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Friedhof der Verfluchten

Friedhof der Verfluchten

Titel: Friedhof der Verfluchten
Autoren: Jason Dark
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und jetzt eine bequemere Stellung eingenommen hatte. Zeit seines Lebens war er Realist gewesen. Eine saubere Kugel war für ihn alles, da brauchte er so einen Kram nicht.
    Und doch hatte er etwas gesehen, auch das Licht war da gewesen. Als er nun in die Mulde schaute, sah alles wieder normal aus. Doch eine Täuschung. Und gerade das machte Koonz Angst. Wenn er sich täuschen ließ, deutete dies auf eine Nervenschwäche hin. Alles konnte er sich erlauben, nur so etwas nicht, dann war er bald raus aus dem Geschäft.
    Killer sind Menschen ohne Gefühl, Präzisionsmaschinen, aber gleichzeitig ungemein sensibel. Koonz machte da keine Ausnahme. Auch er war ein sehr sensibler Mensch, Störungen in seiner unmittelbaren Umwelt konnten auch ihn beeinflussen, und das vorhin war eine verdammte Störung gewesen. Selbstzweifel drangen in ihm hoch, denn so etwas war ihm noch nie vorgekommen, und er hatte wirklich schon einiges hinter sich. Nicht umsonst gehörte er zu den Topleuten seines Fachs. In der ganzen Welt hatte er gemordet, sogar im Osten, nie war ihm so etwas passiert wie hier in Schottland.
    Aber der Schrecken war noch nicht beendet. Kaum hatte Koonz wieder maßgenommen, als er die Stimmen hörte. Es waren keine normalen Stimmen, sondern geisterhafte Laute, die an seine Ohren schwangen. Von irgendwoher kamen sie, nicht einmal eine bestimmte Richtung war auszuloten, sie waren überall. Vorn, hinten - an der Seite. Brigadoon must die - Brigadoon muss sterben!
    Der Killer merkte, dass sein Herz schneller schlug. Brigadoon, das war doch die versunkene Stadt, der sagenumwobene Ort, der einem alten Fluch anheim gefallen war.
    Brigadoon must die!
    Ein Singsang war es, der die Nerven des Killers so strapazierte. Es hörte sich an, als würde ein gesamter Chor singen, dessen Stimmen nicht hell und klar waren, sondern dumpf, drohend und deprimierend. Einfach unheimlich. Aber er sah keinen.
    Koonz hatte bisher seine liegende Stellung beibehalten. Nun schnellte er hoch, drehte sich um, riss das Gewehr an die Hüfte und starrte auf den Waldrand, denn er dachte daran, dass sich die Sänger dort unter Umständen versteckt halten könnten.
    Die Bäume, deren Laub sich allmählich färbte, standen dort wie stumme Wächter dicht an dicht. Dazwischen das Unterholz, von dünnen Nebelschleiern umfangen, aber keine Gestalten, die ein Lied sangen. Und doch hatte Koonz es gehört.
    Da wollte ihn jemand verrückt machen, dessen war er sicher. Natürlich, anders konnte es nicht sein. Irgendwo hatte sich jemand versteckt, der ein Radio besaß und jetzt die Musik laufen ließ, damit er, Koonz, durchdrehte.
    Der Killer zog die Schultern hoch. Er fröstelte plötzlich. Obwohl er es nicht offen zugeben wollte, war ihm doch unheimlich zumute. Was sich hier abspielte, konnte man mit dem Wort unbegreiflich umschreiben. Er, der Realist, hatte dafür keine Erklärung.
    Ein paar Schritte ging er auf den Waldrand zu. Seine Füße knickten das hochwachsende Gras, der rechte Zeigefinger lag am Abzug, Koonz war bereit, seine Waffe sofort einzusetzen, sollte es irgendwie erforderlich sein.
    Da raschelte es links im Gebüsch. Augenblicklich drehte sich der Killer, suchte nach dem Gegner, und ein fast erleichtertes Lächeln spaltete seine Lippen, als er den »Gegner« erkannte. Ein Fuchs huschte durch das Unterholz und rannte in Zickzack-Sprüngen vor ihm weg. Der Killer atmete auf. Füchse singen nicht, sagte er sich. Er drehte sich wieder um.
    Leer lag die Mulde vor ihm. Vielleicht hatte sich der Nebel ein wenig verdichtet, das war auch alles. Jetzt musste sein Opfer kommen, sonst wurde es zu spät. Das Gewehr war zwar mit Infrarot ausgerüstet, so dass er auch im Dunkeln damit schießen und treffen konnte, aber er tötete lieber im Hellen, da konnte er auf Nummer Sicher gehen. Oder hatte man ihn mit falschen Informationen versorgt?
    Brigadoon must die!
    Fast hätte Koonz vor Wut aufgeschrien, als er abermals die traurige Melodie hörte. Sie erreichte seine Ohren, pflanzte sich durch sein Gehirn fort und brachte seine Nerven in Unordnung. Was selten bei ihm vorgekommen war, spürte er nun. Feuchte Hände… Der Schweiß rann in Bahnen an den Innenflächen entlang und sammelte sich dort, wo die Finger begannen. Auch sein Herzschlag hatte sich weiterhin verstärkt, ein Zeichen, dass die innere Unruhe bei ihm schlagartig wuchs.
    Der Killer war nervös. Und er war ehrlich genug, dies zuzugeben. Als er abermals in die Mulde schaute, da spürte er die Feuchtigkeit,
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