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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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Tod hinausgeht. Vergessen Sie das bitte nicht. In Ihrem eigenen Interesse. Viel Glück.“
      Viel Glück. Hätte Mari Kirsipuu leibhaftig vor mir gestanden, ich hätte sie getötet.
      Während ich durch die Straßen gehe, schaue ich mir den Stream vom Tatort an – Regency bleibt weiterhin ausgeschaltet, damit ich die Details auf meiner Hornhaut besser erkennen kann. Die Leiche liegt rücklings über dem Blumenkübel, wobei die Beine mit den unverwechselbaren Hosen herunterbaumeln. Gesicht und Torso sind blutverklebt, die Arme stehen im rechten Winkel ab wie bei einem Gekreuzigten. Im Hinblick auf die relativ geringe Blutmenge im Kübel gehe ich davon aus, dass Lionel III. nicht dort getötet wurde. Im Unterschied zum Körper wurden Nase und Ohren offenbar gereinigt, bevor sie links von der Leiche platziert wurden. Per neuronalem Impuls zoome ich den Kopf des Opfers heran, während Passanten und Ladengalerien schemenhaft an mir vorüberziehen. Abgesehen von den Verstümmelungen im Gesicht des Opfers klafft ein golfballgroßes Loch mitten in der Stirn, als hätte sich dort jemand im Abschlagen geübt.
      Ich bin so in meine Betrachtung vertieft, dass ich das pulsierende Leuchten im unteren Menübereich erst entdecke, als ich bereits den endlosen Gang hinuntergehe, der zu meinem Büro führt. Eine Nachricht von Jimmy. Obwohl mein Magen knurrt, treibt mich die Neugier vorwärts. Keine fünf Minuten später sitze ich an meinem Schreibtisch und gehe die mir zugetragenen Infos über Lionel III. durch.
      Ich bin überrascht. Irgendwie habe ich einen würdevollen älteren Herrn mit weißem Spitzbart und Monokel erwartet, stattdessen blickt mir ein Junge von gerade einmal siebzehn Jahren entgegen – mit blauen Augen und einem etwas schüchternen Lächeln, über dem ein zerzauster blondierter Schopf thront. Filip Bach, wie das Opfer mit bürgerlichem Namen heißt, wurde 2049 in München City geboren. Ein Wunderknabe mit einem außergewöhnlichen Riecher, wie man ihn wohl nur alle hundert Jahre findet. Keine Modifikation. Keine Genmanipulation. Ein Naturtalent im buchstäblichen Sinne.
      Offenbar hat er sein Leben ViveSenz gewidmet. Wäre es nicht illegal, hätte er gar auf dem Firmengelände gewohnt. Stattdessen logierte er im Hosianna , Apartment 22o5a, einem dieser luxuriösen Komplexe im Münchner Hip-Viertel Haidhausen, in denen 24/7 gelebt und gefeiert wird und die Leute selten älter werden als dreißig. Laut Jimmy ist Lionel ein Einzelgänger gewesen, der bewusst die Anonymität der morbiden Partywelt gesucht hat, die labile junge Menschen auserkoren, um mit viel Getöse aus dem Leben zu scheiden. Gäbe es keine automatischen Geruchsmelder, könnte eine Leiche wochenlang zwischen den Feiernden harren, ohne dass jemand von ihr Notiz nehmen würde. Nicht umsonst tragen diese Einrichtungen Namen wie Himmelspforte , Pfia di Gott oder wie in diesem Fall Hosianna .
      Lionels einzige noch lebende Verwandte, eine Großtante mütterlicherseits, ist ihrem Neffen vor wenigen Wochen zuvorgekommen. Herzversagen. Wenigstens kommt die Polizei um die unangenehme Aufgabe herum, ihr die traurige Nachricht zu überbringen.
      Ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als mein Magen erneut lauten Widerspruch einlegt. Ich muss unbedingteinen Happen essen, also stehe ich auf, um das Büro zu verlassen.
      Der senffarbene Trenchcoat steht so dicht vor der Tür, dass ich ihn fast umrenne.
      „Inspektor! Wollen Sie zu etwa zu mir?“
    Brügell nickt mir ins Gesicht. Wir sind nahezu gleich groß.
      „Jetzt?“
      Wieder nickt er, also bleibt mir nichts anderes übrig als ihn hereinzubitten. Er bleibt stehen und schaut sich um. Seinem forschenden Blick entgehen weder die farbigen MiniCubes an der Wand noch die Fahndungshologramme neben der Eingangstür. Kurz verweilen seine Augen auf den dunstigen Berggipfeln jenseits des Bullauges, dann nimmt er auf dem Besuchersessel Platz, wo er direkt zum Thema kommt.
      „Was hatten Sie am Tatort zu suchen?“
      Bedächtig umrunde ich meinen Schreibtisch, lehne mich an die Wand und stelle mich dumm.
      „Neugier.“
      Er kneift die Augen zusammen. „Sie haben Aufnahmen gemacht. Das war offensichtlich.“
      Ich zucke mit den Schultern. „Ein Bekannter des Toten hat mich gebeten, mich etwas umzusehen. Das ist nicht verboten.“
      „Warum?“
      „Keine Ahnung. Solange er mich bezahlt, brauche ich keinen Grund.“
      „Ist dieser Bekannte zufällig Jimmy
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