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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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auf Aschenbechern und den Deckeln hier. Das war die Brauerei deiner Mutter. Ich denke, der Wirt hat sentimentale Gründe dafür, was meinst du?« Als Monis Blick sich verschloss, beugte Elke sich vor und sprach sehr leise. Diese Art zu sprechen, gab ihren Sätzen bei Vernehmungen Eindringlichkeit. Da war kein Raum für Zweifel mehr, regelmäßig drängte sie ihr Gegenüber damit in die Enge. »Walfried Hocheck. Der Wirt von Sankt Nepomuk.«
    Monis Kopf schreckte hoch.
    »Der Mann war damals nicht frei, als er sich um deine Mutter bemühte. Er hatte schon eine Familie. Aber dann die Pralinenkäs­ten, Karten für die Rodelmeisterschaft und später der Fasching in München. Es kann aber auch sein, dass er sich gar nicht für sie entscheiden wollte. War der Schmerz für Magdalena Ziesen zu groß? Hat sie dich deshalb weggegeben? Wie aber hat er von dir oder du von ihm erfahren?« Moni räusperte sich und schluckte. »Dein Halbbruder Benny, der spürt eine Verbindung zwischen seinem Vater und dir, die ihm nicht behagt. Die Gerölllawine, die da vor drei Tagen auf dich niederging, als du von Sankt Nepomuk aufgestiegen bist, die war kein Zufall.« Ungläubig schüttelte Moni den Kopf. »Ja, ich hab mir die Stelle angesehen. Der Steinbrocken, der alles auslöste, war hochgehebelt worden. Der Ast lag noch da. Also, wenn du mich fragst, ist der Benny eifersüchtig auf dich. Der alte Hocheck sieht in dir wohl das bessere Kind.«
    Monis Blick lag auf dem stillen Tal, während sie mit ihren Fin gerkuppen der Maserung des Tisches nachspürte. Plötzlich straff te sie ihren Oberkörper und suchte Elkes Blick. »Die Mutter, Magdalena, schrieb ihm vor ihrem Tod. Kümmere Dich, hat sie geschrieben, Du hast eine Tochter, von der Du nichts wusstest. Fünf Jahre ist das her. Der Vater, Walfried, war ihre große Liebe gewesen, hatte aber seine Familie nicht verlassen können. Er ist doch Pächter von Sankt Nepomuk. Der Ort ist weltbekannt und Ziel von Pilgern und Touristen. Er musste einen Ruf wahren, den er geerbt hat. Sie schrieb ihm also von mir, wie ich heiße und wer mich großzog. Der Vater ist inzwischen ein alter Herr und wie viele in dem Alter bereit, sich den Sünden ihrer jungen Jahre zu stellen. Aus einer Art Sentimentalität heraus hat er mir vor zwei Jah ren geschrieben und sich vorgestellt. Mir von sich und seiner Lie be zu schreiben, ist ihn sicher hart angekommen. Den Brief hat mir dann sein Sohn hochgebracht, zum Koglerhaus. Ich hab damals auch hier gearbeitet.«
    Sie sah sich um, blickte über den dämmernden See und schlang fröstelnd die Arme um sich. »Der Benny. Ausgerechnet der musste den Postboten machen.« Lächelnd schnaubte sie. »Dem Wirt von Sankt Nepomuk ist er ein rechtes Kreuz mit seinen Künstler-Flausen. Es stimmt schon, der Vater hätte mich gern in seinem Haus. Aber er traut sich noch nicht, mich anzuerkennen. Ich dräng ihn nicht. Im Moment ist es ein schönes Gefühl, jemanden zu haben, der einen annimmt, auch wenn’s nur heimlich ist.«
    Elke hatte lächelnd zugehört. Sie gönnte Moni dieses Glück, nachdem sie ihre Zieh-Mama kennenlernen musste. Wieder kramte sie in der Tüte und legte einige Blätter kopierter Akten auf den Tisch. »Bevor wir uns in Geschichten verlieren, noch geht es um den Tod Wiesbeils. Nur, um das zu betonen. Wir beide wissen, dass die Saliha Osmanagic unschuldig ist.«
    »Osmanagic, aha. Ich hab nie gewusst, wie die mit Familiennamen heißt«, überlegte Moni. »Die Vornamen sind uns immer genug.«
    »Ich habe mich vor zwei Tagen«, bei dem Gedanken, was in der Zwischenzeit alles passiert war, schüttelte Elke den Kopf, »in Berchtesgaden umgetan. Wollte ein bisschen das Gedächtnis der Stadt erforschen. Daher weiß ich von Magdalena Ziesen, deiner Mutter, aber noch einiges mehr. Ich will versuchen, es kurz zu machen. Die Gastronomie in Sankt Nepomuk hat eine alte Geschichte und war immer im Besitz der Wittelsbacher. Nach dem Ende der bayerischen Monarchie übernahm sie der Freistaat und verpachtete sie.« Moni war überrascht, wie gut die Kommissarin sich informiert hatte, fragte sich aber, worauf sie nun hinauswollte.
    »1946 wurde der damalige Pächter von den Amerikanern festgenommen. Man warf ihm zu viel Nähe zu den Nazibonzen vor. Das jedenfalls«, Elke zog Blätter aus der Tüte neben sich und deutete auf das oberste, »geht aus einer Kopie des Berchtesgadener Anzeigers hervor. Und hier«, sie zeigte auf zwei weitere Blätter, »zeigen Akten des Stadtarchivs, dass
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