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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette
Autoren: Marvin Entholt
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er etwas von den beiden Pulvern darüber.
    Dann nahm er einen zu einer kleinen Keule gedrehten Bogen Zeitungspapier, steckte ihn in Brand, hielt den Fidibus an sein Lagerfeuer und machte eilig zwei Schritte zurück.
    Im selben Moment schoss eine Stichflamme aus dem kleinen Haufen, gefolgt von einer Explosion. Dann brannte das Ganze mit heller Flamme.
    Enno war erschrocken und begeistert zugleich. Es hatte funktioniert! Der kindliche Zündler in ihm war erwacht, und erst einen Moment später wurde ihm klar, was das bedeutete: Focko hatte anscheinend wirklich Material zum Bombenbauen gehortet. Oder hatte er mit den Pulvern etwas ganz anderes vorgehabt, und Enno hatte in seiner verqueren Phantasie Dinge zusammengebracht, die gar nicht zusammengehörten?
    Egal, für den Moment obsiegte Ennos Freude an dem selbst fabrizierten Feuerwerk, und er machte sich daran, mutiger geworden, größere Mengen der Substanzen zu vermischen, aufzuschichten und anzuzünden.
    Er legte eine kleine Lunte aus dem Holzkohlepulver, die sofort verglomm. Das funktionierte nicht.
    Er eilte ins Haus, holte eine Flasche Doppelkorn, tränkte Zeitungspapier damit, improvisierte daraus eine zweite Lunte und steckte sie am äußersten Ende in Brand. Er lief fort, ging hinter der Hausecke in Deckung und sah zu, wie die Flamme sich schnell in Richtung eines neu aufgeschichteten Haufens fraß. Die Stichflamme war sicher zwei Meter hoch, der Knall beträchtlich, und der Hof leuchtete im Schein des Feuers. Enno trat zufrieden aus seinem Versteck und sah in die Flammen.
    Vielen Leuten kamen beim Blick ins Feuer melancholische Gedanken, und Enno erging es nicht anders, er musste an den eigentlichen Besitzer des Brandgutes denken.
    Er dachte an sein Telefon, das spät am Abend geklingelt hatte. Er hatte abgehoben, und es schrie aus dem Hörer: »Komm sofort hierher!«
    Â»Focko, bist du das?« Enno konnte die sich überschlagende Stimme nicht gleich erkennen.
    Â»Natürlich bin ich das, wer denn wohl sonst?«, schrie dieser zurück. »Ich hab einen!« Es klang der große Triumph durch, dass es ihm endlich gelungen war, den Beweis anzutreten, dass er nicht unter Verfolgungswahn litt, sondern all seine Prophezeiungen leider, endlich, eingetreten waren.
    Enno schnappte sich seine Jacke, stieg in die Schuhe und rannte zu Fockos Hof. So dicke waren sie eigentlich gar nicht, nicht mehr, aber wenn Focko um diese Zeit anrief, musste schon etwas Besonderes los sein, und er klang so, als bräuchte er Hilfe; vielleicht nicht so, wie Focko sich das selbst vorstellte, sondern eher Hilfe im Sinne einer Beruhigung.
    Enno klopfte bei Focko, die Tür gab nach, sie stand offen. Enno trat in die Stube, da lag die Zeitung, die Lesebrille darauf, eine Tasse daneben.
    Â»Focko?«
    Keine Antwort. Enno klopfte an die Tür zum Schlafzimmer, aber weil er ein dezenter Mensch war, trat er nicht ein, und so, wie Focko eben noch in Rage gewesen war, konnte er jetzt unmöglich im Bett liegen.
    Enno ging wieder nach draußen, schaute sich um und sah Licht in der Scheune. Er lief hinüber, trat ein und verstand nicht, was er da sah.
    Focko schaute sich kurz über seine Schulter nach Enno um.
    Â»Da!«, präsentierte er ihm stolz seinen Fang.
    Vor Focko saß ein Mann, der Enno fremd war und der nicht sonderlich friesisch aussah. Er war an den Beinen mit Klebeband an einen alten Stuhl gefesselt.
    Enno trat noch einen Schritt näher und sah jetzt, dass Focko eine Waffe in der Hand hatte.
    Ennos Augen weiteten sich.
    Der Mann auf dem Stuhl war ziemlich mitgenommen. Anscheinend hatte Focko ihm schon arg zugesetzt.
    Â»So, und jetzt soll er mit der Wahrheit rausrücken!«
    Â»Focko, sag mal, was machst du hier eigentlich?«, fuhr Enno ihn an. »Bist du denn bescheuert?!«
    Focko ging über die Frage hinweg.
    Â»Wir verhören ihn zu zweit. Kreuzverhör. Damit er auspackt«, erklärte er hektisch.
    Was auch immer in Focko an Hormonen zu mobilisieren gewesen war, jetzt war es aktiviert und verursachte offenbar jede Menge fataler Synapsenkurzschlüsse. Enno hatte Focko noch nie so in Rage erlebt.
    Â»Focko, jetzt mach kein’ Scheiß! Was ist denn hier los?«
    Wladimir Iljitsch Putenkow hatte bei Focko geklopft, damit war es ganz harmlos losgegangen. Putin hatte sich einen prima Plan ausgedacht, wollte ein wenig plaudern, sagen, wie schön er die Gegend fand, und fragen, wem der verlassene
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