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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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ihrer Idee. Vielleicht war ihr die Vorstellung deshalb so lieb und teuer, weil dadurch alles um so aufregender wurde. Die Menschen waren seltsam.
    Während sie miteinander sprachen, fiel ihm auf, daß ihre Stimme besonders angenehm war. Sie hatte wie ihr Bruder Trevor diesen singenden irischen Tonfall, der sich immer wieder an dem lokalen Akzent stieß. Wenn Maddy nicht so unscheinbar gewesen wäre, hätte man ihre Stimme vielleicht sogar als verführerisch empfunden. Hatte nicht der Vater oder Vi, die Schwester, erzählt, daß Dorcas' Stimme so »angenehm für die Ohren« war, daß sie sie oft gebeten hatten, laut vorzulesen?
    Ja, Madeline pflichtete ihrer Nichte Violet bei. Dorcas' Gemütsverfassung habe sich kurze Zeit vor ihrer Ermordung dramatisch verändert. »Meiner Meinung nach«, sagte Maddy, »hat ihr jemand übel mitgespielt.« Sie schnippte die Asche von ihrer Zigarette auf einen Metallaschenbecher. »Übel«, bekräftigte sie noch einmal. Wie das war, wußte sie wahrscheinlich zur Genüge.
    Er wollte gerade etwas dazu sagen, da fiel ihm ein, daß Madeline manchmal für Major Parker arbeitete. Er fragte sie, seit wann.
    »Seit Jahren, regelmäßig. Ich helfe auch, wenn er mal ein Abendessen gibt. Er ist ein großartiger Koch, hat Ihnen das schon jemand erzählt?«
    »Das haben mir alle erzählt«, lachte Jury.
    »Ich finde es schön, wenn ein Mann wie er so wunderbar kocht. Die meisten Männer würden das doch ums Verrecken nicht tun. Stellen Sie sich doch die Bande hier mal vor.« Sie deutete mit dem Kopf auf Malcolm und Ian und den alten Thomas. »Stellen
    Sie sich vor, wie sie über Cassoulets und Soufflés ihre Köpfe zusammenstecken. Schon bei dem Gedanken daran muß ich lachen. Major Parker, der ist da völlig in seinem Element.«
    Jury fielen Zels Worte ein. »Haben Sie Dorcas je bei ihm gesehen?«
    »Dorcas? Nein! Was hätte sie denn da zu schaffen gehabt?«
    »Ich habe gehört, daß Dorcas Major Parker mehr als einmal besucht hat.«
    »Wirklich? Was, um Gottes willen -« Sie lachte. »O nein, Sie wollen doch damit nicht sagen, Sie glauben, Major Parker ...? Hören Sie, der würde sich mit einem dummen kleinen Mädchen wie unserer Dorcas nie abgeben. Wenn Sie meinen, er ist derjenige, welcher ... Nein, nie im Leben. Dorcas besaß immer sehr wenig Anziehungskraft auf Männer. Ich muß es wissen, denn wir sehen uns sehr ähnlich. Sahen«, korrigierte sie sich traurig.
    Obwohl in ihrer Stimme kein Selbstmitleid mitschwang, tat sie Jury leid. »Anziehungskraft ist aber doch sehr vielschichtig. Glauben Sie, daß Dorcas' Ruf als leichte Eroberung übertrieben war?«
    Maddy schüttelte sich noch eine Zigarette aus dem Päckchen. »Ich weiß nicht. Ich weiß nur, daß sie schon als Sch ulm ädchen mit Jungen ging.«
    »>Dorcas will    Sie nickte. »Die Zeile haben die Kinder vielleicht als einziges aus ihrer Schulzeit mitgenommen. Aber selbst da wissen sie ja nicht einmal mehr, von wem sie ist.« Sie beugte sich mit ihrer Zigarette über das Streichholz, das Jury ihr hinhielt, inhalierte tief und stieß einen Rauchfaden aus.
    Jury fand den träge dahinschwebenden Rauch überaus verführerisch. Er verfolgte seine zarte Spur bis zur Decke, wo er sich auflöste. Er erinnerte sich, wie er sich auf dem Dach des Hotels in Santa Fe am liebsten in die Arme der hübschen Frauen mit dem Martini in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand gestürzt hätte. Nicht weil er Sex, sondern weil er rauchen wollte. Er überlegte, ob es wissenschaftliche Studien über die Beziehung zwischen Rauchen und Sexualität gab. »Wie vieles daran ist sexuell?«
    »An Dorcas' Verhalten?«
    »Nein. Am Rauchen.« Wahrscheinlich sah er jetzt so verschämt aus wie ein kleines Kind. Hier waren zwei Morde geschehen, und er redete über Zigaretten. »Ich versuche gerade aufzuhören.«
    Sie schaute ihn mitfühlend an und blies den Rauch von ihm weg. »Es ist schwer, ich hab's auch versucht.« Nach einer Weile Nachdenken sagte sie: »Vielleicht hat sie bei irgendwas ausgeholfen. Dorcas, meine ich.«
    Jury dachte an Zels Worte. »Sehr wahrscheinlich ist es nicht, oder, daß Dorcas beim Kochen ausgeholfen hat? Und für das Saubermachen sind Sie doch zuständig, stimmt's?«
    »Einmal in der Woche. Mehr braucht er auch wirklich nicht. Er ist sehr ordentlich. Und große Teile des Hauses sind sowieso verschlossen. Es ist also nicht soviel Arbeit, wie es aussieht. Aber wie dem auch sei, wenn Major Parker gemeint hätte, er brauchte mehr
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