworfen, wenn ich nicht so wütend gewesen wäre. Ulrich schaffte es immer, mich auf die Palme zu bringen, schon durch seine ganz spezielle Art, einfach nichts zu tun.
    Während unserer dreijährigen Beziehung hatte Ulrich eigentlich immer nur herumgelegen, auf dem Teppich, auf dem Sofa, in der Badewanne, im Bett. Und alles, was Ulrich gehörte oder
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