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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen
Autoren: Emily Giffin
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New York, oder vielleicht ziehe ich mit Dex nach London. Ich werde mitten in diesem Projekt kündigen und Les einfach hängen lassen. Und auf dem Weg zur Tür werde ich ihm noch sagen, was ich von ihm denke. Und dass er wirklich mal was mit den Haaren in seiner Nase machen sollte.
    Eine Stunde lang hält er mich gefangen (während ich meine Strafe absitze, führt er sogar drei ausgedehnte Telefonate), dann bin ich erlöst. Ohne Umwege gehe ich zu Hillary. In ihrem Büro sieht es aus wie in einer Kampfzone, schlimmer als sonst. Dokumente bedecken jeden Zollbreit des Fußbodens. Beide Besucherstühle ertrinken unter Papieren, und auf ihrem Schreibtisch türmen sich Aktenordner, Verträge und alte Zeitungen.

    Sie dreht sich auf ihrem Sessel herum.«Hey du! Setz dich. Erzähl mir von deiner Reise.»
    « Wohin soll ich mich setzen?»
    « Oh. Schmeiß das Zeug irgendwohin … Wie war’s in England? Wie geht’s dir?»
    « Tja. Mal sehen», sage ich und räume einen ihrer Stühle frei.«England war super. Ich hab ein Stück weit über Dex hinwegkommen können … Aber dann kam ich gestern Abend nach Hause und erfuhr, dass Dex die Hochzeit abgesagt hat.»
    Sie schaut mich spöttisch an.«Abgesagt? Bist du sicher? »
    Ich erzähle ihr die ganze Geschichte. Sie verschlingt jedes Wort, und am Ende sieht sie aus wie jemand, der die Tür öffnet und Ed McMahon mit einem fetten Scheck und einem Fernsehteam vor sich sieht. Sie legt die flachen Hände vors Gesicht, lacht, schüttelt den Kopf und kommt dann um ihren Schreibtisch herum, um mich zu umarmen. Ihre Reaktion überrascht mich nicht. Ich habe nicht erwartet, dass sie die Feinheiten mitschneidet – zum Beispiel die Tatsache, dass Darcy und ich keine Freundinnen mehr sind. Die Tatsache, dass meine eigenen Eltern außer sich sind – und dass die Nachricht von meinem Verrat sich mit Lichtgeschwindigkeit über ganz Indiana ausbreitet.
    « Na, das sind ja wahnsinnige, wahnsinnige Neuigkeiten! Ich muss mich bei Dex entschuldigen. Scheiße. Ich hatte ihn wirklich als einen von hunderttausend hübschen Weiberhelden abgeschrieben.»
    « Aber er ist keiner.»
    « Das hab ich kapiert … Ich freu mich so für dich.»
    Ich lächele.«Und was gibt’s hier Neues?»
    « Ach, nicht allzu viel. Immer der gleiche alte
Scheiß … Julian und ich hatten unseren ersten großen Streit.»
    « Was? Wieso?»
    Sie zuckt die Achseln.«Wir hatten eine Diskussion, und sie ist eskaliert.»
    « Worum ging’s?»
    « Das ist eine lange Geschichte … aber wir haben da dieses Prinzip der totalen Offenheit. Absolut keine Geheimnisse. »
    « Geheimnisse über eure Vergangenheit?»
    « Ja. Und auch sonst. Jedenfalls, er hat sich da mit einem Mädchen im ‹Talkhouse› unterhalten, und dann hat er sie mir vorgestellt, und wir drei haben mächtig geplaudert, über allen möglichen Kram. Nachher hab ich ihn gefragt, woher er sie kannte … Er sagte, er hätte sie vor zwei Jahren im Sommer auf ’ner Party kennen gelernt … und das war’s. Eher aus Spaß hab ich gefragt: ‹Hast du mit ihr geschlafen?› Da guckt er mich bloß an … Er hatte!»
    Ich versuche nicht, mein spöttisches Grinsen zu unterdrücken.«Du bist sauer wegen einer Exfreundin? »
    « Nein. Ich bin sauer, weil ich ihn fragen musste, ob er mit ihr geschlafen hat. Er hätte es von sich aus sagen müssen! Das entspricht dem Geist unserer Vereinbarung. Jetzt mach ich mir natürlich Sorgen, dass er vielleicht nicht so ehrlich ist, wie er zu sein scheint.»
    Ich schüttle den Kopf.«Du bist irre. Und so stur.»
    « Das ist er auch … Wir haben seit vierundzwanzig Stunden nicht miteinander gesprochen.»
    « Hill! Los – du musst ihn anrufen!»
    « Kommt nicht infrage. Er hat sich doch nicht die Finger gebrochen.»
    Ton und Haltung sind kühn und trotzig, aber zum
ersten Mal sehe ich, dass sie verwundbar ist. Etwas in ihren Augen verrät sie.
    « Ich finde, du solltest ihn anrufen», sage ich.«Alles andere ist albern.»
    « Kann sein. Ich weiß es nicht. Aber andererseits sind wir vielleicht doch nicht so hundertprozentig füreinander geschaffen, wie ich zuerst dachte.»
    « Weil ihr euch einmal gestritten habt?»
    Sie zuckt die Achseln.
    « Hillary, ich finde, du übertreibst. Nimm das Telefon und ruf ihn an.»
    « Kommt nicht infrage», sagt sie, aber an dem Blick, den sie zu ihrem Telefon wirft, erkenne ich, dass ihr Widerstand schwindet.
    Wenn du verliebt bist, denke ich da, musst du deinen Stolz manchmal herunterschlucken, und manchmal
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