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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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Madeline. Sie wußte nicht, daß Dorcas Sie besucht hat.«
    »Maddy, ah. Sie kann es auch nicht wissen, nein. Dorcas kam an den Tagen, wenn sie nicht hier war. Vielleicht Zufall, vielleicht aber wollte Dorcas auch, daß ihr Unterricht geheim blieb.«
    »Noch geheimer als ihre angebliche Schwangerschaft? Davon hat sie ja auch nur ihrer Tante und einer Freundin erzählt.«
    »Und mir.«
    Jury starrte ihn verblüfft an.
    Parker schüttelte den Kopf. »Also gut, ich hätte es sicher diesem Chief Inspector Bannen mitteilen sollen. Doch Sie können sich ja jetzt gewiß vorstellen, warum ich es nicht getan habe. Allerdings, die Frage -« Diesen Satz ließ er unbeendet. »Dorcas war intelligenzmäßig doch ein arges Leichtgewicht«, fuhr er dann fort. »Schusselig, konnte sich nicht mal auf eine Sauce hollandaise konzentrieren. Sie war mit dem Blick immer schon bei dem fertigen Ergebnis - einer Mousse, einem Soufflé. Aber die dazu notwendigen Schritte, die schaffte sie nicht. Weder für ein perfektes Cassoulet noch das Birnenconfit à la Parker.« Verlegen hielt er inne. »Verzeihung, ich neige dazu, beim Thema Kochen ein bißchen abzuheben.«
    Jury lächelte. »Klingt gut.« Er drehte sich um. »Riecht auch gut. Was kochen Sie?«
    »Lammragout. Sie sollten mit mir essen. Besser gesagt mit uns, denn Zel kommt, um das Dessert zu machen. Meinen Sie wirklich, daß Sie nicht hierbleiben können?« Parker fragte ihn zum drittenmal mit einer fast kindlichen Hartnäckigkeit.
    »Ich würde furchtbar gern, aber irgendwas geht mir im Kopf herum, ein Fitzelchen von einer Antwort, das beim Ragout verlorengehen könnte. Vorausgesetzt natürlich, daß Sie so gut kochen, wie es heißt.«
    Parker lachte. »Vermutlich schon.«
    Jury schaute Parker nachdenklich an. »Kann Dorcas nicht irgendwas gesagt haben, das damals -nochmal: irrelevant erschien, es aber in Wirklichkeit nicht war?«
    »Also, so können Sie es nicht ausdrücken, Wertester.« Parker lachte. »Wenn es irrelevant schien, dann hätte ich es ja wohl nicht mitgekriegt, oder?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber erzählen Sie mir alles, worüber Sie sich gewundert haben.« Jury beugte sich vor. »Denn wenn wir wissen, wer der Mann ist, dann wissen wir vielleicht auch, wer sie umgebracht hat.
    Ich muß immer wieder daran denken, was sie gesagt hat: >Ich hätte nicht hören sollen. Ich hätte es nicht tun sollen.< Auf wen gehört? Was getan? Redete sie von ihrer Schwangerschaft? Angenommen, sie hat dem Mann erzählt, sie sei schwanger.«
    »War sie aber nicht.«
    Jury schaute ihn wieder nachdenklich an und sagte dann: »Das spielt keine Rolle, solange sie dachte, sie sei es. Der angebliche Vater hätte ihr schließlich geglaubt. Dorcas hätte ihn davon überzeugt, wenn er daran gezweifelt hätte. Sie war wild entschlossen.«
    »Und als er es spitzgekriegt hat, hat er sie aus dem Weg geräumt?« Parker rieb sich wieder mit dem Pfeifenstiel die Schläfe. »Als Motiv beeindruckt mich das nicht sonderlich. Heutzutage nicht mehr. Es gibt doch praktisch kaum noch ein Verhalten, an dem wir uns stoßen. Und ledige Mütter gibt es viele. Ich weiß nicht, warum Dorcas sich mir anvertraut hat. Aber ich wußte auch nicht, warum sie mich gebeten hat, ihr Nach hilf eunterricht im Kochen zu geben. Ich hoffe, Sie glauben mir. Ich hatte überhaupt keine Beziehung zu Dorcas. Ich habe keine Ahnung, warum sie mir erzählt hat, sie sei schwanger. Eines Tages platzte sie damit heraus. Sie war ziemlich aufgeregt.«
    »Waren Sie es vielleicht, auf den sie >nicht hätte hören sollen    »Wie meinen Sie das?«
    »Haben Sie ihr irgendeinen Rat gegeben, als sie Ihnen erzählt hat, sie sei schwanger? Dachte, daß sie schwanger sei, meine ich.«
    Parker schüttelte traurig den Kopf, nahm die Brille ab, legte sie auf den Tisch und versank in Betrachtung des feinen silbernen Gestells. Nahm Schnupftabakdose und Tabatière zur Hand und legte sie wieder hin. Dann sagte er: »Ich gebe nie Ratschläge. Ich kann das nicht. In Krisen bin ich hilflos. Deshalb bin ich ja wohl auch allein, lebe ich allein.« Sein Blick schweifte durch das Zimmer, blieb an den eleganten, willkürlich zusammengefügten Stücken hängen -dem arabischen Kabinettschränkchen, der Mahago-ni-Etagère, einem venezianischen Spiegel über einem georgianischen Schreibtisch aus russischem Rosenholz, den Kiefernschränkchen aus dem achtzehnten Jahrhundert.
    »Vielleicht hat sie es Ihnen erzählt, weil Sie den Eindruck erwecken, daß man Ihnen vertrauen
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