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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Autoren: Veronica Henry
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die Erzählperspektive. Jetzt ging es um einen jungen Mann, der in Mr. Palmers Fabrik arbeitete. Die beiden Figuren waren sehr unterschiedlich, und doch hatten sie etwas gemeinsam. Sie waren mit ihrem Leben unzufrieden. Sie langweilten sich. Beide schienen sich die Frage zu stellen: »Und das soll alles gewesen sein?«
    Terence Shaws Schreibstil war schlicht, die Dialoge waren knapp, und doch zeichnete der Text ein sehr lebendiges Bild der Welt, die er erschuf. Bald war Jane völlig fasziniert, konn te es kaum erwarten, mehr über das Schicksal der Protagonisten zu erfahren. Ihre Finger flogen immer schneller über die Tasten, während sie sich zum nächsten Kapitel vorarbeitete.
    Nie hätte sie damit gerechnet, dass Mr. Shaw so eine Geschichte schreiben würde. Sie hatte eher einen männertypischen Thriller erwartet, bei dem es um Spionage und Mord und den Eisernen Vorhang ging, Dinge, von denen sie nichts verstand. Auf keinen Fall etwas so – Emotionales. Jane wollte unbedingt wissen, wie es weiterging. Von Terence Shaw hörte sie den ganzen Morgen nichts.
    Um ein Uhr hatte sie einen Mordshunger. Sie schlich sich in die Küche, nahm ein verstaubtes Glas vom Regal und drehte den Wasserhahn auf. Das Wasser schoss mit solcher Wucht aus der Leitung, dass es ihre Bluse durchnässte. Mit einem Aufschrei wich sie von der Spüle zurück. Als sie sich vorbeugte, um den Hahn zuzudrehen, stand er plötzlich hinter ihr.
    »Sie haben wohl Hunger.«
    Er sagte es, als sei es eine Unverschämtheit, etwas essen zu wollen.
    Jane biss sich auf die Lippe.
    Er trat an einen kleinen Kühlschrank, riss die Tür auf und nahm einen Teller mit den Resten einer gewaltigen Fleischpastete heraus. Dann förderte er noch ein paar Tomaten aus dem Gemüsefach zutage.
    »Kommen Sie mit«, sagte er, und sie folgte ihm gehorsam durch das luxuriöse Wohnzimmer nach draußen auf eine Terrasse.
    Zwei alte Stühle standen an einem wackligen Tisch. Er stellte den Teller ab, ging wieder hinein und kehrte mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern zurück.
    »Ich glaube nicht, dass ich …«
    »Warum denn nicht?«
    »Ich kann mich dann nicht mehr konzentrieren.«
    »Blödsinn. Ein guter Chablis ist das Beste, um die Sinne zu schärfen.«
    Er füllte ihr das Glas mit einer strohfarbenen Flüssigkeit und schob es ihr hin.
    Jane nippte zögernd daran; Terence Shaw trank einen kräftigen Schluck aus seinem Glas und schmatzte genüsslich.
    »Köstlich.«
    »Mmm.« Sie traute sich nicht zu sagen, dass der Wein für ihren Geschmack viel zu sauer war. Für sie konnte ein Drink gar nicht süß genug sein.
    »Also. Dann erzählen Sie doch mal von sich.«
    Er streckte seine langen Beine aus, nahm sich ein Stück von der Pastete und musterte sie.
    »Na ja. Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Ich habe gerade eine Sekretärinnenausbildung gemacht. In London.«
    »Sie hoffen also, dass Sie mal einen Job als Chefsekretärin kriegen, sich in Kensington mit ein paar netten Mädels eine Wohnung teilen und dann den Mann Ihrer Träume finden und heiraten?«
    Er machte sich über sie lustig. So falsch lag er ja gar nicht mit seiner Vermutung, aber musste er sie deshalb gleich verspotten? Leider fiel ihr keine schlagfertige Antwort ein. Und das Seltsame war, dass ihr diese Zukunft, die er so treffend vorhergesagt hatte, plötzlich vollkommen öde und langweilig erschien. Einen schrecklichen Moment lang fürchtete sie, sie würde gleich in Tränen ausbrechen. Nicht weil er so grausam war, sondern weil es ihr unfair vorkam, dass sie so leicht zu durchschauen war.
    Die Augen gegen das grelle Sonnenlicht zusammengekniffen, schaute Jane auf das Meer hinaus, während sie sich eine Antwort überlegte.
    Sie konnte die Hütten nicht sehen – sie lagen zu weit unten am Strand, jenseits der Dünen –, aber sie stellte sich vor, wie ihre Eltern und Geschwister gerade am Tisch saßen und Butterbrote mit Ei aßen, und einen Moment lang wünschte sie, sie wäre auch dort.
    »Ach, wissen Sie«, sagte sie schließlich, »ich weiß einfach nicht so recht, was ein Mädchen wie ich sonst tun könnte. Ich bin in nichts besonders gut. Und besonders mutig bin ich auch nicht. Also haben Sie wahrscheinlich recht.«
    Zumindest besaß er den Anstand, ein bisschen schuldbewusst dreinzublicken. Sie hatte wirklich untröstlich geklungen.
    »Wenn das so ist«, erwiderte er, »sollten wir vielleicht mal sehen, ob wir Sie nicht ein bisschen abenteuerlustiger stimmen können.«
    Er schaute sie an, und
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