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Freiheit fuer Mama

Freiheit fuer Mama

Titel: Freiheit fuer Mama
Autoren: Anette Sabersky
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Toll, dieses moderne Leben. Toll, diese Väter. Einfach toll!
    Die Idee mit dem kinderfreien Abend stammt nicht von mir. Ich habe sie aus einem Buch für Paare. Es heißt Eltern werden – Partner bleiben und ist von Eva Tillmetz und Peter Themessl. Untertitel: Ein Überlebenshandbuch für Paare mit Nachwuchs. Paaren wird darin geraten, sich einen Abend in der Woche für sich zu reservieren. Bedingung ist, dass keiner an dem Abend aufs Kind zu sprechen kommt. Alle Themen sind erlaubt, nur nicht das Baby.
    Wenigstens einen Abend lang reden: über unsere Arbeit, Musik und Bücher. Zumindest in der Theorie. Denn ganz so einfach ist das natürlich nicht. Zum Lesen oder Musikhören kommen wir ja gar nicht. Und das Bild, das in Ratgeberbüchern oder Frauenmagazinen von der elterlichen Zweisamkeit gezeichnet wird, ist auch verlogen. Dort wird meist gezeigt, wie das Paar harmonisch am Tisch sitzt, zusammen isst, redet und sich überhaupt ganz, ganz nah ist. Diese Leute blicken sich verliebt in die Augen oder halten Händchen. Ganz so wie früher, bevor das Kind kam. Doch die Realität sieht manchmal ganz anders aus. Wir jedenfalls sitzen nicht ganz nah beieinander, weil wir das gar nicht mehr gewohnt sind. Und wir gucken uns auch nicht tief in die Augen, sondern starren uns etwas glasig an, weil wir so müde sind. Oft schweigen wir erst einmal ein paar Minuten – oder reden über Belangloses. Und wenn wir gerade so richtig ins Gespräch gekommen sind, dann schreit garantiert Paul oder das Telefon klingelt. Aber ich will nicht ungerecht sein. Ich finde es gut, dass wir das machen. Denn so ein klitzekleines bisschen näher kommen wir uns doch jedes Mal. Schrittchen für Schrittchen trippeln wir aufeinander zu. Noch sind es wirklich sehr kleine Schritte. Aber immerhin.
    Früher haben wir abends sehr oft zusammengesessen und miteinander gesprochen. Wir hatten immer so viele verschiedene Themen, über die wir reden konnten! Dahin möchte ich wieder kommen. Ein Hauptthema war damals natürlich die Arbeit. Schließlich waren wir beide bis zu zehn Stunden täglich im Job. Aber wir sprachen auch über die Bücher, die wir gerade lasen, über den Kinofilm, der gerade angelaufen war, oder tratschten ein bisschen über Bekannte. Daraus ergaben sich auch oft Pläne für das Wochenende. Für den Tisch zum Beispiel, an dem wir jeden Tag sitzen und essen. Er stammt von meiner Großmutter. Ich hatte gesagt: »Der braucht dringend ein neues Furnier.« Und Ben googelte ein bisschen und fand einen Schreiner, der so etwas kann: alte Holzmöbel aufarbeiten. Er schrieb die Adresse auf und wir fuhren an einem Samstag hin, redeten mit dem Schreiner und gaben die Komplettsanierung des Tisches in Auftrag. Auf dem Rückweg sprachen wir die ganze Zeit über den Schreiner. Das war ein komischer Kauz, irgendwie total verholzt. Aber nett.
    Über solche Sachen würden wir heute nicht mehr reden. Wir würden vermutlich nicht mal mitkriegen, dass das Furnier vom Tisch kaputt ist. Dafür sind wir zu abgelenkt, durch Paul, durch unseren Alltag mit ihm und durch all die tausend Dinge, die am Wochenende zu erledigen sind.
    Wenn bei Ben der Lack ab wäre, würde ich es wohl auch nicht mitbekommen. Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Schimmer, was ihn gerade wirklich beschäftigt: ob er Ärger mit seinem Chef hat, wie der Arbeitstag so ist und ob er schon zur Zahnprophylaxe und zur Darmkrebsvorsorge war. Darüber redet er im Moment nicht. Und er hat auch sicher keine Ahnung, wie es mir wirklich geht. Er weiß nicht, dass ich seit Tagen Zahnschmerzen habe, aber keine Zeit finde, zum Zahnarzt zu gehen. Dass mir der ständige Schlafmangel so zusetzt, dass ich kaum noch bis drei zählen kann. Und dass ich am liebsten abstillen würde, weil ich das Gefühl habe, dass Paul mich regelrecht aussaugt.
    Es gibt Studien, die belegen, dass viele junge Eltern mit ihrem neuen Leben nicht zufrieden sind. Anders als die lächelnden Mütter in der Rama-Werbung sind die Mamas im wahren Leben oft müde, frustriert und abgeschlafft. Sie sitzen nicht zufrieden mit ihren Lieben am Frühstückstisch und schmieren knusprig frische Brötchen, sondern mümmeln ihr Brot schweigend vor sich hin, weil sie viel zu müde zum Brötchenholen sind. Die Unzufriedenheit nimmt sogar mit jedem weiteren Kind zu, ergab gerade eine große Studie mit mehr als 200000 Männern und Frauen aus 86 Ländern. Das muss man sich mal klarmachen: Kinder führen nicht zu mehr, sondern erst einmal zu weniger
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