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Freiwild

Freiwild

Titel: Freiwild
Autoren: Anja Belle
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Aber ich stand hier ja auch nicht zum Feiern, sondern zum Arbeiten. Wenigstens hatte ich meine Kamera zum Festhalten, so dass ich wenigstens wusste, woran ich mich festhalten konnte. Mit dem Glas in der Hand war ich ganz vertieft in die Rede, die gerade gehalten wurde. Ich musste konzentriert zuhören, damit ich wenigstens ungefähr verstand, um was es ging. Auch nach so langer Zeit war mir das Englische nicht ganz geläufig geworden. Sprachen waren schon in der Schule nie wirklich meine Stärke gewesen und es hatte sich bis jetzt nichts daran geändert.
    „Na, schöne Frau!“, Micha hatte sich von hinten an mich heran geschlichen und es bereitete ihm eine diebische Freude, mich zu erschrecken. Ich zuckte zusammen und quiekte unterdrückt auf. Ein paar der umstehenden Männer drehten sich zu mir um und ich lief rot an. „Micha!“, flüsterte ich entrüstet, „Meine Güte! Wie kannst du mich nur so erschrecken?!“, aber Micha kicherte nur leise und grinste schelmisch: „Och, mir war langweilig.“ Dann betrachtete er mich von Kopf bis Fuß. „Mein Fräulein! Ich bin entzückt! Jetzt kann der Abend ja nur noch schön werden!“. Ich kicherte nun auch leise. Das Kompliment kam von Herzen und es freute mich, auch wenn ich verlegen wurde. In seiner Ausgehuniform wirkte selbst Micha irgendwie offiziell. Da war es beruhigend, dass er trotzdem zu Späßen aufgelegt war.
    „ Ich organisiere erst mal was zum Trinken. Nicht, dass du mir noch vertrocknest. Das wäre doch schade drum!“. Micha war wie immer äußerst praktisch eingestellt. Ein wahrer Freund. Es dauerte nicht lange, da kam er gleich mit einer ganzen Handvoll Sektgläsern und mit Ralf im Schlepptau an. „Ich hab dich schon gesucht“, meinte Ralf. Da ich ständig mit meiner Kamera hin und her lief, hatten wir uns aus den Augen verloren. Dankbar nahm ich Micha ein Glas aus der Hand und prostete ihm still zu. Verliebt legte Ralf mir seinen Arm um die Taille und sah mir in die Augen. „Schöne Frau...“, flüsterte er, „heute schon was vor?“. Er grinste frech. „Ja, leider“, antwortete ich ihm leise, „Erst mal muss ich hier arbeiten, um meine Brötchen zu verdienen. Tut mir Leid, schöner Mann.“ Ich lächelte ihn an. „Aber vielleicht habe ich später ein bisschen Zeit für dich.“ Ralf beugte sich zu mir runter und hauchte mir direkt ins Ohr: „Das klingt nach einem guten Plan.“ Mir lief ein Schauer den Rücken herunter, so sehr vibrierte seine tiefe Stimme in mir. Mein Gott, der Mann konnte mich alleine durch Worte feucht werden lassen!
    Ich musste mich zusammenreissen. Jetzt war nicht die Zeit für erotische Gedanken. Erst mal rief mich die Pflicht und ich entschuldigte mich bei den beiden. Dann schlängelte ich mich durch die ganzen herumstehenden Männer nach vorne, um ein paar gute Aufnahmen von dem Redner zu machen, der gerade auf der Bühne stand. Da es klang, als ob er seine Rede bald beenden würde, blieb ich vorne stehen, um auf den nächsten zu warten. Oberst Breitenbacher hatte mich entdeckt und ging auf mich zu. „Frau Hofmann! Schön Sie zu sehen! Kommen sie, wir gehen an die Bar und unterhalten uns kurz“. Er lächelte mich an und hielt mir seinen Unterarm hin, damit ich mich einhaken konnte. Mir blieb gar nichts anderes übrig als mitzugehen. Dort angekommen, holte der Oberst zwei Gläser Sekt und wir stellten uns an einen der Bistrotische, die dort aufgebaut waren. „Es freut mich, Sie so munter zu sehen!“, fing der Oberst an, „Nach dem Vorfall hatte ich mir wirklich Sorgen um Sie gemacht.“ Ich war beeindruckt, dass er sich offenbar Gedanken um mich gemacht hatte. Ich war doch nur ein kleines Lichtlein in seinem Bereich.
    „Umso mehr freut es mich, Sie arbeiten zu sehen. Ich muss gestehen, ich habe Ihre Arbeiten verfolgt und gesehen, was Sie so an Ihre Agentur geschickt haben.“ Ich hob skeptisch die Augenbrauen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie öffentlich meine Bilder hier so gehandhabt wurden. „Und das, was ich gesehen habe, hat mir gefallen. Gute Arbeit, junge Frau!“. Ich errötete bei dem Kompliment und bedankte mich artig. Der Oberst nahm ein Schluck Sekt und sprach dann weiter: „Wissen Sie eigentlich schon, was Sie nach Ihrem Besuch hier bei uns machen werden?“. Ich verneinte. Das war ja genau mein Problem: ich wollte hier nicht weg. Vor allem wollte ich nicht weg von Ralf. Weil ich die Entscheidung immer weiter vor mir her geschoben hatte, war ich in kurzer Zeit arbeitslos; von einem Zuhause
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