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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition)
Autoren: Jo Berlin
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Eingangsbereich war klein, gleich rechts ging es zur Küche, die ikea-mäßig eingerichtet war, geradeaus befand sich mein Wohnzimmer mit einem Esstisch aus Holz und passenden Stühlen, die ich einmal günstig bei eBay geschnäppt hatte und ein hellbeiges Kuschelsofa mit einem kleinen Tisch davor, auf dem sich die Gala, die Freundin und die Vogue stapelten – ich bin nämlich ein Frauen-Zeitschriften-Junkie. Der absolute Hammer waren aber die Räume oben: Ein Schlafzimmer mit einem Zwei-mal-zwei-Meter-Bett und einem riesigen Schrank für meine umfangreiche Klamotten-, Schuh- und Taschensammlung (ich bin nicht nur ein Zeitschriften-, sondern auch ein Modejunkie) und daneben mein Arbeitszimmer mit einem weißen Schreibtisch und meinem Mac Book Pro, einem großzügigen Geschenk meiner Eltern, sowie zwei Billy-Regalen mit den ganzen Ordnern und Büchern. In einer Ecke war noch ein Schlafsofa für Besucher, die über Nacht blieben. Wenn man das Fenster von meinem Arbeitszimmer öffnete und sich weit hinauslehnte, war sogar Meerblick inklusive. Für kein Geld der Welt würde ich diese Wohnung aufgeben oder mit jemandem teilen, noch nicht einmal mit einem Mann. Diese Räume waren mein Refugium, meine Höhle und meine beständige Rückzugsmöglichkeit, wenn mir mal wieder alles über den Kopf wuchs. Ich zog mir die Klamotten aus und duschte erst einmal ausgiebig mit meinem neuen, nach Meer duftenden Duschgel. Dann rubbelte ich mich ab und zog mir nur ein graues T-Shirt und meine schwarze Schlabberhose über, die nassen Haare hatte ich mit Hilfe eines Handtuches nach oben gezwirbelt. Ich ließ mich aufs Sofa plumpsen und schaltete mit der Fernbedienung die Glotze an, gerade waren die Acht-Uhr-Nachrichten beendet und in wenigen Minuten begann der „Tatort“, der diesmal aus Münster kam, besser ging es nicht. Leider konnte ich mich nicht wirklich auf den Krimi konzentrieren, denn die ganze Zeit musste ich an Lars denken. Ob diese Frau im Auto seine Freundin war? Ich arbeitete jetzt seit drei Jahren als Redakteurin und Autorin bei Citylight. Lars, der eigentlich einmal in einer Bank angestellt gewesen war, war der Herausgeber und Chefredakteur. In fast zehn Jahren war es ihm gelungen, sein „Baby“ wie er das Magazin gern nannte, am schwer umkämpften Markt zu etablieren – und das, obwohl er eigentlich gar kein Journalist oder Verlagskaufmann war. Seit ich dort arbeitete, war er nie in Begleitung in die Redaktion gekommen, und es hatte auch nie eine Frau privat für ihn angerufen, soweit ich das mitbekommen hatte. Trotz – oder gerade wegen – seines abfälligen Verhaltens hatte ich mich gleich am ersten Tag unserer Zusammenarbeit in ihn verknallt. Das war ein echtes Problem, denn von seiner Seite kam da gar nichts, nur Arbeitsanweisungen und Kritik nach dem Motto: „So kannst du das nicht lassen, schreibe das noch einmal, mit mehr Pep, aber zackig!“ Wenn es ganz schlimm kam, setzte er sich an meinen Rechner und formulierte meine Artikel einfach um, ob danach der Inhalt dann noch der Wahrheit entsprach oder nicht, war ihm egal: „Sonia, mehr Bild-Style, wie oft soll ich dir das denn noch sagen? Du schreibst wie für die Apothekenrundschau, dabei bist du doch noch nicht mal dreißig, oder?“ Lars war immer absolut vernichtend in seiner Kritik, aber meinen Kollegen erging es nicht besser. Mir graute schon vor der Themenkonferenz am Montag, wie immer pünktlich um 10:00 Uhr. Ich hatte überhaupt gar keine Ideen für das kommende Heft. Ende Februar war einfach nichts los, erst um Ostern herum gab es wieder interessante Themen, über die wir berichten konnten: Osterfeuer, Wochenendtrips nach Sylt, die neue Frühlingsmode ... Aber zurzeit war tote Hose in Kiel und im Land zwischen den Meeren. Ich öffnete die Balkontür, um Oskar reinzulassen, meinen Hasen und einzigen von mir tolerierten Mitbewohner. Tagsüber hoppelte er manchmal gern draußen herum, aber wenn es abends und kälter wurde, kam er zu mir in die Wohnung zurück. Oskar war fast so groß wie ein kleiner Hund, mit graubraunem dichtem Fell und zwei mittellangen flauschigen Ohren. Er war kein Rassetier, also ein Blauer Riese oder was es sonst so gibt, sondern eine wilde Mischung aus dem Tierheim. Ich hatte ihn auch von dort, denn als ich einmal eine Reportage über den geplanten Neubau eines neuen Hundehauses geschrieben hatte, war er mir quasi vor die Füße gehoppelt – er hatte sich durch den Zaun des Außengeheges gebuddelt. Oskar war ein putziges
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