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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja
Autoren: Alex Steiner
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auch nur meine Tanten. Verwandte dritten Grades also. So viel habe ich mit denen gar nicht zu tun.«
    Â»Ãœberleg dir jetzt gut, was du sagst, Toni: Willst du mich deiner Familie vorstellen oder nicht?«
    Â»Natürlich will ich das. Natürlich.«
    Damit war die Kuh erst mal vom Eis. Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass irgendwas dazwischenkam und dieses Treffen dummerweise gar nicht stattfand. »Wirklich blöd gelaufen, Micha. Aber nimm’s nicht so tragisch, dann eben beim nächsten Mal.« Ja, so würde es laufen. Toni betrachtete das blinkende Display. Theoretisch könnte er das Handy hier überhört haben. Bei dem Trubel auf dem Bahnsteig kein Wunder. Vorsichtig ließ er es zurück in die Tasche gleiten.
    Es war das erste Mal überhaupt, dass er ein Gespräch von Micha nicht annahm. Eigentlich freute er sich ja immer, wenn er anrief. Plötzlich fühlte er sich miserabel, so als wäre er gerade fremdgegangen.
    Auf dem Vorplatz herrschte Durcheinander. Taxen, Busse, Besuchergruppen, Polizeiautos, Obdachlose, Schulklassen, dazu der übliche Pendelverkehr. Toni hielt Ausschau nach den Reisebussen, die am anderen Ende des Platzes standen, wo der Tiergarten begann.
    Und plötzlich fuhr ein bunter Schriftzug an ihm vorbei: Busreisen Schultejan, Papenburg . Das waren sie. Im Laufschritt überquerte er den Platz. Der Bus blieb stehen, die Türen öffneten sich, und sofort strömte eine Traube älterer Frauen heraus. Ohne sich umzusehen, liefen sie direkt auf die Straße, wurden von der Fahrbahn gehupt, sprangen auf den Bürgersteig, und im breitesten Platt ertönte: »Hu, do föhrt all een!«
    Toni umrundete den Bus und blickte sich um. Nirgends ein bekanntes Gesicht. Doch der Strom riss nicht ab. Und plötzlich ging es los. Da kamen sie. Tante Ebba stieg als Erste aus.

2. Kapitel
    Toni war sechs, als er das erste Mal zu Tante Ebba kam. Er verstand gar nicht, was los war. Mama ist zur Kur, hieß es. Wieder einmal. Und: Diesmal wirst du bei Tante Ebba bleiben. Da wird es bestimmt total schön. Du wirst den ganzen Tag mit deinen drei Cousins spielen können. Hier hast du ja keine Kinder in dem Alter.
    Toni hatte versucht zu lächeln. Das schienen alle von ihm zu erwarten. Also sagte er keinem, was seine drei Cousins unter Spielen verstanden: ihn in Erdlöchern gefangen zu halten und mit Spinnen und Schnecken zu füttern. Er hoffte einfach, seine Mutter würde bald zurückkehren und ihn wieder zu sich nehmen.
    Â» Du wirst eine Weile hierbleiben « , begrüßte ihn Tante Ebba in dem kalten Hausflur. Sie nahm sein Gepäck, und ihr Blick wanderte über seine Schulter hinweg in die Ferne. Für einen kurzen Moment wurde ihr hartes Gesicht ganz weich.
    Â» An dir ist nichts falsch, min Jung. Hörst du? Es ist nur alles so kompliziert. Aber du trägst keine Schuld. «
    Sie strich mit ihrer rauen, schwieligen Hand über sein Gesicht und kniff ihm viel zu fest in die Wange. Ihre Finger fühlten sich an wie Schmirgelpapier, aber er protestierte nicht.
    Â»Und jetzt zieh deine Schuhe aus, und wasch dir die Hände. In diesem Haushalt wird Ordnung gehalten. Aber das wirst du noch lernen, dafür sorge ich.«
    Tante Ebba war alt geworden. Das Haar war schlohweiß, und ihre Bewegungen wirkten längst nicht mehr so energisch wie früher. Dabei war es erst drei Jahre her, seit Toni sie das letzte Mal gesehen hatte. Oder vier? Aus irgendeinem Grund freute er sich plötzlich, sie zu sehen. Vielleicht lag das an dem Casting, das so furchtbar gewesen war. Da tat es gut, ein vertrautes Gesicht zu sehen.
    Doch wenn er mit einer emotionalen Begrüßung gerechnet hatte, dann lag er falsch. Tante Ebba trat auf ihn zu, umfasste entschlossen seinen Oberarm und zog ihn zu sich heran.
    Â»Toni, schön, dich zu sehen. Wir brauchen eine Toilette für Tante Kamilla. Und zwar schnell. Du weißt ja, wie sie ist. Sie hat sich geweigert, die Bustoilette zu benutzen. Lieber macht sie sich in die Hose, hat sie gesagt. Und lange wird das nicht mehr dauern.«
    Â»Eine Toilette?« Er musste erst mal umschalten. »Na ja, da vorne ist McDonald’s. Sonst weiß ich auch nicht …«
    Â»Gut. Das wird ihr nicht gefallen, aber es ist nicht zu ändern. Wir brauchen das Desinfektionsset aus ihrem Koffer. Wo ist denn der Busfahrer? Er muss ihren Koffer aus dem Gepäckraum holen.«
    Tante Ebba blickte
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