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Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Vera Sieben
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Lebensende.« Und wieder
zückte sie ihr Taschentuch.
    »Wenn nur
diese schreckliche Frau nicht gewesen wäre, sie hat alles kaputt gemacht, alles.«
    Liv wurde
hellhörig.
    ›Wen meint
sie? Maria Overbeck? Bettina? Packt Monika Salmann nun endlich aus, was sie weiß?‹
    Liv schluckte
ihren Kaffee, der Platz für eine Frage machte.
    »Wer? Und
was hat sie getan?«
    »Als sie
gemerkt hatte, dass ihr Noch-Ehemann mit mir sein weiteres Leben teilen wollte,
wurde sie hellhörig, obwohl sie sich doch dauernd Freunde hielt – auf Kosten ihres
Mannes, wohlgemerkt. Aber als sie hörte, dass wir uns Kinder anschaffen werden,
war es aus. Von da an war sie völlig unberechenbar. Sie rastete fast aus bei dem
Gedanken. Sie kannte nur ein einziges Ziel, uns auseinanderzubringen und uns das
Leben zur Hölle zu machen. Sie glauben ja gar nicht, was sie sich alles hat einfallen
lassen.«
    » Es geht
um Gritta Entrup. Sie hätte Sie als Frosch wieder in den Brunnen zurückgestoßen,
nicht wahr?« Liv war erfreut über ihre poetische Analyse.
    Monika Salmann
schaute nur kurz auf, dann nach draußen.
    »Sie hat
mir mit Mord gedroht«, sagte sie leise und schaute wieder Liv an, um die Reaktion
abzuschätzen.
    Dass sie
dramatische Geschichten auftischte, waren ja bereits alle gewohnt. Dass man dann
nicht mehr entsprechend reagierte, müsste ihr doch auch klar sein. Trotz allem versuchte
Liv, ihrer Verwunderung den erwarteten und gehörigen Ausdruck zu verleihen.
    »Da kommt
diese Frau, die schon lange von ihrem Mann getrennt lebte, und zerstört unser Glück.
Ich bin sogar der Überzeugung, dass sie die wirkliche Ursache für den Selbstmord
meines Verlobten gewesen ist.«
    »Er war
sterbenskrank«, warf Liv zur Erinnerung ein.
    »Ja, und
wovon wird man sterbenskrank? Von seelischen Qualen! Sie hat ihn gequält.«
    Langsam
wurde es Liv unheimlich.
    ›Wo bleibt
nur Frank? Wenn der auf die Idee kommt, heute auszuschlafen, dann komme auch ich
auf sehr schlechte Gedanken.‹
    Liv musste
den Redefluss der Salmann nutzen. Sie musste sie noch etwas reizen. Vielleicht wollte
sie Liv ja gerade gestehen, dass sie Gritta Entrup auf bestialische Weise umgebracht
hatte? Vielleicht wollte sie es vor Liv rechtfertigen, von ihr eine Art Absolution
erhalten, nicht ungewöhnlich bei Psychopathen-Mördern. Sie legten sich die Tat so
zurecht, dass sie in ihren Augen nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu notwendig
war. Ihr Gewissen, das sogar brutale Mörder hatten, war damit beruhigt. Außerdem
hatten sie einen gewissen Stolz auf ihre noch unentdeckte Tat. Sie prahlten mit
ihrer Machtstellung, dass sie die Sache in der Hand hatten.
    Und dass
Monika Salmann ein Mensch war, der gerne Macht ausübte, war klar.
    Diese Eigenschaft
und der Drang, Lügengeschichten der außerordentlichen Art zu präsentieren, schien
Liv eine ganz besonders gefährliche Kombination. Sie erinnerte sich an das, was
Dag von der Mythomanie sagte: In Extremfällen können Mythomanen zu Mördern werden.
    »Und Sie
wollten sich für das Verhalten an Frau Entrup rächen. Sie dachten, sie hätte ihren
Noch-Ehemann umgebracht, nicht wahr?« Livs forsches Vorgehen kam wie von selbst.
Sie hielt angespannt ihre gefalteten Hände vor den Mund und wartete nun die Reaktion
ab. Dabei rechnete sie mit allem: aufspringen, anschreien, ja, sogar mit dem Zücken
einer Waffe. Aber weit gefehlt. Monika Salmann war unberechenbar. Sie blieb ruhig
sitzen, schaute Liv in die Augen mit einem Blick, dem diese nur mit Mühe standhalten
konnte, und flüsterte mit einer tiefen Stimme, die Liv bei ihr noch nie gehört hatte:
    »Und wenn
es so wäre?«
    »Dann bekommen
Sie eine gerechte Strafe«, hörte Liv sich sagen, während ihr die Luft wegblieb.
    Monika Salmann
schaute hinaus auf den kleinen See, Liv ließ ihren Blick nicht von ihr ab.
    »Ich habe
ja nur Spaß gemacht!« Sie kicherte, drehte sich unsicher um, um nachzuschauen, ob
sich schon Gäste am Büfett zu schaffen machten. Dann machte sie sich an ihr Frühstück.
Das Croissant schnitt sie schnell und schief auf, öffnete das kleine Butterpaket,
verstrich die Butter kaum auf dem Brötchen, legte gleich drei Scheiben Wurst darauf
– und biss hinein. Liv bekam keinen Bissen herunter. Sie hielt sich an der Tasse
Kaffee fest, den sie schluckweise die Kehle hinunterlaufen ließ, um nicht reden
zu müssen. Monika Salmann setzte ihren Kaffee an und schlürfte ihn laut in den Mund.
Liv traute ihren Ohren nicht, denn das war richtig laut, und heiß konnte
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