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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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Marquard?“
      „Jimmy wer?“
      Lange schaut er mich an. „Haben Sie etwas herausgefunden?“
      Ich kann nicht anders. Ich lache ihm ins Gesicht. „In der kurzen Zeit?“
      „Wenn Sie etwas in Erfahrung bringen, sind Sie verpflichtet, es uns zu sagen.“
      „Aber selbstverständlich.“
      „Gut.“
      Während er an die Decke starrt, breitet sich zwischen uns ein unangenehmes Schweigen aus.
      „Warum sind Sie von Hanseapolis hierher gezogen?“
      Obwohl er mich mit dieser Frage eiskalt erwischt, lasse ich mir nichts anmerken. „Das Schulsystem.“
      Ich ziehe vor, ihm nicht zu erzählen, dass ich abgetaucht bin, weil ich befürchte, meine frühere Chefin könne mir aus einer Laune heraus einen Killer auf den Hals hetzen.
      „Wie bitte?“ Er wirkt ehrlich erstaunt.
      „Ich habe ein Kind adoptiert und in den Isar Auen ist das Bildungssystem bekanntlich besser.“
      „ Sie haben ein Kind adoptiert?“
      „Ja, das habe ich“, antworte ich gereizt. Warum traut mir diese Vogelscheuche die Erziehung eines Kindes nicht zu? Weil ich im Gegensatz zu ihm einen Spiegel benutze?
      „Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“ Sein faltiges Gesicht straft seine Worte Lüge. „Was haben Sie eigentlich gemacht, bevor Sie … Problemlöser wurden?“
      Ich beschließe, in die Offensive zu gehen. „Warum verhören Sie mich? Stehe ich etwa unter Verdacht?“
      „Keinesfalls.“ Beschwichtigend hebt er die Hände. „Ich bin bloß neugierig. In der zentralen DNA-Datenbank steht sehr wenig über Sie.“
      Wieder zucke ich mit den Schultern.
      „Na gut.“ Er schlägt sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel. „Jedenfalls danke ich Ihnen, dass Sie mir ein wenig Ihrer Zeit geopfert haben.“ Dann steht er auf, dabei gibt sein Trenchcoat ein höhnisches Knistern von sich, und geht zur Tür. Er ist schon fast an sein Ziel gelangt, als er sich unvermittelt umdreht. „Ich hätte da noch eine Frage …“
      Wieso kommt mir die Szene plötzlich so bekannt vor?
      „Besitzen Sie eine Gehhilfe?“
      Konsterniert starre ich ihn an. „Gehhilfe? Ich?“
      „Ja, einen Stecken oder Spazierstock?“
      Genervt knete ich meine rechte Augenbraue und schweige.
      Jetzt ist es an ihm, mit den Schultern zu zucken. „Hätte ja sein können.“
      „Inspektor?“
      „Ja?“
      „Wurden Nase und Ohren des Jungen post mortem entfernt?“
      „Ich fürchte, nein.“ Brügells bohrender Blick verursacht mir beinahe Kopfschmerzen. „Unser Experte meint, das Opfer hat noch gelebt. Aber es hat nach dem Schlag gegen die Stirn so viel Blut verloren, dass es wahrscheinlich nicht mehr viel mitbekommen hat.“
      Nach diesen Worten nickt er zum Abschied, dann ist er weg.
      An meiner Hornhaut haftet immer noch das Bild des lächelnden Jungen und ich starre blind hindurch, bis die Schritte des Polizisten verhallt sind. Mir ist der Appetit vergangen.

3. Drama Lama
    Parfumeure sind wahre Künstler. Ihnen verdanken wir, dass der frühe Morgen in den Sphären nach Tau duftet und der Abend nach sonnengewärmten Ziegeln. Früher umgaben sich die Menschen mit Gerüchen wie Mystic Flowers oder Pink Kiss , doch seit die Natur immer weiter an Boden verliert, sehnen sie sich nach den Aromen ihrer Kindheit zurück. Das ist vermutlich der Grund, warum im heudurchtränkten Odeur eines warmen Sommertages, für mich höchst befremdlich, ein Hauch von Autoabgasen mitschwingt. Offenbar rührt Lionels Erfolg daher, dass sich seine Duftkreationen mit der früheren Wirklichkeit nahezu decken. Was umso verblüffender ist, als dass er mit seinen siebzehn Jahren diese Wirklichkeit niemals gekannt hat.
      Laut Jimmys Aufzeichnungen ist der Junge ein Arbeitstier gewesen, das selten vor Mitternacht Feierabend gemacht hat. In der Hoffnung, seine letzten Stunden zu rekonstruieren, beschließe ich, ViveSenz aufzusuchen. Der Hauptsitz befindet sich an der Südspitze der Biosphäre im schwach besiedelten Ostersee-Viertel. In der harten Realität ein zweigeteilter Kasten mit vier Schloten auf kahlem Gelände präsentiert er sich in Regency als rosafarbenes Sandsteingebäude inmitten eines blühenden Kirschgartens. Über dem schmiedeeisernen Tor schwebt zwischen kunstvoll geflochtenen Ranken eine riesige Aufschrift: ViveSenz – Gesellschaft für Naturaromen.
      Ich überquere gerade den Innenhof, als mich Zubys Nachricht erreicht. Von Lionels Kommunikator fehlt jede Spur. Vermutlich wurde der
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