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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition)
Autoren: Jo Berlin
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gebogene kräftige Nase. Die Narbe auf seiner Stirn war ziemlich auffällig, aber mich störte sie nicht, im Gegenteil. Mir gefallen Menschen, die nicht perfekt sind, sondern irgendein kleines Makel haben, zum Beispiel eine Zahnlücke oder abstehende Ohren. Endlich hatte Lars gefunden, was er suchte: „Du machst eine Reportage über das neue Wellness-Center, dieses Ostsee-Spa, das muss Mittwoch fertig sein.“
    „Ist das nicht der neue Anzeigenkunde?“, fragte ich spitz, denn mich nervte schon lange, dass wir eigentlich nur noch PR-Artikel für unsere Kunden schreiben mussten. Lars blickte mich verständnislos an, als es klopfte: „Bin ich etwa zu spät?“, fragte eine große, rotblonde Frau mit hammermäßig hohen schwarzen Pumps und engem Jeanskleid. Lars lächelte breit: „Nee, Celine, kein Problem!“ Er machte eine einladende Geste: „Setz dich doch!“ Für einen Moment hatte ich den Atem angehalten, jetzt musste ich mich erst einmal beruhigen. Es war die Frau aus dem Cabriolet, mit der Lars am Wochenende unterwegs gewesen war. „Celine“, was für ein Name!, dachte ich. Lars blickte in die Runde: „Celine wird hier ein halbes Jahr hospitieren. Sie hat gerade die Hamburger Journalistenschule beendet und wird hoffentlich für mehr Glamour bei uns sorgen.“ Er blickte Celine anerkennend an: „Celine arbeitet nämlich nebenbei auch als Model.“
    Ich hätte kotzen können: Ein Model in unserer Redaktion! Frauen, die ihr Geld auf diese Weise verdienten, verursachten bei mir Neidattacken ohne Ende. Diese Mädels waren einfach zu perfekt, um wahr zu sein. Diese Beine, lang, schlank und makellos, diese Haut ohne Rötungen und Pickel und dann auch noch diese Walle-Walle-Mähnen, immer top gestylt. Als Redakteurin eines Lifestyle-Magazins wusste ich natürlich, dass diese Fotos nicht der Realität entsprachen. Dank Photoshop war es möglich, jede kleinste Unebenheit zu retuschieren, und normale Frauenbeine bis ins Unendliche lang zu ziehen. Trotzdem, diese Celine sah einfach super aus, da gab es überhaupt nichts zu deuteln. Sie strahlte und zeigte dabei eine Reihe makelloser Zähne, die weißer waren, als die frisch gestärkte Tischwäsche meine Großmutter. Ihre Haut war zart und ihre Wangen etwas gerötet, als käme sie direkt vom Strand, und ihre kräftigen Haare umrahmten ihr Gesicht in gefälligen, etwas nach hinten gestuften Wellen. Ich zwirbelte eine Locke zwischen meinen Fingern, die sich trocken und borstig anfühlte. „So, dann mal an die Arbeit“, hörte ich Lars sagen, und alle erhoben sich wie auf Kommando. „Und du, Sonia, kommst bitte noch einmal in mein Büro.“
    Das konnte nichts Gutes bedeuten, dachte ich instinktiv, und deshalb schlug mir mein Herz auch gleich bis zum Hals. Ich ging erst einmal an meinen Computer und checkte die Mails, dann verdrückte ich mich in die Toilette, um mich noch einmal überzupudern. Als ich schließlich vor Lars Büro stand, war mir richtig flau zumute, aber ich riss mich zusammen und öffnete energisch die Tür. „Da bist du ja“, begrüßte mich Lars tonlos und ich setzte mich auf den Stuhl gegenüber seines Schreibtisches, der fast komplett mit Papierhaufen, Zeitschriften und Pappordnern bedeckt war. „Wie geht es dir?“, fragte er mich und das hörte sich für mich so an, als wolle er einfach irgendetwas sagen. „Gut, und dir?“, erwiderte ich daher frech, denn so leicht wollte ich es ihm auch nicht machen. Ich hatte einmal in dem Buch „Schlagfertig für Anfänger“ gelesen, dass es immer am besten ist, mit einer Gegenfrage zu antworten, wenn einem nichts einfällt. „Mmm, danke, gut“, erwiderte Lars und blickte mich an. Seine Augen wirkten auf mich irgendwie undurchdringlich, es war unmöglich zu erkennen, was er dachte. „Sonia“, begann er, „du weißt, dass wir in den vergangenen Monaten weniger Anzeigen hatten. Das heißt, wir müssen sparen. Du warst in letzter Zeit nicht immer auf der Höhe, wenn ich das mal sagen darf, und dein Zeitvertrag läuft im Oktober ab.“ Als ich nichts erwiderte, fuhr er ein wenig irritiert fort: „Du musst jetzt wirklich richtig Gas geben, sonst müssen wir uns von dir trennen. Celine …“
    „Was ist mit Celine?“, fragte ich aufgebracht und bereute sogleich, nicht cool geblieben zu sein. Lars grinste: „Sie ist jung, frisch und würde nur die Hälfte von dir kosten.“
    „Was meinst du damit?“, quiekte ich entsetzt, „willst du sie lieber haben, oder was?“
    „Das habe ich noch nicht
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