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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition)
Autoren: Jo Berlin
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Kerlchen, der mir richtig ans Herz gewachsen war. Er war ein Glück stubenrein, wenn man so etwas von einem Hasen sagen konnte, denn er ging immer auf seine Katzenklos mit Sand, die ich auf dem Balkon und im Flur aufgestellt hatte. Im Wohnzimmer stand in einer Ecke eine alte, vorne aufgesägte Badewanne, die mit Sägespänen gefüllt war. Dort war Oskars Zuhause, in das er sich allerdings nur selten zurückzog, denn am liebsten lag er langgestreckt vor dem Wohnzimmertisch auf dem Flokati-Teppich und hielt seine Nase schnuppernd in die Luft. Dort machte er es sich auch jetzt bequem und blickte zu dem flimmernden Fernsehgerät, als ob er tatsächlich auch an der Auflösung des Krimis interessiert wäre. Ich setzte mich zu ihm auf den Boden und streichelte ihn vorsichtig hinter den Ohren: „Was meinst du, Oskar, hat Lars jetzt eine Freundin?“ Statt einer Antwort drehte sich mein verrückter Hase auf die Seite und ließ sich auch auf dem Bauch streicheln. War das eigentlich normal für einen Mümmelmann?, dachte ich und hatte plötzlich eine Idee für eine Reportage für Citylight.
     
    „Haben Tiere auch Frühlingsgefühle? Was ist das denn für ein Scheiß-Thema?“ Lars blickte mich mit seinen grüngrauen Augen an und runzelte die Stirn, wodurch die längliche Narbe schräg über seiner Nase wie ein zusammengezogener Regenwurm aussah. Er saß am Kopfende des Konferenztisches und wippte auf seinem Stuhl hin und her, er war genervt und ungeduldig. „Na, das ist doch ein sehr emotionales Thema“, erwiderte ich, „außerdem wird es langsam Frühling, das passt doch.“ Ich hatte mich bemüht, meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, denn immer, wenn ich aufgeregt bin, hört sie sich unsicher und piepsig an, einfach grässlich. „Mann, Sonia, wir sind doch hier nicht bei Ein Herz für Tiere, sondern machen ein Lifestyle-Magazin! Denk dir was Besseres aus! Etwas, das sexy ist und aufregend, was unsere Leser überrascht und nicht anödet wie dieses Tierthema.“ Er ließ seinen Oberkörper nach vorne fallen und stützte sich mit den Unterarmen auf der Tischplatte auf: „Irgendwelche anderen Vorschläge?“ Unser Team war sehr klein, aber effektiv. Ich wunderte mich immer wieder, wie es uns jeden Monat gelang, ein Magazin mit mindestens hundert Seiten zu produzieren. Die März-Ausgabe war schon fertig und sollte heute Abend in den Druck, jetzt ging es darum, sich etwas für den April auszudenken. Mir schräg gegenüber saß Sophie, eine schlanke Rothaarige mit einem durchtrainierten Körper, den sie sich durch tägliches Sporteln im Fitnessstudio erarbeitet hatte. Sie kam jeden Tag entweder mit ihrem Rennrad oder ihren Inlinern in die Redaktion und konnte eigentlich keinen Moment still sitzen. Deshalb hatte sie ihren Bürostuhl auch gegen einen knallblauen Gymnastikball ausgetauscht, mit dem sie beim Schreiben hin und herwippen konnte. Neben ihr saß Dominic, unsere Edelfeder, er hatte einen Doktor in Philosophie und eine Leidenschaft für alles Kulinarische und war bei uns deshalb für alle Themen rund um das Kochen und den Genuss zuständig. Er war schon 35 Jahre alt und der älteste bei Citylight. Er hatte einen rundlichen Körper, der irgendwie mädchenhaft wirkte, und schlanke, lange Hände, auf denen unheimlich viele schwarze lange Haare wuchsen. Wie der Rest seines Körpers haarmäßig aussah, konnte ich nur ahnen, weil er immer langarmige Hemden trug, die bis oben zugeknöpft waren, und lange Hosen, auch im Sommer. Dominic räusperte sich und schob seine Joop-Brille zurück: „Also ich würde gern das neue Restaurant StrandHaus in Dänisch-Niendorf portraitieren“, sagte er leise, „die haben dort eine fantastische spanische Küche und das Restaurant liegt direkt am Meer.“
    Lars nickte: „Gebongt.“ Dominic atmete erleichtert aus und tippte etwas in sein schwarzes iPad, das er in einer dunkelbraunen Umhängetasche aus Leder immer bei sich trug. Sophie bekam den Auftrag, auf der Straße ein paar Leute über den neuen Modetrend „Knallfarben“ zu interviewen und entsprechende Fotos zu machen. Einen Moment breitete sich eine unangenehme Stille im Raum aus, denn nun ging es darum, welches Thema ich realisieren sollte. „Und du, Sonia“, sagte Lars und durchblätterte den Papierhaufen, der vor ihm lag. Er sah heute wieder einfach umwerfend aus. Sein blondes, dichtes Haar war perfekt geschnitten und mit etwas Gel nach hinten frisiert. Er hatte ein männliches, kantiges Gesicht und eine leicht
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