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Für immer und eh nicht (German Edition)

Für immer und eh nicht (German Edition)

Titel: Für immer und eh nicht (German Edition)
Autoren: Heike Wanner
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er nun tatsächlich ein Engel war oder sich nur dafür hielt – auch er hatte Gefühle und wusste, dass es für ihn Zeit war, zu gehen.
    »Wie kann man gleichzeitig glücklich und traurig sein?«, fragte er mich. »So etwas habe ich noch nie gefühlt.«
    »Vielleicht bist du doch menschlicher, als du annimmst.«
    »Ja, vielleicht. Auf jeden Fall werde ich diese Empfindungen niemals vergessen.«
    »Seid ihr jetzt fertig mit eurem merkwürdigen Gespräch?« Auf einmal stand Harald direkt neben mir.
    »Ja, das sind wir.« Raphael hielt Harald die Hand hin. »Ich wünsche dir alles Gute. Pass auf sie auf!«
    Überrascht, aber durchaus freundlich schlug Harald ein. »Das mache ich, sofern sie mich lässt.«
    »Ansonsten bin ich ja auch noch da. Zwar nicht sichtbar, aber immer –«
    »Raphael!«, warnte ich ihn und schüttelte den Kopf.
    Er verstand. »Das soll unser Geheimnis bleiben, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Einverstanden.« Er küsste mich sanft auf die Stirn. »Danke für alles. Du hast mir mehr gegeben, als du ahnst.«
    »Du mir auch.« Ich schluckte und spürte einen riesigen Kloß im Hals. »Leb wohl!«
    Er lächelte mir noch einmal zu, drehte sich um und ging dann langsam aus dem Zimmer.
    »Raphael?«, rief ich ihm nach.
    »Ja?«
    »Vergiss nicht, mir Bescheid zu geben, wenn die Auswechslung geklappt hat!«
    »Wird gemacht«, versicherte er mir und verschwand durch die Tür.
    Jetzt ließ ich meinen Tränen freien Lauf.
    »Hey!« Harald nahm mich sanft in seine Arme. Er versuchte nicht einmal, mich zu trösten, sondern hielt mich ganz fest und ließ mich weinen. »Bist du dir sicher, dass du das Richtige getan hast?«, fragte er irgendwann.
    Ich nickte und trocknete meine Tränen. »Ganz sicher.«
    »Es ist merkwürdig, dass selbst ich mich traurig fühle«, gab er zu. »Dabei habe doch gerade ich allen Grund, froh über seinen Abschied zu sein.«
    »Mich wundert das nicht. Raphael ist etwas ganz Besonderes.«
    »Das muss er wohl sein, auch wenn ich kein Wort von eurer Unterhaltung verstanden habe.«
    »Macht nichts.«
    Behutsam zog Harald meinen Kopf hoch, so dass ich ihm in die Augen schauen musste. »Du wirst es mir auch nicht erklären, oder?«
    »Lieber nicht. Das ist eine sehr persönliche Sache zwischen Raphael und mir. Kannst du das akzeptieren?«
    »Es bleibt mit wohl nichts anderes übrig.«
    »Danke!«
    Er grinste. »Außerdem interessiert mich gerade eine andere Sache noch viel brennender.«
    »Barbie und Ernie?«, mutmaßte ich seufzend.
    »Genau. Wie war das noch gleich mit den beiden?«
    »Barbie hat Ken verlassen, weil sie festgestellt hat, dass Ernie viel besser für sie ist. Er ist zwar nicht so perfekt wie Ken, aber –«
    »Moment mal!«, unterbrach er mich. »Ernie hat ein paar nicht zu verachtende Qualitäten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Na ja, er wäscht seine Wäsche selbst. Seit letzter Woche kann er auch prima mit Dämmfolie und Eingangsklemmen für Dimmschalter umgehen. Und er ist besser in Mathe als Barbie!«
    »Was noch zu beweisen wäre«, murmelte ich.
    »Jederzeit.« Seine Lippen waren mittlerweile ganz nahe an meinem Gesicht, und sein Bart kitzelte an meiner Nase entlang. »Willst du es testen?«
    »Jetzt?« Momentan war ich von seiner Berührung so abgelenkt, dass ich nicht einmal in der Lage gewesen wäre, eine einfache Additionsaufgabe zu stellen, geschweige denn, sie auszurechnen.
    »Warum nicht?«
    »Später«, flüsterte ich und vergrub meine Hände in seinen Haaren.
    Und dann küssten wir uns für eine halbe Ewigkeit, oder zumindest kam es mir so vor. Das war kein zärtlicher, rücksichtsvoller Kuss, wie ich ihn von Raphael kannte. Dieser Kuss war fordernder, intensiver und leidenschaftlicher als all das, was ich bislang erlebt hatte. Es kam mir vor, als ob ich schon immer in genau diese Arme gehört hätte. Und mit einem Mal wusste ich, dass Harald zwar nicht derjenige war, den ich mir erträumt hatte, dafür aber genau der Mann war, den ich brauchte.
    Plötzlich ertönte hinter uns die Stimme meines Bruders. »Was macht ihr denn da?« Sebastian stand mit Stefanie in der Schlafzimmertür und starrte uns anklagend an.
    Steffi stieß ihn in die Seite. »Was sie da machen, weißt du hoffentlich! Die Frage ist nur, warum sie es tun.«
    »Vor allem: warum gerade jetzt? Ich dachte, ihr schwebt hier in größter Gefahr!«
    »Wegen euch sind wir teilweise auf der Standspur gefahren.« Steffi schauderte angesichts ihrer Erinnerungen. »Ich möchte lieber nicht wissen, wie viele
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