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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser
Autoren: Theodor Fontane
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was etwa 38 000 Piken und Gewehre erfordern würde, wovon wir nicht den hundertsten Teil haben. Wahrlich, wenn nicht eine Hoffnung auf die Fügungen der Vorsehung bliebe, man müßte vor Mißmut untergehen. Ich bringe mich persönlich bei diesem allem nicht mit in Anschlag; meine Jahre führen mich dem Ziele näher, wohin wir alle müssen. Allein wenn ich an andere denke, dann hab ich einen herzlichen Kummer, den ich mit mir herumtrage und der mich gesellschaftsscheu macht. Denn da hört man so viel überspannte Äußerungen, daß man sich ärgern muß.  
Berlin, 3. April 13
    Das Bülowsche Corps ist nun auch hier durch und zur Armee gegangen. Es war sehr gut im Stande. Darunter auch drei Eskadrons der schwarzen Husaren, die neuerdings erst wieder beritten gemacht worden sind. Sie hatten nämlich die Ehre gehabt, unter Napoleons Anführung so ruiniert zu werden, daß nur zweiundzwanzig Pferde übrigblieben. Die 4. Eskadron wird noch in Preußen komplettiert.
    Ich wollte, daß das Kutusowsche Corps auch schon in Sachsen wäre; denn in dem Augenblicke, wo der große Würger bei seiner Armee ankömmt, wird er gewiß auch gleich losschlagen. Meiner Berechnung nach stehen mit General Blücher höchstens 50 000 Preußen und Russen in Sachsen. Das ist viel zu wenig. – In Danzig herrscht die schrecklichste Teuerung; Pferdefleisch kostet das Pfund einen Taler; ebenso Butter. General Rapp treibt die kleinen Bürger heraus, und die Russen treiben sie wieder herein. Welch ein Zustand für die armen Leute! Der Spandauer Kommandant will auch zuweilen Ausfälle machen; sie mißraten ihm aber, weil die Deutschen der Garnison überlaufen. Vor zwei Tagen hatte er eine Plünderpartie nach Pichelsdorf gesandt, die jedoch von den Pichelsdorfern, mit Hilfe einiger Kosaken, tüchtig zusammengeknüppelt wurde. Man erzählt sich, Herr Staegemann würde in des Staatskanzlers Bureau kommen, Herr Beguelin aber die Bank- und Seehandlungsdirektion übernehmen. Woher der alle Weisheit nimmt, weiß ich nicht. Noch ist er in Amsterdam, wohin er wohl gegangen sein mag, um dem Pariser Ungewitter auszuweichen. – Der »Moniteur« spottet unserer schon; es wird aber schließlich auf Worte nicht ankommen. Gebe Gott nur, daß wir die ersten Schläge recht hart austeilen, dann wird sich das andere von selber finden. An gutem Willen fehlt es nicht, aber auf seiten der Gegner wird sehr wahrscheinlich wieder die Übermacht sein, weil er aus Spanien eine große Truppenabteilung herbeigeholt hat.
    Nun wird mit Bildung der Landwehr vorgegangen, was viel Schwierigkeiten hat. Es fehlt an Arbeitskräften, und wenn die Landwehr davon noch mehr fortnimmt, so werden bald auch die Handwerke stillestehn, die für die Armee arbeiten. – Das »Russisch-Deutsche Volksblatt«, das von Kot zebue hier herausgibt, kann ich Dir als eine possierliche Diatribe empfehlen. Mit dem französischen Kaiser macht er es etwas arg.  
Liebenberg, 17. April 1813
    Mit Formation unsrer Landwehr geht es rasch vorwärts, und um sie zustande zu bringen, werden wir methodisch ausgesaugt. Da hat es der freiwilligen Beiträge kein Ende. Und komisch genug, daß die schlimmsten Bankruttierer dabei immer das große Maul haben und Beiträge unterschreiben, während sie zwei- und dreijährige Zinsen schuldig sind.
    Ich werde es täglich mehr gewahr, daß unsere neue Finanzeinrichtung infolge der Zerstückelung und Zwischenstationen nichts taugt. Die Regierungen sind bange vor den regierenden Geheimen Staatsräten und diese wiederum vor dem nicht antwortenden Staatskanzler samt Umgebung. Und so herrscht eine innere Konfusion, die man früher nicht kannte. – Zu den vorgekommenen Possierlichkeiten gehört auch die , daß der Kammerherr von Podewils , der die jüngste Tochter des Kammerherrn von Reck zur Frau hat, zu den Gardekosaken gegangen ist. Er hat sich einen tüchtigen Bauch angeschafft und nichts von einem Kosaken an sich. Sobald aber das Czernischewsche Corps vor Berlin kam, ritt er zum Tore hinaus und zog mit den Kosaken herum, um sich auf dem Zug nach Oranienburg und Kremmen das Kosakische einzustudieren. Dann kam er zurück, kleidete sich ein und ist nun bei den Gardekosaken. Überhaupt, eine gute Zahl Männer ist zur Armee abgegangen, die, meines Dafürhaltens, eher zur Last als zum Nutzen sein werden.  
L., 27.April 1813
    Daß die jetzt nachrückenden russischen Truppen schmutzig und abgerissen aussehen, ist kein Wunder. Sie haben ja beinah in neun Monaten nicht den Rock vom
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