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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere
Autoren: Stephen King
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seiner Kehle drang ein schwacher Laut der Verzweiflung.
    Endlich griff er wieder zu seiner Tasche und suchte darin.
     
     
    Wieder im Erdgeschoß.
    Das Geräusch des Öffnens der Tür zur Vorratskammer. Das Geräusch einer Schranktür, die aufgeschlossen und dann zugeschlagen wurde. Das eifrige Quietschen des Dosenöffners, und schließlich das Öffnen und Schließen der Garagentür. Dann stand das Haus leer in der Maisonne, so wie es an einem Augusttag des Vorjahres leergestanden und darauf gewartet hatte, daß die neuen Besitzer einträfen -- und wie es jetzt darauf warten würde, daß irgendwann in Zukunft neue Besitzer kämen. Vielleicht ein junges Ehepaar, ohne Kinder (aber mit Hoffnungen und Plänen). Glückliche Jungverheiratete mit Appetit auf Mondavi-Wein und Löwenbräu-Bier -- er leitete vielleicht die Kreditabteilung der Northeast Bank, sie war vielleicht Zahntechnikerin oder hatte drei Jahre als Assistentin eines Augenarztes gearbeitet. Er würde einen halben Klafter Holz für den Kamin hacken, sie würde in einer Latzhose aus Cord auf Mrs. Vintons Feld umherwandern und Herbstgräser für die Vase pflücken, die Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden, ein heller Fleck unter grauem Himmel, ohne zu ahnen, daß über ihr ein unsichtbarer Geier in den Lüften trieb. Sie würden sich zu ihrem Entschluß gratulieren, das Haus trotz seiner Geschichte zu kaufen -- sie würden ihren Freunden erzählen, daß sie es zu einem Spottpreis bekommen hätten, und über das Gespenst auf dem Dachboden witzeln, und alle würden noch ein Glas Löwenbräu oder Mondavi trinken, und dann würden sie Halma oder Rommé spielen.
    Und vielleicht würden sie einen Hund haben.

 61
    Louis blieb auf dem unbefestigten Bankett stehen, um einen mit Kunstdünger beladenen Orinco-Laster an sich vorüberdröhnen zu lassen. Dann überquerte er, seinen Schatten hinter sich herziehend, die Straße zu Juds Haus, eine geöffnete Dose Calo in der Hand.
    Church sah ihn kommen und erhob sich mit wachsamen Augen.
    »Hi, Church«, sagte Louis und ließ seinen Blick über das stumme Haus wandern. »Hast du Hunger?«
    Er stellte die Dose mit Katzenfutter auf die Haube der Chevette und sah zu, wie Church vom Dach heruntersprang und zu fressen begann. Louis steckte die Hand in die Jackentasche. Church blickte sich um, wachsam, als könnte er Louis' Gedanken lesen. Louis lächelte und ging ein paar Schritte beiseite. Church begann wieder zu fressen, und Louis holte eine Spritze aus der Tasche. Er entfernte die Papierhülle und zog 75 Milligramm Morphium auf, steckte die Mehrfachampulle wieder in die Tasche und kehrte zu Church zurück, der sich abermals mißtrauisch umsah. Louis lächelte den Kater an und sagte: »Friß ruhig weiter, Church. Hey-ho, let's go, okay?« Er streichelte den Kater, spürte, wie sein Rücken sich wölbte, und als Church sich wieder seinem Futter zuwandte, griff Louis fest zu und senkte die Nadel tief in seine Lende.
    Church wurde elektrisch unter seinem Griff, wehrte sich, fauchte und krallte, aber Louis ließ nicht locker und drückte den Kolben der Spritze vollständig nieder. Erst danach ließ er den Kater los. Er sprang von der Chevette, fauchend wie ein Teekessel, die gelbgrünen Augen wild und bösartig. Die Spritze schwankte in seiner Lende, als er sprang, dann glitt die Nadel heraus, und die Spritze zerbrach. Louis kümmerte es nicht. Er hatte genug von allem.
    Der Kater machte sich auf den Weg zur Straße, kehrte dann um, als wäre ihm etwas eingefallen. Er schaffte den halben Weg bis zum Haus, dann begann er wie betrunken zu taumeln. Er erreichte die Stufen, sprang auf die erste und fiel dann herunter. Er lag auf der kahlen Erde am Fuß der Verandatreppe und atmete schwach.
    Louis warf einen Blick in die Chevette. Wenn er noch eine Bestätigung gebraucht hätte, so war sie hier: Rachels Handtasche auf dem Sitz, ihr Halstuch und ein Päckchen Flugtickets, halb herausgerutscht aus einer Mappe von Delta Airlines.
    Als er sich wieder umwandte und auf die Veranda zuging, hatte das rasche Flattern von Churchs Flanken aufgehört. Church war tot. Zum zweiten Mal.
    Louis stieg über ihn hinweg und ging die Stufen hinauf.
     
     
    »Gage?«
    Es war kühl in der Diele. Kühl und dunkel. Das Wort fiel in die Stille wie ein Stein in einen tiefen Brunnen. Louis warf ein weiteres hinein.
    »Gage?«
    Nichts. Selbst das Ticken der Uhr im Wohnzimmer war verstummt. An diesem Morgen hatte niemand sie aufgezogen. Auf auf dem Fußboden
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