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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition)
Autoren: Jo Berlin
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Kopf und war nach wenigen Minuten eingeschlafen. Zwar hatte ich ihm zuvor deutlich zu verstehen gegeben, dass zwischen uns nichts laufen würde, aber nun war ich doch etwas enttäuscht. Es war nicht gerade schmeichelnd, wenn sich ein Mann in meinem Bett einfach umdrehte und einpennte, ohne wenigstens einen Blick auf mich zu werfen. Immerhin trug ich nur einen Slip! Ich konnte mich nicht mehr auf den Inhalt des Romans konzentrieren und ließ das Buch einfach aus der Hand auf den Boden fallen. Dann knipste ich das Licht aus. Ich starrte in die Dunkelheit, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, und mein Herz pochte wie wild. Ich überlegte, ob ich mich nicht einfach an Leon kuscheln sollte, so als ob ich mich im Schlaf verirrt hätte, aber das hatte ich nun wirklich nicht nötig. Obwohl es so spät war, konnte ich nicht einschlafen. Ich wälzte mich hin und her, stand noch einmal auf, ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken und kehrte dann in mein Bett zurück. Leon hatte sich in der Zwischenzeit nicht einen Millimeter gerührt, er schlief wie ein Stein. Ich fing an, Schäfchen zu zählen und irgendwann musste ich dann doch eingenickt sein, denn ich hatte wieder diesen schrecklichen Traum. Ich stand mit Lars vor dem Traualtar, in einem bodenlagen weißen Kleid mit Schleier, und Lars hielt mir einen goldenen Ring entgegen. Er lachte höhnisch und blickte runter auf meine Füße: Ich hatte gar keine Schuhe an! Ich kippte vor Entsetzten nach hinten um, jemand fing mich auf und umfasste meine Taille ... Im Halbschlaf spürte ich etwas Warmes, Hartes zwischen meinen Beinen und stieß reflexartig mit meinen Ellenbogen nach hinten. Es rumste laut. „Aua!“
    „Leon?“ Ich richtete mich auf und drückte auf den Schalter meiner Nachtischlampe. Leon lag nicht mehr im Bett, sondern saß zusammengekrümmt an der Wand und hielt die Hand an seinen Hinterkopf. „Ahhh“, stöhnte er und drehte sich um. „Was ist das denn für ein Scheißding an der Wand?“
    „Das ist eine Bilderleiste, Mist!“, schrie ich und rollte mich über das Bett, um zu ihm zu gelangen: „Die wollte ich schon längst abschrauben. Tut es sehr weh?“
    Er streckte mir seine Hand entgegen, die voller Blut war. „Oh Gott ...“, stammelte ich entsetzt, „das wollte ich nicht, das tut mir so leid!“
    Ich reichte ihm meine Hand und zog ihn hoch zurück aufs Bett. Er wirkte ziemlich benommen, und ich hatte Angst, dass er gleich in Ohnmacht fallen würde. Mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen, das wusste ich von Karla. Ich kniete mich hinter ihn und untersuchte die Wunde. „Das muss bestimmt genäht werden!“
    Leon ließ seinen Oberkörper nach vorn fallen: „Ich glaube, ich muss kotzen.“ Er stürzte aus der Tür und polterte die Treppe herunter. Ich griff mir ein T-Shirt und folgte ihm. Ich stand frierend vor der Badezimmertür und als Leon wieder herauskam, sah er aus wie ein Gespenst. „Ich fahr’ dich ins Krankenhaus“, sagte ich in einem Ton, der keine Widerrede duldete. „Vielleicht hast du sogar eine Gehirnerschütterung.“ Ich half Leon sich anzuziehen und verfrachtete ihn in mein Auto, obwohl er die ganze Zeit beteuerte, dass es gar nicht so schlimm sei. Den Weg zur Uniklinik kannte ich im Schlaf, so oft wie ich Karla hier besucht und abgeholt hatte. Ich brachte Leon zur Notfallambulanz in die Chirurgie. Wir hatten Glück, denn es war nicht viel los. Nachdem wir uns angemeldet hatten, kam uns gleich ein junger blonder Arzt entgegen, der Leon in ein Behandlungszimmer mitnahm. Völlig erschöpft setzte ich mich auf einen der Wartestühle und starrte die gegenüberliegende Wand an. Nach über einer Stunde schob eine Krankenschwester Leon in einem Rollstuhl vorbei. Als sie mich sah, hielt sie an und teilte mir mit, dass alles soweit in Ordnung sei, mein Freund aber für eine Nacht zur Beobachtung auf der Station bleiben müsse, da er sich eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen habe. Während sie sprach, rollte Leon hinter ihrem Rücken mit den Augen. Ich war erleichtert, denn offensichtlich ging es ihm schon besser. Ich folgte der Schwester bis zur Station und wartete, bis sie aus dem Krankenzimmer wieder herauskam. „Sie können jetzt rein, wenn sie wollen“, sagte sie zu mir und lächelte. „Aber nicht zu lang, er braucht jetzt Ruhe.“
    Das Zimmer, in dem Leon allein lag, war schmal wie ein Handtuch und sah wie eine Abstellkammer aus. Ich zwängte mich an einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen vorbei und setzte mich auf
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