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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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starrt mich aus leeren Augenhöhlen an, während es auf den Fußballen wippt. Wir können uns also in Ruhe unterhalten.
      „Dass die Polizei den Kommunikator sicher gestellt hat, ist unwahrscheinlich“, flüstert mir der echte Jimmy verschwörerisch ins Ohr.
      Der sündhaft teure Duft seiner Wildlederjacke sticht mir in die Nase und ich rücke unmerklich von ihm ab.
      „Woher wollen Sie das wissen?“ Schließlich trennt sich kein Mensch freiwillig von seinem Virtuellen Kommunikator. Es sei denn, er steigt unter die Dusche.
      Unschlüssig schaut mich Jimmy an. Sein fleischiges Gesicht hat eine leichte Rötung angenommen.
      „Jimmy, das nervt! Entweder Sie sagen, was ich wissen muss, oder jemand anders holt Ihre Karre aus dem Dreck.“
      Er seufzt. „Ich habe eine Konfirmandenblase und als ich heute Nacht wieder einmal austreten musste …“, ich kann seine gehauchten Worte nur mit Mühe verstehen, „… habe ich durchs Fenster den armen Kerl im Blumenkübel entdeckt. Ich bin runter, um nachzuschauen. Ich habe Lionel sofort an seinen Knickerbockern erkannt. Dann …“, kurzes Räuspern, „… habe ich die Leiche durchsucht, aber der Kommunikator war nicht da.“
      „Warum?“
      „Warum was?“
      „Warum haben Sie nach dem Kommunikator gesucht? Hat Lionel III. Sie erpresst?“
      „Nein!“
      „Sicher?“
      „Ja.“
      Ich glaube ihm nicht, dennoch bedränge ich ihn nicht weiter. „Erstaunlich, dass die Securities die Leiche nicht zuerst entdeckt haben. Hier wimmelt es doch von denen.“
      Es folgt das für Jimmy typische, durch die Nase herausgepresste Schnaufen, dem er seinen Spitznamen verdankt. „Es sind doch alles Trottel!“
      „Vielleicht wurden sie geschmiert“, mutmaße ich laut. Securities erhalten einen verhältnismäßig kargen Lohn.
      „Wäre nicht das erste Mal.“
      „Vielleicht von Ihnen?“
      Mein Versuch, Jimmy aus der Reserve zu locken, geht mächtig in die Hose.
      „Glauben Sie, was Sie wollen“, entgegnet er ungerührt. „Aber finden Sie den Kommunikator.“
      Ich atme ein paar Mal durch und lasse meinen Blick über den bunten Himmel wandern. „Wie sieht das Teil aus?“
      „Gut, dass Sie fragen, Verdict. Es handelt sich dabei nicht um die handelsübliche schmale Brille mit ausfahrbaren Gläsern. Lionels Kommunikator ist eine Sonderanfertigung. Sehr aufwändig gestaltet. Sobald er aktiviert wird, färbt sich die Fassung mintgrün und zum Vorschein kommen winzige Lavendelblüten, die nach allen Seiten wachsen. Die Gläser selbst schimmern mal violett, mal himmelblau.“
      „Sensationell.“ Ich zupfe einen imaginären Fussel vom Ärmel. „Jimmy, was befindet sich auf dem Kommunikator?“
      „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“
      „Haben Sie einen Clown gefrühstückt? Sie hauen heute einen Joke nach dem anderen raus! Etwas Futter müssen Sie mir schon liefern.“
      „Tut mir leid, Verdict, wirklich.“
      „Ist es etwas Sexuelles?“
      Schweigen.
      „Korruption? Veruntreuung?“
      Starres Geradeausgucken.
      „Mord?“
      Jimmy befindet sich im Ausnahmezustand. Er blinzelt nicht einmal.
      „Ich soll also im Trüben fischen?“
      Die Salzsäule bekommt Risse. „Es geht nicht anders.“ Das klingt ehrlich zerknirscht. „Ich kann Ihnen darüber nichts erzählen. Das ist zu Ihrem Besten, glauben Sie mir.“
      Meine Gedanken rotieren. Der Fall stinkt. Andererseits bin ich wieder mal in Geldnot. Jimmys Aufträge haben mir bisher nicht mehr eingebracht als ein Fliegenschiss auf meinem Konto. Mein letzter Job hat darin bestanden, den Diebstahl eines Diamantenkolliers aufzuklären, das, wie sich am Ende herausstellt hat, versehentlich in die hauseigene Recyclinganlage geraten war. Das Kollier im Wert von gut zweihunderttausend Eurodollar war nicht mehr zu retten gewesen. Mein Schlusshonorar auch nicht, nebenbei gesagt. In der Zwischenzeit habe ich mit meinem Ziehsohn Shou mehrere Ausflüge nach München City und in die umliegenden Biosphären unternommen. Seine Deutschkenntnisse bessern sich von Tag zu Tag, wie es bei einem Kind seines Alters üblich ist. Dennoch verlaufen unsere Gespräche meistens einsilbig. Für einen Jungen, der auf den Nippon Islands aufgewachsen ist, einer Ansammlung vieler kleiner Inseln im Pazifik, ist das ockerfarbene Ödland der Isar Auen ein Schrecken ohne Ende. Zudem hat sich ein Ausdruck stumpfer Trauer in seinen schwarzen Augen festgesetzt, die ich nicht zu zerstreuen vermag. Um
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