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Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi

Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi

Titel: Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi
Autoren: Sandra Duenschede
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ihn nicht nehmen. Haie hatte zwar versucht, die Notlage zu erklären, doch die Leiterin der Tagesstätte hatte sich nicht erweichen lassen. »Er ist zu klein. Wir nehmen erst Kinder ab drei«, hatte sie die Absage begründet und ihm vorgeschlagen, er solle doch seine Exfrau fragen.
    Elke hätte Niklas wahrscheinlich auch liebend gerne genommen, aber Haie wollte ihr nicht wieder zu viel Raum in seinem Leben geben. Eine Tagesmutter zu finden war nicht so leicht, zumal Tom momentan das Geld fehlte. Er war selbstständig und hatte über ein Jahr nicht mehr gearbeitet.
    »Ich werde mich um eine Lösung kümmern, versprochen. Wenn ich ihn bis dahin …?« Der Direktor nickte. Er kannte die Umstände und im Grunde genommen hatte er den kleinen Jungen in sein Herz geschlossen.

    »Ja, aber … Wir können doch nicht ohne Heinrich fahren«, entfuhr es Erika Matzen schrill. Der Busfahrer zuckte mit den Schultern. Auf sein Hupen hin war kein Nachzügler über den Vorplatz geeilt und wie sich zwischenzeitlich herausstellte, hatte den Rentner seit Stunden keiner mehr gesehen. »Ist er überhaupt mit auf’s Schiff?«
    »Aber wo soll er denn sonst hingegangen sein?« Erika war ratlos. Sie hatte nicht darauf geachtet, ob ihr Mann an den Landungsbrücken auf das Boot gestiegen war, da sie sich angeregt mit Irmgard Lentzen über den anstehenden Musical-Besuch unterhalten hatte.
    »Ich ruf’ ihn jetzt mal an«, beschloss sie und bat Uwe Mommsen, sein Handy benutzen zu dürfen. Ihr eigenes Mobiltelefon hatte Heinrich bei sich. Mit zittriger Hand tippte sie die eigene Nummer ein und lauschte angespannt dem Rufton. Doch auch nach dem 20. Klingeln wurde am anderen Ende nicht abgehoben. »Das gibt es doch gar nicht«, murmelte Erika, während es in ihrem Kopf nur so rauschte. Wo steckte Heinrich denn bloß?
    »Ich schlage vor, dass wir die Fahrt fortsetzen«, meldete sich Erna Hansen, die Vorsitzende des Seniorenvereins zu Wort. »Heinrich kennt ja unser Programm. Er wird sich sicher irgendwo zu den vereinbarten Zeiten anfinden.« Erika nickte, obwohl sie nicht recht daran glaubte. Was, wenn Heinrich nicht auftauchte?
    Diese Frage beschäftigte sie den ganzen Tag. Vergessen waren die Schönheiten Hamburgs, die sie zwar sah, aber überhaupt nicht wahrnahm. Der Michel, die Binnenalster, das Rathaus – alles Bilder, die nicht in ihr Bewusstsein drangen, da die Sorge um Heinrich für nichts anderes Platz ließ. Sorge, zu der sich zunehmend Ärger über die anderen Mitreisenden gesellte. Denn auch wenn sie ihre Umgebung kaum wahrnahm, das Getuschel hinter sich hörte sie sehr wohl.
    »Wenn der sich man nicht auf die Reeperbahn abgesetzt hat, hi, hi, hi.« – »Herbertstraße, ho, ho, ho!« War ja typisch. Die Meiers und Ingwersens hatten mal wieder nichts anderes zu tun, als sich das Maul über andere zu zerreißen. Oder hatten sie recht? Hatte Heinrich sich absichtlich davongestohlen und war …? Er war die letzten Tage ohnehin so seltsam gewesen. Noch heute Morgen hatte sie ihn kaum ansprechen dürfen. Erika schluckte. Nein, sagte sie sich, so etwas macht mein Heinrich nicht. Es muss etwas passiert sein. Im Minutentakt wählte sie daher die eigene Nummer auf dem geliehenen Handy. Doch zwischenzeitlich schien das Telefon sogar abgeschaltet, denn statt eines Freitons meldete sich nun immer gleich die Mailbox. »Das gibt es doch gar nicht«, flüsterte Erika vor sich hin. Der Bus stoppte vor der Neuen Flora und die Gruppe stieg aus. Sie zögerte und überlegte, ob sie Heinrich suchen sollte, anstatt ins Musical zu gehen. Aber wo sollte sie anfangen?
    »Immer noch keine Nachricht von Ihrem Mann?« Der Busfahrer schien der Einzige, der die Situation einigermaßen ernst nahm.
    »Nee.«
    »Na, gehen Sie man«, forderte er Erika Matzen auf. »Ich bin hier, falls er kommt.« Ungern verließ sie den Bus. Sie würde von dem Musical sowieso nicht viel mitbekommen. Dabei hatte sie sich so darauf gefreut.
    Als die ersten Töne der Musik erklangen, entspannte sie sich jedoch wider Erwarten. Für einen kurzen Moment war die Sorge um Heinrich vergessen, da der Bühnenzauber sie in eine ganz andere Welt entführte. Erika fühlte sich leicht, beinahe, als ob sie schwebte. Doch kaum fiel der Vorhang, plumpste sie quasi auf den Boden der Tatsachen und der einsetzende Applaus holte sie vollends in die Realität zurück. Sie rannte förmlich aus dem Gebäude.
    Ehe sie den Bus erreichte, sah sie, dass nur der Fahrer darin saß, und der schüttelte auch
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