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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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der Küchenausgabe vorbei über den Flur zur Treppe. Die Waschräume würden jetzt leerer, eine gute Gelegenheit, sich in aller Ruhe zu waschen.

Abschied
    Elke hatte gewartet, bis das Haus zur Ruhe gekommen war. Die Nachtlager waren belegt, und nach und nach erloschen die Lichter in den Räumen. Noch mit Hose und Pullover bekleidet, hatte sie sich mühsam bei trübem Zimmerlicht über ihrem Krimi wachgehalten. Ihre Gedanken verließen den Text des Buches und beschäftigten sich mit dem verbleibenden Abend. Es galt, den Tod Wiesbeils zu klären, was sie sich ja vorgenommen hatte.
    Ächzend kletterte sie aus ihrem Hochbett, nahm zur Tarnung ihren Waschbeutel und ging langsam die Treppe hinunter. Leise passierte sie die Waschräume, horchte in den Flur und schlich in die Nähe der Küche. Verhaltene Stimmfetzen und das Geräusch von Töpfen, die ver schoben wurden, überlagerten sich. Sie hastete zurück und stellte sich hinter die Tür des Nassraums, die sie einen Spaltbreit offen ließ. Mit ihrer Zahnbürste kreiste sie langsam über ihre Zähne und lauschte. Wenn sie schon mal hier war, konnte sie sich auch ruhig nachtfertig machen.
    Zuerst ging Gundi nach oben, gefolgt von Latifa. Danach hörte sie eine unterdrückte, erregte Unterhaltung. An den Stimmen erkannte sie Johannes, dann Moni.
    »Alles nur Spekulationen und Indizien, nix Konkretes«, zischte er.
    »Aber der Türkis und die Kopien der alten Akten«, flüsterte die Frau hinter ihm.
    »Beweise, sie braucht Beweise. Bleib ruhig. Ich schütz dich schon.«
    Elke spülte ihren Mund aus, schlug kaltes Wasser ins Gesicht und sah kritisch in den Spiegel. War wohl nichts mit einer ausgiebigen Waschung, dachte sie und grinste ihr Spiegelbild an. Den Kulturbeutel ließ sie auf der Ablage stehen und folgte den beiden in einigem Abstand. Als oben die Flurtür zum privaten Trakt zu fiel, konnte sie durch die Glasfüllung sehen, wie Moni links in ih re Kammer und Johannes nach rechts in einen der Räume ging. Be vor jemand auf die Idee kam, die Glastür abzuschließen, schlich sie der Küchenhilfe hinterher, klopfte kurz an ihre Tür, und schon stand sie in der Kammer.
    »Ja, was soll das denn?«, erboste sich die Bewohnerin und ging auf die Polizistin zu, die abwehrend die Hände hob. »Das ist Hausfriedensbruch.«
    »Oder nur die kurze Fortsetzung einer wichtigen Unterhaltung, ganz wie man es sieht. Im Zweifelsfall werd ich sagen, du hast mich hereingebeten. Aufregen bringt da nichts.« Sie sah sich schnell um und ging zur Anrichte hinüber. Mit den Fingern glitt sie versonnen über das Kollier aus Türkis und Korallen, das da auf rotem Samt lag. »Wunderschön«, murmelte sie und drehte sich zu Moni um, die im Raum stand. »Halt mich bitte nicht für unverschämt, aber wir wollten uns doch noch über die Ragyapas unterhalten.«
    Die Sikkimkennerin setzte sich mit hängenden Schultern auf ihr Bett. Müde sah sie aus. Elke legte ihren Kopf auf die Seite und sah sie liebevoll an. Die Frau tat ihr leid. So schön die Berge waren, hier eine Hütte zu bewirtschaften, war ein Knochenjob. Dafür musste man zäh sein, dachte sie. Mit einem »Ah!«, als ob sie sich plötzlich an etwas erinnerte, fasste sie in ihre Hosentasche und zog eine gefaltete Farbkopie hervor. »Sieh mal, dies ist eine Vergrößerung von tibetischen Schmuckstücken und Gerätschaften. So wie das da«, und sie zeigte auf das Kollier. Moni stand auf und schaute sich das Foto an.
    »Den Schmuck hab ich mir später gekauft, als ich Geld hatte. Kann mich nicht davon trennen, nehm ihn überall mit hin. Dabei trag ich ihn nie«, erklärte sie und sah weiter auf die Farbkopie.
    »Und das hier«, Elke holte wieder den zylindrischen Türkis aus der Hosentasche, »passt sehr gut dazu.« Sie legte den Stein auf den Teil des Fotos, der einen Messergriff zeigte. »Ich hab ihn einem Juwelier unten in der Stadt gezeigt und er war der Meinung, der könne nur in so etwas wie einem Griff eingefasst gewesen sein«, log sie. Im Gesicht der anderen las sie innere Aufgabe. »Al so«, fasste sie nach, »ich hab mir überlegt, dass für so eine Kulthandlung ein ganz besonderes Werkzeug nötig ist. Du weißt schon. Ich müsste also das Zerlegemesser finden.«
    Moni stand in sich zusammengesunken da, blickte zu Boden und ging zum Bett zurück.
    Als sie sich wieder drauf setzte, öffnete sich knarzend die Kammertür und Johannes füllte den Rahmen aus. Sein Blick wechselte ruhig zwischen den Frauen, er spitzte seinen Mund und
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