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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht; bei ihm würde man ein Auge zudrücken, denn er ist Künstler, und jeder weiß, daß diese Typen exzentrisch sind und an freie Liebe glauben. Und Major Parker ist Junggeselle. Er ist auch nicht der Typ, der sich erspressen läßt. Und Dorcas hatte keinen Grund, ihn zu erpressen. Sie ist schwanger, er ist der Vater, na und?«
    Jury schwieg und beobachtete die einsame Frau am Tresen. Die Burschen am anderen Ende hatten sie begrüßt, aber keiner hatte sich zu ihr gesetzt. Da ging die Tür wieder auf, und ein alter Mann trat ein. »Mir fehlt ein Stein in dem Mosaik. Ich glaube immer noch, jemand wollte, daß sie schwieg.«
    »Na, dann hat er ja gekriegt, was er wollte«, sagte Bannen und legte auf.
    Den alten Mann hatte Jury beim letztenmal auch schon hier gesehen. Schwerfällig schleppte er sich zum Ende des Tresens, und Jury mußte an einen sturmgebeugten Baum denken. Er setzte sich zwischen Ian und Malcolm und legte seinen knorrigen Stock auf den Tresen.
    Als Julie sah, daß Jury zurückkam, lächelte sie, zog ihren Pullover herunter und strich ihren kurzen Rock glatt. Jury bestellte ein Pint Adman's und sagte ihr, sie solle den dreien eine Runde von ihm spendieren, je nachdem, was sie wollten. Er überlegte, ob er auch Madeline Reese bedenken sollte, fand es dann aber besser, wenn er sich zuerst mit ihr bekannt machte.
    Ian oder Malcolm - Jury wußte nicht, wer es war -stellte den alten Mann vor, der Thomas hieß. »Na, Sie sind wohl wegen den Morden hier, was?« sagte er.
    »Ja.«
    Tom rückte ihm unangenehm dicht auf die Pelle. »Mißbraucht worden, was?«
    »Nein, unseres Wissens nicht.« Jury lächelte.
    »Meistens ist es aber so. Bestimmt irgend so ein Perverser.« Er klopfte sich an den Kopf. »Der nur Sex in der Birne hat.«
    »Da wir gerade von Sex sprechen«, sagte Ian und senkte die Stimme, »da ist die perfekte Braut für dich, Thomas.« Er zwinkerte Jury zu und deutete mit dem Kopf auf Madeline Reese.
    Thomas blinzelte. »Wer kann das sein?«
    »Da hinten.«
    »Ich seh sie nicht, verdammt.«
    »Mann, dann setz doch deine dämliche Brille auf.«
    Thomas fummelte eine Drahtgestellbrille aus seiner Jackentasche und klemmte sich die Bügel hinter die Ohren. »Ach, du meine Güte, das ist doch die Reese. Da setz ich die Brille lieber wieder ab.« Gesagt, getan.
    Malcolm stieß Thomas mit der Schulter an. »Nu mach schon, Thomas, greif zu!«
    »Halt die Klappe, Mac. Da müßte man schon blind sein. Hör auf, mich zu verarschen.«
    Madeline sah müde aus. Bestimmt ein chronischer Zustand bei ihr, dachte Jury. Sie war es sicher müde, in Männern nichts anderes als Hohn und Spott zu erregen. Er nahm sein Glas und ging zu ihr.
    Sie wirkte aufrichtig überrascht, als er sich auf den Barhocker neben sie setzte und sie zu einem Drink einlud. Auch bei näherem Hinsehen gewann ihr Äußeres nicht. Ihr glattes braunes Haar war in der Mitte gescheitelt und hinter die Ohren zurückgestrichen. Ihre hellbraunen Augen waren wäßrig - vielleicht von einer Allergie? - und hatten die Farbe von nassem Sand. Sie wollte ein Shandy. Das hatte er seit Jahren niemanden bestellen hören. Auch ihr Kleid, ja, die ganze Maddy war veraltet, ein Überbleibsel aus früheren Zeiten. An manchen Frauen haftete die Vergangenheit wie eine Staubschicht.
    War Madeline so, wie Dorcas geworden wäre? Die Zielscheibe von Scherzen, das Objekt gespielter Begierde von Männern, die sie nur ohne Brille anschauen konnten? Während Julie Rough ihnen die Getränke brachte, kondolierte Jury Madeline. Dann erläuterte er ihr seine Position, daß er nicht zu den offiziellen Ermittlern gehöre und nur einer Freundin helfen wolle. Als Maddy erfuhr, daß die Freundin die Frau war, über deren Prozeß die Lokalblätter so haarklein berichtet hatten, wurde sie richtig aufgeregt. Nun bekam sie Informationen aus erster Hand. Sie sagte, sie könne kaum glauben, daß »unserer Dorcas« so was passiert sei. Jury gefiel das besitzergreifende »unsere«. Die Mutter hatte sich ja auch so ausgedrückt. Maddy hatte alle Zeitungen gelesen und war froh, daß diese Kennington davongekommen war. Jury nahm das als Zeichen für einen herzlichen, großzügigen Charakter. Denn immerhin blieb damit der Mord an ihrer Nichte ungeklärt. Als er ihr das sagte, errötete sie. Komplimente war sie nicht gewöhnt.
    Allerdings befürchtete sie, daß irgendwo da draußen ein Serienmörder sein Unwesen trieb. Jury versuchte sie zu beruhigen, doch ganz war sie nicht abzubringen von
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