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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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tief.“
      „So viel Sozialsinn ist selten.“ Beinahe klatsche ich vor Begeisterung in die Hände. „Wissen Sie, ob Lionel eine intime Freundin hatte? Oder einen Freund?“
      Der unerwartet vulgäre Ausdruck um ihren grell geschminkten Mund jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken.
      „Ach wissen Sie …“ Ihre Stimme ist nicht mehr als ein leises Schnurren. „Lionel war mit seiner Arbeit verbandelt. Düfte waren seine Leidenschaft. Er hatte wenig Zeit für … solche Dinge.“
      Ich gäbe meinen rechten Arm her, um jetzt den Ausdruck in ihren Augen sehen zu können. „Hatte er mit jemandem Ärger?“
      „Warum sollte er?“ Sie lehnt sich zurück und schlägt die Beine übereinander.
      „Ihm wurden Nase und Ohren abgeschnitten. Wussten Sie das?“
      Sie verzieht keine Miene. „Ja. Armer Junge.“
      So viel zu meiner Überrumplungstaktik. Neuigkeiten verbreiten sich schnell in Sphäre5 .
      „Haben Sie eine Idee, warum?“
      Sie schüttelt den Kopf. Ich kann mich kurz in ihrer Sonnenbrille sehen. „Die Nase leuchtet mir noch ein“, antwortet sie schließlich. „Ein eifersüchtiger Konkurrent vielleicht, obwohl mir niemand einfällt, der zu einer solchen Handlung fähig wäre. Aber die Ohren … Nein, tut mir leid.“
      „Mhm. Was ist mit Rupert, Ihrem Mitarbeiter?“
      „Was soll mit ihm sein?“
      „Er scheint Lionel nicht zu mögen.“
      Ivy Füchtjohann stößt ein kurzes Lachen aus. Es klingt brüchig. „Kommen Sie, Herr Verdict. Für so dumm habe ich Sie nicht gehalten. Rupert ist etwas … Nun ja, wie soll ich es ausdrücken? Er ist beschränkt. Zu wenig Sauerstoff bei der Geburt, Sie verstehen? Ich behalte ihn nur hier, weil ich es seinem Vater versprochen habe. Martin hat fast dreißig Jahre lang unserer Firma treu gedient. Er ist jetzt im Ruhestand. Ein erstklassiger Parfumeur, wenn auch nicht so talentiert wie Lionel.“
      „Auf dem Weg hierher nannte er der Verblichenen mehrmals Drama Lama“, komme ich wieder auf Rupert zu sprechen. „Was könnte er damit gemeint haben?“
      Ivy Füchtjohann breitet theatralisch die Arme aus. „Lionel war ein Genie und wie alle Genies konnte er manchmal etwas überheblich sein. Aber nicht in dem Maße, dass ihm jemand den Schädel einschlagen müsste.“ Wieder lässt sie ihr seltsames Lachen hören. „Schon gar nicht Rupert.“ Bevor ich etwas erwidern kann, steht sie abrupt auf. „Ich will Ihnen etwas zeigen.“
      Ihrer Aufforderung komme ich ohne zu zögern nach, habe ich doch bereits vor fünf Minuten eine Wanze an der Unterseite des Nierentischs angebracht. Für alle Fälle. Wir verlassen den oberen Level über den Laufsteg. Zu meiner großen Erleichterung bugsiert sie mich auf ihre rechte Seite, weg von ihrem übel riechenden Auge, und wir gelangen zu einem Nebengebäude, das durch eine schwere Schotttür verschlossen ist. Der Durchgang ist mit einem Netzhaut-Scanner und einem Zahlencode-Display gesichert. Als Ivy Füchtjohann ihre Brille abnimmt, um ihr gesundes Auge auf die Apparatur zu richten, wende ich mich diskret ab. Kurz darauf gleitet die Tür zur Seite und wir finden uns in einem weißen Flur wieder. Schlagartig überkommt mich eine dumpfe Leere, die ich mir nicht erklären kann. In meinem Hals bildet sich ein Kloß und hinter meinen Augenäpfeln pocht es verdächtig, bis mir auf einmal klar wird, dass es hier keinerlei Gerüche gibt. Nicht einmal der stechende Duft von Sterilität. Nichts.
      „Lionel III. soll einen Virtuellen Kommunikator besessen haben“, beeile ich mich zu sagen, bevor mich die Trauer vollends übermannt. Das Sprechen fällt mir schwer und ich muss mich räuspern. „Warum trug so ein junger Kerl wie er kein Neuroimplantat? Das ist doch praktischer.“
      „Er hatte die Befürchtung, dass das Implantat seine Arbeit einschränkt.“
      „Was haben die Augen mit dem Geruchsinn zu tun?“
      „Nichts. Aber so war er halt.“
      „Wo wird dieser Kommunikator jetzt sein? Was glauben Sie?“ Ich versuche, beiläufig zu klingen.
      Sie wirft mir einen Seitenblick zu und schnaubt. „Bei der Leiche vermutlich. Oder kennen Sie irgendjemanden , der ohne Kommunikator aus dem Haus geht?“
      Die halbhohen Absätze ihrer Stiefeletten klacken laut auf dem Kachelboden, als sie energisch voranschreitet. Wir passieren etliche geschlossene Räume, bis sie plötzlich vor einer Tür Halt macht, die sich nicht im Geringsten von den vorherigen unterscheidet. Wieder ein Zahlencode,
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