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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser
Autoren: Wolfgang Schorlau
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am Rande der Alb, und zum ersten Mal seit langem schlief Dengler gut. Er hatte Olga von seinen
     merkwürdigen Erlebnissen in Berlin berichtet. Aber auch sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Stattdessen erzählte sie
     ihm zum ersten Mal von ihrem Mann, von dieser Ehe, die sie nie gewollt hatte, auch wenn das Leben an der Seite dieses fremden
     Mannes zunächst reizvoll für sie gewesen war und er sie in die große Welt geführt hatte. Das Stehlen für ihn war reizvoll
     gewesen, ein Spiel fast. Doch dann sei er immer brutaler geworden, und sie wusste bald, dass sie wegmusste.
    Sie sprachen lang und leise miteinander. Und schliefen schließlich ein.
    * * *
    Um neun Uhr betraten sie das Polizeipräsidium. Weber empfing sie höflich, aber Dengler entging nicht, dass er distanzierter
     war als beim letzten Mal.
    »Zunächst die Gegenüberstellung«, sagte er kurz angebunden.
    Er führte sie in ein dunkles Zimmer. Durch eine große Trennscheibe sahen sie von dort in einen hell erleuchteten Raum.
    »Der ehemalige BKA-Kollege Dengler kennt das ja alles schon«, sagte er in Olgas Richtung, »und Sie haben ähnlicheSituationen vielleicht schon im Fernsehen gesehen. Wir führen jetzt acht Männer in den Raum. Bitte identifizieren Sie Ihren
     Mann und, falls Sie ihn erkennen, seinen Helfer.«
    Olga nickte, und Weber bellte einen kurzen Befehl durch eine Wechselsprechanlage. Acht Männer betraten den Raum. Die Nummer
     4 und die Nummer 8 waren die Gesuchten. Olga sah nur einmal kurz hin. Mehr war nicht nötig. Ihre Stimme zitterte nicht, als
     sie Weber die Nummern nannte. Aber ihr Gesicht war blass und die Augen dunkel.
    »Können Sie die Angaben Ihrer ... Freundin bestätigen?«, fragte Weber.
    Dengler nickte.
    Weber führte sie aus dem Raum direkt in sein Büro. Er bot ihnen zwei Stühle an, ließ sich selbst hinter seinen Schreibtisch
     fallen. Vor ihm lag ein Laptop.
    »Sie werden Ihren Exmann nicht mehr fürchten müssen«, sagte er zu Olga. »Wir fanden Gewebeteile des Toten an den Stiefeln
     der beiden. Wahrscheinlich von den Fingern. Näheres erspare ich Ihnen. Außerdem hatten sie sein Handy dabei. Sie werden nun
     dem Haftrichter vorgeführt, und die nächste Nacht verbringen sie in Stammheim.«
    Olga nickte still.
    Weber wandte sich an Dengler.
    »Und nun erzählen Sie. Die komplette Geschichte. Wenn ich auch nur einen Widerspruch finde, behalte ich Sie hier.«
    Olga schnaubte empört, aber Georg legte ihr die Hand auf den Arm. Er erzählte von Angelika Schöllkopfs Tod, von ihrer Großmutter,
     von dem Witwer, der Sekretärin und der nicht existierenden Firma Business Consult in Berlin. Und schließlich von dem merkwürdigen Telefonat.
    Weber hörte zu, hin und wieder notierte er sich etwas, und als Georg endete, sagte er: »Das erklärt eine Menge. Offenbar hat
     dieser Crommschröder unseren Toten am Tag von Angelika Schöllkopfs Tod angerufen. Vielleicht erklärt es auch, dass einige
     Ihrer früheren Kollegen vom BKA bereitsauf dem Weg hierhin sind. Ich glaube nicht, dass ich noch länger als ein paar Stunden mit diesem Fall betraut bin. Im Grunde
     ist er ja auch gelöst. Die Mörder haben wir. Wenn wir Glück haben, werden sie sich gegenseitig belasten. Und dann ist der
     Fall abgeschlossen.«
    »Das ist er nicht.«
    Dengler und Olga sprachen wie aus einem Mund.
    Weber zuckte mit den Schultern. Zeigte auf den Laptop.
    »Solange ich mit dieser Geschichte noch zu tun habe, möchte ich Ihnen Folgendes zeigen. Haben wir in dem Hotelzimmer des Toten
     gefunden.« Er öffnete den Laptop.
    »Sein Kennwort haben unsere Spezialisten geknackt: Leon der Profi. Sehr originell.«
    Er drehte den Computer um, und plötzlich starrte der Ermordete sie an.

[ Menü ]
    Videosequenz Bellgard6.mpg
    »Ich bin hier in diesem Hotelzimmer in Stuttgart. Ich mag diese Stadt nicht, habe ich das schon einmal gesagt? Na ja, dazu
     passt ja, dass ich beschlossen habe, dass das heute Abend mein letzter Auftrag ist. Irgendwann muss Schluss sein, und irgendwann
     geht immer mal was schief. Dieses Mal – ich hab ein Scheißgefühl. Ben kommt gleich. Dann warten wir ab, bis dieser armselige
     Alkoholiker wieder in der Kneipe sitzt. Ich kann gar nicht verstehen, dass der Typ so viel Staub aufgewirbelt hat. Habe ihn
     nun schon drei Tage lang beobachtet, und der Kerl hat mich nicht ein einziges Mal bemerkt. Na ja, wenn er sich das nächste
     Mal die Zähne putzt, ist es aus mit ihm.
    Heute Nacht werde ich die Sache hinter mich bringen.
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