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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss
Autoren: Jennifer Estep
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und wischte ein paar Tränen fort.
    »Du kannst es behalten, wenn du willst«, sagte Metis leise. »Ich habe noch einen Abzug.«
    Ich nickte nur, weil ich meiner Stimme noch nicht wieder traute. Stattdessen ließ ich sanft die Finger über das Bild gleiten und spürte erneut, wie die Gefühle davon aufstiegen und mein Innerstes berührten.
    Eine gute Minute lang sprach keiner ein Wort, aber schließlich räusperte sich Metis.
    »Jedenfalls«, sagte Professor Metis, »waren deine Mutter und ich befreundet. Sie hat mir unzählige Male das Leben gerettet, und ich habe vor, dir denselben Dienst zu erweisen, Gwen. Deswegen habe ich deinen Stundenplan ein wenig verändert. Zusätzlich zum normalen Sportunterricht bekommst du jetzt täglich Privatstunden von einem Kampftutor, um deine Schwertkampffähigkeiten zu verbessern.«
    Kampftutor? Ich war mir nicht sicher, ob mir das gefiel.
    Metis sah in Richtung der Milchglastür. »Komm herein, bitte.«
    Eine Sekunde später drehte sich der Türknauf, die Tür öffnete sich, und Logan Quinn trat ins Büro.
    »Ich glaube, du und Mr. Quinn kennt euch bereits«, meinte Metis. »Er schien mir die logischste Wahl als dein Tutor zu sein, nach dem, was in der Bibliothek geschehen ist.«
    Ich hatte seit diesem Abend nicht mehr mit Logan gesprochen. Er war danach zwar mit Daphne und mir zu Carsons Wohnheim gegangen, hatte sich uns dann aber nicht angeschlossen, sondern erklärt, er sei müde und wolle lieber in sein eigenes Zimmer zurück. Seitdem hatte ich nach ihm Ausschau gehalten, ihn aber weder auf dem Hof noch in den Gängen je entdeckt. Und in Sport hatte er nie zu mir herübergeschaut, und in der Bibliothek war er während meiner Arbeitszeiten auch nicht aufgetaucht.
    Ich lächelte Logan an und dachte, dass das Ganze vielleicht doch nicht so schlimm werden würde, aber er bedachte mich nur mit einem eisigen Blick. Ich runzelte die Stirn. Was war hier los? Ich dachte, wir wären inzwischen zumindest Freunde, wenn nicht sogar etwas mehr. Zumindest hatte ich das gehofft.
    »Logan wird jeden Morgen vor dem Beginn des Unterrichts mit dir trainieren«, wiederholte Metis. »Du solltest wirklich alles von ihm lernen, was irgendwie möglich ist, Gwen. Denn dies ist kein Witz, und die Gefahr, in der du schwebst, ist sehr, sehr real. Hast du das verstanden?«
    Mir lief ein kalter Schauder über den Rücken, und ich nickte. Dann fiel mir noch etwas ein. »Ähm, was ist mit …«
    Ich deutete auf Vic. Es würde sich vielleicht als schwer erweisen, das Kämpfen ausgerechnet mit einem lebenden Schwert zu lernen. Und was sollte ich Logan über Vic erzählen? Sollte ich ihm sagen, was er war und von wem ich ihn bekommen hatte?
    Metis sah erst zu dem Schwert, dann blickte sie mich an. »Es ist dein Schwert, Gwen. Du wirst lernen, damit umzugehen. Ich bin mir sicher, dass es sich bei dir benehmen wird, so wie mein Kampfstab es bei mir tut. Und was alles andere angeht, das überlasse ich dir.«
    Ihr Kampfstab musste vollkommen anders sein als Vic, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass Vic mir gehorchte. Aber zumindest durfte ich Logan auf meine Art in die Geschichte des Schwertes einweihen, wann immer ich es wollte.
    »Ich denke, das war es dann für den Moment«, sagte Professor Metis. »Es ist schon spät. Zieh los und genieße den Rest des Tages, und denk daran, nächste Woche ist der nächste Aufsatz fällig.«
    »Ja, Professor Metis.«
    »Logan, Trainer Ajax hat bereits deswegen mit dir gesprochen«, wandte sich Metis an den Spartaner. »Du wirst Gwen so hart rannehmen wie nötig, damit sie schnell Fortschritte macht, verstanden?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Gut. Ihr könnt jetzt beide gehen.«
    Professor Metis griff nach einem Stapel Papiere und fing an, sie durchzublättern. Ich schob das Foto meiner Mom, das Metis mir gegeben hatte, vorsichtig in meine Tasche, um es nicht zu zerknicken. Dann verließen Logan und ich das Büro und kurz darauf auch das Geschichtsgebäude. Es war jetzt nach sechs, und der große Hof war leer bis auf ein paar Schüler, die aus dem Speisesaal oder der Bibliothek der Altertümer kamen. Die Abenddämmerung kroch über das Gras und die Bäume und badete sie in sanften Purpur- und Grautönen.
    Wir blieben am Rand des Platzes stehen, ohne uns wirklich anzusehen. Peinlich.
    »Also«, sagte ich schließlich. »Du bist jetzt mein Kampftutor?«
    Logan nickte.
    »Hat Metis dich darum gebeten? Oder hat sie dich dazu gezwungen?«
    Ich fragte, weil ich einen Hinweis darauf
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