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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette
Autoren: Marvin Entholt
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Hof nebenan gehörte.
    Â»Entschuldigung, mein Großvater hier gelebt, schön, Melancholia, verstehen …«, schmückte Wowa alias Putin gerade salbungsvoll seine Geschichte aus, als Focko einen Braten roch, wenn auch den falschen.
    Â»Dein Großvater hat vielleicht in Sibirien gelebt«, fauchte er den Fremden an, und während Putin sich noch fragte, woher der fremde Friese das wissen konnte, holte Focko einen »Peacemaker« aus seiner Küchenkommode und fuchtelte mit der Waffe vor Putins Nase herum.
    Â»Nicht mit mir, Freundchen«, schrie er ihn an, stieß ihm den Lauf des Revolvers in die Rippen und brüllte: »Vorwärts!«
    Focko schubste ihn über den Hof vor sich her, Putin stolperte in Richtung Scheune, Focko stolperte hinterher, streng darauf bedacht, den Körperkontakt mit dem Lauf der Waffe zu halten.
    Er stieß Putin in die Scheune, brüllte ihn an: »Hinsetzen«, wies auf einen alten Stuhl, auf den sich der völlig perplexe Mann aus Krasnojarsk setzte, und mit erstaunlicher Geschicklichkeit wickelte Focko Klebeband um Fesseln und Stuhlbeine. Nachdem Focko hinter der Lehne auch die Hände des Fremden miteinander verklebt hatte, konnte der sich nicht mehr rühren.
    Bis hierher war Putin also gekommen mit seiner russischen Variante des amerikanischen Traums: sich selbstständig machen, erst mal mit kleinen Gaunereien, zu einem bescheidenen Reichtum kommen, etwas aufbauen. Der Plan von Nicolaj war ihm eigentlich ein paar Nummern zu groß gewesen, aber Nicolaj war ein netter Kerl und obendrein der Einzige in Berlin, den er halbwegs kannte und dem er vertraute, und so hatte er sich auf die Sache eingelassen. Und bis jetzt war sie ja auch gut gegangen.
    Aber nun war er hier gelandet, und womit er im Leben nicht gerechnet hatte, war, im tiefsten Ostfriesland auf einen Wahnsinnigen zu treffen. Auf Focko.
    Enno sah ins Feuer, das etwas heruntergebrannt war, und als seine Augen sich an die dahinterliegende Dunkelheit gewöhnt hatten, erblickte er Johann.
    Neben Johann stand eine Schubkarre, beladen mit einem größeren Objekt, das in Folie gewickelt war. Über das Feuer hinweg sahen sich die Männer lange an.
    Johann kam näher und trat neben Enno. Der hielt ihm den Lieferschein aus dem Paket hin, das er für Focko entgegengenommen hatte, und nickte in Richtung des Häufchens auf dem Boden.
    Enno und Johann sahen sich an. Eine Regung war in ihren Gesichtern nicht zu sehen, aber ein Entschluss, und zwar einer, den sie beide fällten.
    Fast könnte man sagen, gemeinsam.

48
    Wortlos schoben sie ihre Schubkarren durch die Dunkelheit nebeneinanderher. Johann mit Focko auf der seinen, Enno hatte auf seine das Paket mit den seltsamen Pulvern geladen und eine Kiste Bier.
    Gesprochen hatten sie seit Ennos Frage in Heinrich Siedenbiedels Laden kein Wort miteinander. Sie erreichten Fockos Hof.
    Johann nickte in Richtung des Schuppens. Innen flackerte das Licht einer Taschenlampe.
    In Windeseile verwandelten sich die beiden Männer in zwei Jungs, die sich allein mit Gesten verständigen konnten, du rechtsrum, ich linksrum, Jahrzehnte hatten nichts verändert.
    Sie schlichen beide so weit um den Schuppen herum, dass sie den Urheber des Lichtspiels beobachten konnten, ohne selbst entdeckt zu werden.
    Nicolaj wankte hochbepackt, die Taschenlampe zwischen den Zähnen, mit den eingewickelten Blöcken vom Schuppen zu einem Auto, in dessen geöffneten Kofferraum er die Päckchen fallen ließ.
    Als Nicolaj schwitzend auf dem Rückweg war, um die nächste Ladung zu holen, trat Johann plötzlich aus dem Schatten.
    Nicolaj blieb kurz stehen, da traf ihn von hinten ein Schlag, und er sank in sich zusammen. Mit einem ähnlich gekonnten Schwung, wie man ihn bei Tennisturnieren bei einem guten Aufschlag sehen konnte, hatte Enno ihm von hinten eine Schaufel über den Kopf gezogen.
    Enno setzte die Schaufel zufrieden wieder ab und spürte Johanns Blick. In der Dunkelheit konnte er nicht ausmachen, ob er fragend, ärgerlich oder gar schmunzelnd ausfiel.
    Enno schaute fragend auf die Päckchen, die Nicolaj transportiert hatte. Johann signalisierte mit einer Bewegung des Kopfes, dass sie einfach zurück in den Schuppen sollten.
    ***
    Es dauerte eine halbe Stunde, bis die beiden in allen Gebäuden des Hofes Dünger, Aluminium- und Holzkohlepulver verteilt und Focko in seiner Scheune ausgepackt und halbwegs würdig aufgebahrt
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