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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot
Autoren: Bernhard Aichner
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Architektur vom Feinsten.
    Die Augen von Max wandern im Kreis, er mag sein Leben, seine Wohnung, das Dorf. Dass Stein aus diesem Leben verschwindet, macht ihn glücklich.
    Der Pfarrer steht am Fenster. Max begegnet seinem hasserfüllten Blick. Er winkt ihm zu. Mit Genugtuung und Freude sagt er ihm Aufwiedersehen. Baroni schüttelt den Kopf.
     
    – Du bist bösartig, Max.
    – Ich habe den Alten jetzt lang genug ertragen, und glaub mir, er war bösartig, nicht ich.
    – Ist ja schon gut. Schau dir lieber an, wie die nächsten dreißig aus ihren Gräbern steigen, jetzt wird’s erst richtig blutig.
    – Muss ich mir eigentlich Sorgen machen, dass du solche Filme zuhause hast?
    – Man muss in alle Richtungen hin offen bleiben.
    – Was macht der da mit der Säge?
    – Er schneidet sich das Bein ab, weil er von dem Zombie gebissen wurde.
    – Er schneidet sich selbst das Bein ab?
    – Er hat keine Wahl, Max.
    – Das ist krank.
    – Das ist meine absolute Lieblingsstelle, schau dir das an.
    – Das geht zu weit, Baroni, was soll sich der Herr Pfarrer denken.
    – Die Hand sägt er sich auch noch ab, das glaubst du nicht.
    – Ein tapferer Bursche.
    – Ich liebe diesen Film.
    – Ein wirklich sehr, sehr schöner Film, Baroni, hat bestimmt einen Oscar bekommen.
    – Das ist große Kunst.
    – Genauso wie die hübschen Pünktchen in deinem Gesicht, die Anordnung der Flecken, die Formen, große Kunst, Baroni, ganz groß.
    – Halt die Klappe, Max.
     
    An allem war Baronis neue Freundin schuld.
    Vor fünf Monaten hatte er Max überredet, ihn nach Wien zu begleiten, eine Woche lang Spaß in der Hauptstadt, hatte Baroni gesagt und sie für einen Flamenco-Workshop angemeldet, weil er die andalusische Tanzlehrerin zum Niederknien schön fand.
    Max ist mitgefahren. Drei Abende lang stolperten sie im elften Bezirk über einen malträtierten Nussboden, drei Abende lang umwarb Baroni die Schöne. Am vierten Abend lag sie in seinem Bett. Charme, Liebe auf den ersten Blick oder Baronis peinliche, direkte Art, irgendetwas hatte dazu geführt, dass sich Sylvia Rodriguez Ortega in den ehemaligen österreichischen Stürmerstar verliebte. Aus seiner Zeit als Legionär spricht er etwas Spanisch, kennt die Kultur, die Eigenarten, die Vorlieben der spanischen Frauen.
    Was für ein Weib, hat er gesagt.
    La Ortega, wie Baroni sie nennt. Seit fünf Monaten sind sie ein Paar, seit fünf Monaten ist Baroni nicht mehr allein auf den Straßen. Die unzähligen flüchtigen Bettgeschichten sind Vergangenheit, das dauernde Gerede über Brüste und Ärsche auch. Baroni ist erwachsen geworden.
    Vorübergehend, sagt Max.
    Er ist kaum wiederzuerkennen, ist häuslich geworden, verkriecht sich in seinem Luxuswohnzimmer, macht die Vorhänge zu, versteckt sich mit seiner spanischen Schönheit vor der Welt. Nicht aber vor Max, die gemeinsamen Abende haben Tradition, und wenn la Ortega unterwegs ist, verbringt er nach wie vor mehr Zeit auf der Terrasse von Max als auf seiner eigenen. Die Liebe hat sich nicht zwischen die beiden gestellt, Hanni nicht, la Ortega nicht. Immer wieder sind sie zu zweit, immer wieder auch zu viert. Flamencoabende, gemeinsame Essen, Trinkgelage, schließlich auch Sauna.
    Seit sie sich kennen, hat Max Baroni zu überreden versucht, mit ihm in die Friedhofssauna zu kommen, doch Baroni hat immer abgewehrt.
    Nicht mit den Bauern, sagte er, niemals, nicht in diesem Leben.
    Hunderte Aufgüsse wurden unten im Garten zelebriert, während Baroni oben auf seiner Terrasse stand und zuschaute, wie sie nackt im Garten lagen, im Schnee, im Herbstgras, in der Sommersonne glücklich, lächelnd neben den Toten. Max versuchte es immer wieder, doch Baroni blieb hart. Erst als la Ortega in sein Leben kam, öffnete er sich und würdigte das kleine Holzhäuschen. Zuerst mit Worten, später mit seiner Anwesenheit. Die kleine, mit Liebe zusammengenagelte Blocksauna wurde Baroni zum Verhängnis.
    La Ortega schwärmte vom Schwitzen, sie bearbeitete Baroni mit allem, was sie hatte, wochenlang schrie sie nach oben, bat ihn herunterzukommen, mit ihr und den anderen zu schwitzen, doch Baroni blieb eisern. Erst als sie ihm androhte, nie mehr mit ihm zu schlafen, ging er mit ihr.
    Baroni in der Sauna. La Ortega, Max und Hanni. Vor fünf Tagen, das Wasser auf dem Ofen, nackt, schön die Körper auf der Polarfichte, Max, wie er mit dem Handtuch auf die heiße Luft einschlug. Wie sie schwitzten, redeten, lachten und wie Baronis Haut von Minute zu Minute röter wurde.
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